In meinem engen Bekanntenkreis gibt es manchen der Islamische Theologie studiert (oder bald damit anfängt). Die meisten sind leider sehr Bildungsfern. Ich meine nicht ihren Bildungsstand, die meisten können gerade mal einen Hauptabschluss aufweisen, sondern eher ihr verständniss vom Islamischen Gelehrten.
Für sie ist ein Islamischer Gelehrter jemand der das Gemeinschaftsgebet leitet, etwas vom Koran vorliest und seinen Gemeindemitgliedern in Koranrezitation unterricht gibt. Also ihr verständniss von der Gelehrtenschaft ist der,der Pastoren gleicht.
In meinem engen Bekanntenkreis gibt es manchen der Islamische Theologie studiert (oder bald damit anfängt). Die meisten sind leider sehr Bildungsfern. Ich meine nicht ihren Bildungsstand, die meisten können gerade mal einen Hauptabschluss aufweisen, sondern eher ihr verständniss vom Islamischen Gelehrten.
Für sie ist ein Islamischer Gelehrter jemand der das Gemeinschaftsgebet leitet, etwas vom Koran vorliest und seinen Gemeindemitgliedern in Koranrezitation unterricht gibt. Also ihr verständniss von der Gelehrtenschaft ist der,der Pastoren gleicht.
Brauchen wir "solche" Gelehrte?
Erst mal brauchen wir wirklich mehr deutschsprachige Gelehrte, die in Qom ihr Studium absolvieren und dann hierher zrückkehren, um den Islam zu lehren. Allerdings sollte man das Verständnis von Pastoren nicht unterschätzen, denn der muss ein Theologiestudium absolvieren, wozu auch das Erlernen der hebräischen Sprache gehört und ich glaube auch Altgriechisch. Es ist also schon anspruchsvoll, und mit Hauptschulabschluss hat man da keine Chance.
Wenn sie gerade einen Hauptschulsabschluss aufweisen, dann wird ihnen ein Studium in Qom schwerfallen, oder sie werden beizeiten abbrechen. Was das Verständnis angeht, so braucht man kein Studium, Quranunterricht und Leiten des Freitagsgebets kann jeder leisten, der eine einigermaßen fundierte Grundausbildung im Islam genossen hat .
Das Wichtigste ist für mich, dass er das Prinzip des Walayatul Faqih verinnerlicht hat, und das fehlt leider auch bei vielen großen Gelehrten, denen man wohl kaum mangelndes Wissen vorwerfen kann.
ja, wir brauchen mehr deutschsprachige Gelehrte im deutschsprachigen Raum.
Am besten Leute, die hier aufgewachsen sind, hier möglichst ihr Abitur hier gemacht haben. Denn diese kennen die deutsche Sprache, kennen die deutsche Kultur und kennen die deutsche Gesellschaft und ihr Probleme, und vor allem die Probleme der Menschen hier.
So wie Minbar, höre ich auch von immer mehr jungen Leuten, dass sie nach Qom gehen wollen.
Nur ich glaube, viele wissen gar nicht, was da eigentlich auf sie zukommt. Ein Hawza Studium gehört mit zu den härtesten Ausbildungen. Man muss sehr sehr sehr sehr viel lesen und Geduld haben. Und nicht nur das, sondern noch viel wichtiger als die eigentlich Buchwissenaneignung ist die moralisch-geistige Entwicklung, die man dort absolvieren muss. Und das ist eine ganz persönliche Sache.
Und noch etwas: Ich habe auch das Gefühl, dass so einige nach Qom gehen wollen, weil sie nicht wissen, was sie hier machen sollen, oder weil sie mehr oder weniger vor den Herausfordungen hier flüchten. Ja, das Leben hier als Muslim scheint immer schwerer zu werden. Aber glauben die denn wirklich, dass es leichter ist, wenn sie irgendwann mal in 20 Jahren wiederkommen?
