Das erinnert mich irgendwie an das Prinzip von Bentham zum Utiliterismus. Nach Bentham gibt es "nahe Folgen" und "weite Folgen", die man alle abwägen muss und in seine Handlung miteinbeziehen muss, bevor man eine Handlung vollzieht Erst wenn man ein Maß für das folgende Leid und das Maß für das folgende Glück erechnet hat, darf man dann handeln bzw. nicht handeln.
In der Kritik zu diesem System steht, dass man alle Folgen gar nicht abwägen kann, schließlich sind wir nicht allwissend. Man würde so lange über die Folgen einer Handlung und über ihre moralische Richtigkeit grübeln, dass man letztendlich gar nicht mehr zum Handlen kommt.
Zitat von Hassan Mohsen Imam Ali (a.) sagt: "Wer zu sehr die Folgen bedenkt, kann nicht mutig sein."
Ich glaube, die Betonung in diesem Hadith liegt auf "zu sehr", natürlich sollte man die vorhersehbaren Folgen stets im Auge behalten, aber wenn man wirklich alle Folgen berücksichtigt, dann kann man keine Handlung mehr durchführen. Überall ist irgendwo ein Risiko. Genau wie jedes Medikament Nebenwirkungen hat, sollen wir denn dann keine Medikamente mehr nehmen? Wer jede Nebenwirkung bedenkt, und sich zu sehr Sorgen macht, wird vor Angst dann schließlich die Medikamente nicht mehr einnehmen. Er kann nicht mutig sein.
So habe ich diesen Hadith verstanden. InshaAllah können uns andere Geschwister ihre Interpretationgedanken mitteilen
ich glaube der Imam (a.s.) wollte damit deutlich machen, dass man bei allem, was man macht, auf Allah ta'ala vertrauen sollte, egal wie gefährlich oder riskant eine Angelegenheit möglicherweise ist. Natürlich muss es sich um eine islamisch gerechte Angelegenheit handeln. Und natürlich würde es der Weisheit des Imam widersprechen, wenn er damit ausdrücken wollte, dass man überhaupt keine Konsequenzen beachten solle. Nein, er sagt, beachte die Risiken und Konsequenzen, aber vertrau auf Allah ta'ala, egal, was dir möglicherweise zustößt. Und dies alles unter der Voraussetzung, dass man auch mutig sein will.
Ich sah gerade dieses Video, als mir dieser Thread einfiel. Es wird allerdings nicht von Mut geredet. Schahid Beheshti sagt darin, dass man lieben soll. Iran sei das Land der Liebenden, nicht das Land der Vernünftigen. Heißt das, wir haben keinen Verstand? Nein, gemeint ist der ablehnende und zweifelnde Verstand. Und so weiter. Also es ist die Liebe, die in dir glüht, die dich zum Handeln anheizt. Der Verstand sagt dir, wie du besser Essen und länger Leben kannst. Ich denke er meint, der Verstand muss genutzt werden, aber ohne die Liebe handelt man nicht wirklich, nichts wichtiges, schon gar nicht spontan. Ohne Liebe hat man keinen Mut.
Man soll also mit Liebe handeln, damit sein Handeln voller Mut ist. Ein Sheikh hatte vor kurzem eine Rede gehalten, in der sowas ähnlich behandelt worden ist. Es hieß, man solle nicht aus eigenem Willen handeln, sondern sein Willen in Gottes Willen umwandeln. Man soll Gottes Willen in sich entfalten und vor jeder Handlung darüber nachdenken, was Allah swt von Dir will.
So besiegen wir automatisch unser Ego, denn wir achten nicht mehr auf unser Wille, sonder wecken den Willen Gottes in uns und können üben danach zu handeln.
So kann man die Überlieferung auch verstehen. Wir sollen nicht zu lange darüber nachdenken, ob eine Handlung moralisch richtig oder moralisch falsch ist, sondern nach Gottes Willen agieren.
Das Nachdenken über die Konsequenzen und die Folgen ist aber sehr wichtig. Der Prophet (s.a.a.s) hat das auch betont, denn wie kann man Allahs Wille herausfinden und sicht vor Stürze und Sünden schützen, wenn nicht durch Nachdenklichkeit, Wissensaneignung und Wissensumsetzung?