Ich warne aber davor, das jeder Ali und Muhammed jetzt nach Qom oder Najaf geschickt wird, weil man hier Gelehrte braucht. Allah will gar nicht, dass alle seine Diener einen weißen oder schwarzen Turban auf dem Kopf tragen. Er will, dass die Gesellschaft als ganze zur Perfektion gelangt. Dafür brauchen wir nicht nur Gelehrte, sondern auch Ärzte und Ärztinnen, Ingenieure, Bauarbeiter, Elektriker, Anwälte, Frauenärztinnen, Zahnärzte und Zahnärztinnen, Lehrer und Lehrerinnen, Pädagogen und Pädagoginnen, Gerontologen, Naturwissenschaftler, Sozialwissenschaftler, Politiker usw. Und dies alles nicht nur als Arbeitnehmer, sondern vor allem als Arbeitgeber! Wer wird denn sonst eine verschleierte bestens ausgebildete Muslima einstellen, wenn nicht andere gläubige Muslime?
Und das schöne ist ja, dass Allah nicht nur von uns möchte, dass wir mit einem gewissen Beruf den Menschen dienen, nein, wir sollen auch unser religiöses Wissen vertiefen. Dazu kann man an eine Hawza gehen, muss man aber nicht. Worauf ich hinaus will ist, dass das Erlernen eines Berufes oder das Uni-Studium keinesfalls ein gleichzeitiges oder späteres Hawzah Studium ausschließen. Man dient den Menschen und verdient gleichzeitg seinen Unterhalt und macht sich nicht unnötig von Chums-Zahlung o.ä. abhängig
Jeder muss seine Aufgabe finden. Wer das Gefühl hat, dass er das Zeug hat, die Muslime hier irgendwann mal als Gelehrter geistig zu stützen und zu führen, der soll zu Allah beten, dass er ihm diese Möglichkeit gibt und ihm diese Aufgabe erleichtert.
Frieden sei mit Ahly Yasiin, wa salamu aleikum wa rahmatullah
ich kann Murtadha nur zustimmen. Ich habe bei manchen auch das Gefühl, dass sie das Studium in einer Hawza massiv unterschätzen, dazu kommt noch, dass von einem Talebe (Studenten) noch ein sehr einfaches Leben verlangt wird, was einem wohlstandsverwöhnten jungen Menschen aus Europa wohl nicht leichtfallen wird.
Außerdem, wenn sie zurückkommen, was ist dann? Nicht jeder bekommt eine Moscheegemeinde zugewiesen, die überdies noch dazu bereit ist, ihn zu bezahlen. Und ein Hujjatul islam, der von Hartz IV lebt, ist eine absolute Schande. Man kann so ein Studium zusätzlich machen, aber man sollte auch vorher einen anderen Beruf gelernt haben.
Sein religiöses Wissen sollte sowieso jeder vertiefen, dafür muss man nicht an einer theologischen Hochschule studieren. Aber wie ihr auch geschrieben habt, brauchen wir solche, die in Deutschland aufgewachsen sind und bereit sind sich den Anforderungen eines religiösen Studiums im Iran oder Irak oder Libanon zu stellen.
Zitat von Murtadha Dafür brauchen wir nicht nur Gelehrte, sondern auch Ärzte und Ärztinnen, Ingenieure, Bauarbeiter, Elektriker, Anwälte, Frauenärztinnen, Zahnärzte und Zahnärztinnen, Lehrer und Lehrerinnen, Pädagogen und Pädagoginnen, Gerontologen, Naturwissenschaftler, Sozialwissenschaftler, Politiker usw. Und dies alles nicht nur als Arbeitnehmer, sondern vor allem als Arbeitgeber! Wer wird denn sonst eine verschleierte bestens ausgebildete Muslima einstellen, wenn nicht andere gläubige Muslime?
Und das schöne ist ja, dass Allah nicht nur von uns möchte, dass wir mit einem gewissen Beruf den Menschen dienen, nein, wir sollen auch unser religiöses Wissen vertiefen. Dazu kann man an eine Hawza gehen, muss man aber nicht. Worauf ich hinaus will ist, dass das Erlernen eines Berufes oder das Uni-Studium keinesfalls ein gleichzeitiges oder späteres Hawzah Studium ausschließen. Man dient den Menschen und verdient gleichzeitg seinen Unterhalt und macht sich nicht unnötig von Chums-Zahlung o.ä. abhängig
Jeder muss seine Aufgabe finden. Wer das Gefühl hat, dass er das Zeug hat, die Muslime hier irgendwann mal als Gelehrter geistig zu stützen und zu führen, der soll zu Allah beten, dass er ihm diese Möglichkeit gibt und ihm diese Aufgabe erleichtert.
Ich stimme dir absolut zu. Aber irgendwie sehe ich darin auch ein Problem. Wo soll so ein Gelehrter herkommen? Unser Muhammad oder ALi müsste erst in Deutschland studieren, und anschließend nach Qom gehen, studieren und zurückkehren, damit wir einen deutschsprachigen Gelehrten haben, der hier aufgewachsen ist und zudem noch finanziell unabhängig sein kann. Und wenn er neben dem religiösen Studium noch etwas anders studiert, wird er eine lange Zeit dafür brauchen. Wenn er für sein Studium zu lange braucht, ist er wiederum zu lange fern von der deutschen Gesellschaft und ihren Problemen, weil er zu lange nicht mehr hier gelebt hätte. Das wiesStudium schaffen soo schon nur sehr wenige, weil es sehr viel härter ist, als manche es sich vorstellen. Dann auch noch ein anderes Studium dazu? Und von den ganz wenigen, die diese Anforderungen erfüllen, können wir noch mal diejenigen aussortieren, die von ihrer ideologischen Einstellung her ungeeignet sind (bzgl. Wilayatul Faqih). Wenn wir realistisch sind, wird es sehr, sehr, sehr schwer einen solchen Gelehrten zu bekommen, wie wir ihn hier konstruiert haben.
Generell müssen viele Aspekte beachtet werden, was das Gelehrtentum im Zusammenhang mit einem Studium an einer Hauzah angeht.
Zunächst einmal sollte man ein solches Studium weder unterschätzen (den Schwierigkeitsgrad und die Verantwortung, die man dadurch trägt), noch sollte ein aussenstehender jemanden der an der Hauzah studiert oder studiert hat überschätzen. Das Studium an einer Hauza, auch wenn es erfolgreich absolviert werden sollte, bedeutet nicht, dass die Person auch alle charakterischen Eigenschaften besitzt, um der Gesellschaft dienen zu können.
Das Studium an einer Hauza ist eine stützende und festigende Maßnahme, die jedoch nur jenen hilft, die auch vorher schon nützlich für die Gesellschaft waren oder die Voraussetzungen besaßen, um der Gesellschaft nützlich sein zu können.
Viele verwechseln ein Studium an einer Hauza auch mit einer Therapie oder einer Rehabilitation oder gar mit einem mit Image verbundenden Prestigeobjekt. Aber genau das ist solch ein Studium eben nicht.
Wohlgemerkt macht nicht die Berechtigung zum Tragen eines Turbans eine Person zu einem Gelehrten, sondern die Umsetzung von dem, was er im Studium erlernt hat.
Das Problem was viele Muslime/Schiiten haben, und das ist wieder unabhängig von den Örtlichkeiten zu sagen, ist, dass sie nicht zwischen einer Person unterscheiden können, die lediglich einen Turban trägt und einer Person die einen Turban trägt und Gelehrt ist.
Zudem kann sowohl eine Person ohne Turban gelehrt sein, als auch eine Person mit Turban ungelehrt.
Diejenigen, also die lediglich Turbanträger sind, sind bestenfalls nur sich selber dienlich, schlimmstenfalls schaden sie der Gesellschaft, indem sie falsche und irrige Vorstellungen verbreiten und mit der Autorität des Turbans untermauern. Möge Allah uns vor solchen Personen, sowohl im Inland, wie auch im Ausland bewahren.
Dies sind allgemeine Feststellungen, die alle Theologiestudenten betreffen, ob sie nun aus dem Ausland kommen, oder aus dem Iran.
Nun zurück zur Frage, ob wir deutsche Gelehrte brauchen.
- Ja wir brauchen deutsche Gelehrte.
Wir brauchen sie, damit sie die Muslime und die Gesellschaft zumindest spirituell unterstützen können. Hierfür können sie die religiösen Erkenntnisse, die sie im Studium gewonnen haben, benutzen.
Voraussetzungen für einen Gelehrten, speziell für den deutschsprachigen Raum:
- Er muss die Sprache beherrschen, undzwar auch die Sprache, die die Jugend spricht und nicht nur die wissenschaftliche Sprache
- Er muss die Gesellschaftlichen Rahmenbedingungen kennen/erkennen/kennenlernen
- Er muss bereit sein, sich in Deutschland einzuleben und sich mit den hier in allgemein herrschenden Problemen ausseinandersetzen und der Bevölkerung, speziell den Muslimen, Lösungsansätze bieten können.