Ich denke daher, dass der Hadith den Überschuss an Nachdenklichkeit anspricht, der nach der Erkennung des göttlichen Willens stattfindet, anspricht. Also nachdem man Allahs Wille herausgefunden hat, versuchen der Satan und die zum Schlechten aufrufende Seele uns Hindernisse aufzustellen, damit wir Allahs Wille relativieren und zu Gunsten anderer Interpretation umdeuten, damit wir nicht den schwierigeren Weg nehmen müssen. Wenn man sich auf diese Gedanken einlässt, leidet die Entschlossenheit und der Mut darunter.
Ein Beispiel wären z.B. jene grosse Perönlichkeiten, darunter auch einige Gefährten des Propheten (s.a.a.s), die wussten, dass Imam Hussein (a.s) die Wahrheit vertritt und das Richtige tut, dennoch nahmen sie nicht an seinen ewigen Aufstand teil, weil sie zu sehr über die Konsequenzen nachgedacht haben ohne sich auf das Eigentliche zu richten, nämlich auf Allahs Wille.
Daher sagte Schahid Behsheti, denke ich, dass wir nicht das Volk der Weisen sind, sondern der Liebenden. Gemeint ist, dass wir uns nicht auf die vermeintliche Weisheit einlassen, die gegenüber Allahs Wille steht aber wohl auf die Weisheit die zu Allahs Wille führt. Sobald Allahs Wille erkannt wird, so handeln wir wie Liebenden. Ein "Weiser" hätte Prophet Ibrahim (a.s) als verrückt erklärt, wenn er gewusst hätte, dass er seinen Sohn mitnahm um ihn für Allah zu schlachten. Doch der Mut Ibrahims (a.s), war die richtige Weisheit, die ihn zu einem Imam gemacht hat.
Subhan Allah! Ich wusste nicht, dass das ein Ausspruch von Imam Ali (a.) ist. Dieser Ausspruch wird oft vom Hauptdarsteller in Kurtlar Vadisi Pusu (Tal der Wölfe), zitiert.
Im Übrigen kann ich mich da meinen Vorrednern nur anschließen. Aber in diesem Zusammenhang fällt mir ein von Br.Yahya oft zitiertes Beispiel: Wir Muslime arbeiten so, dass wenn wir einen Stock auf der Straße sehen, zunächsteinmal einen Verein oder Gruppe gründen. Dann brauchen wir 3 Wochen für die Satzung und das Programm, nebenbei sammeln wir noch Geld für einen Beamer. Schließlich wird nochmal über den Vorstand gestritten und dann fallt das ganze Vorhaben wieder ins Wasser, weil man sich über eine Kleinigkeit nicht einigen konnte, während der Stock immer noch da liegt. Das Nachdenken darf nicht zum Hindernis werden, sondern sollte Ankurbeln zum Tätigwerden.
Und Allah ist der Allwissende... Wa salamu alaikum
ZitatImam Ali (a.) sagt: "Wer zu sehr die Folgen bedenkt, kann nicht mutig sein." Wie versteht ihr diese Überlieferung?
Ich denke dieser Ausspruch bezieht sich auf den Faktor ZEIT. Es gibt Situationen in denen muss man möglichst schnell handeln. Wer zuviel hadert und über die Folgen nachdenkt, verpasst den Moment des Handelns. Mut ist oftmals verbunden mit Risiken, daher kann es vorkommen, dass man sich in Gedanken über mögliche Folgen verliert und den Zeitfaktor außer acht lässt.
Mit der Überlieferung ist aber keineswegs gemeint, dass man über mögliche Folgen gar nicht nachdenken soll. Wer nämlich unüberlegt handelt kann schnell vom Retter zum Opfer werden. Mut ist niemals der bedenklose Sprung ins Wasser zum Ertrinkenden. Man muss stets auch den Rückzug bedenken. Der heldenhafte Sprung ins Wasser nützt nichts, wenn ich nicht schwimmen kann und mit dem Opfer ertrinke. Hier wandelt sich Mut in Dummheit.