- Er sollte offen für die deutsche Gesellschaft sein und bereit sein sich hier einzuleben und darf sich nicht abschotten, da er sonst keine gesellschaftlichen Erkenntnisse erlangen kann.
Die Voraussetzungen müssen nicht alle von beginn an erfüllt sein, aber sollten von der Person angestrebt werden, da ansonsten sein Vorhandensein keinen Nutzen bringen würde.
ZitatAber irgendwie sehe ich darin auch ein Problem. Wo soll so ein Gelehrter herkommen? Unser Muhammad oder ALi müsste erst in Deutschland studieren, und anschließend nach Qom gehen, studieren und zurückkehren, damit wir einen deutschsprachigen Gelehrten haben, der hier aufgewachsen ist und zudem noch finanziell unabhängig sein kann. Und wenn er neben dem religiösen Studium noch etwas anders studiert, wird er eine lange Zeit dafür brauchen. Wenn er für sein Studium zu lange braucht, ist er wiederum zu lange fern von der deutschen Gesellschaft und ihren Problemen, weil er zu lange nicht mehr hier gelebt hätte.
Und hier kommen wir zum nächsten Problem: Die schiitische Gemeinschaft.
- Sie muss bereit sein, einen Gelehrten zu unterhalten, damit er seine Arbeit ganz der Ummah widmen kann. Zumindest einen finanziellen Rahmen bieten. Tatsächlich wäre es schwierig für einen Gelehrten, und das ist auch für Gelehrte anderer Religionen und Gelehrte an anderen Örtlichkeiten nicht anders, sich neben der Gemeindearbeit auch noch um die persönlichen weltlichen Belange zu kümmern. Das würde dem Gelehrten die zeitlichen Vorraussetzungen nehmen und es ihm unmöglich machen effektive Arbeit zu leisten. Dem Gelehrten müssten die Möglichkeiten gegeben werden, ein sogenannter "Vollzeitmuslim" zu sein.
So kann man das ganze in einem Wechselspiel betrachten:
Die Gemeinschaft muss bereit sein einen Gelehrten finanziell zu unterhalten. Der Gelehrte muss hierfür die Vorraussetzungen erfüllen, die Bedürfnisse der Gemeinschaft zu befriedigen und darüber hinaus der Gesellschaft im allgemeinen dienlich zu sein.
Fazit:
Jede Gemeinschaft bekommt den Gelehrten, den sie auch verdient.
Nehmen wir an, dieser Gelehrter hat sein Abitur und Studium und arbeitet von mir aus als Industriekaufmann. Meint ihr wirklich er wird dieser Ummah islamisch gesehen noch viel dienen können? Wenn man um 17 Uhr oder später von der Arbeit kommt, wird man nicht viel machen, da will man sich eher ausruhen.
Und um Vorträge zu halten bei Veranstaltungen muss man kein Gelehrter sein, wie die Feder, Yavuz & Co zeigen. Von daher entweder "Voll-Zeit-Gelehrter" oder gar nicht, finde ich zu mindest.
Nehmen wir an, dieser Gelehrter hat sein Abitur und Studium und arbeitet von mir aus als Industriekaufmann. Meint ihr wirklich er wird dieser Ummah islamisch gesehen noch viel dienen können? Wenn man um 17 Uhr oder später von der Arbeit kommt, wird man nicht viel machen, da will man sich eher ausruhen.
Und um Vorträge zu halten bei Veranstaltungen muss man kein Gelehrter sein, wie die Feder, Yavuz & Co zeigen. Von daher entweder "Voll-Zeit-Gelehrter" oder gar nicht, finde ich zu mindest.
ja,wenn er eine Gemeinde hat, die ihn finanziert, aber das weiß man doch vor Antritt des Studiums nicht,und wenn ich mir die Zahlungswilligkeit der deutschen Muslime so anschaue, bin ich da eher pessimistisch, denn die wollen immer alles umsonst. Deswegen sollte er auf jeden Fall noch eine andere Ausbildung haben, damit er noch ein weiteres "Standbein" hat.
ZitatDeswegen sollte er auf jeden Fall noch eine andere Ausbildung haben, damit er noch ein weiteres "Standbein" hat.
Ja, das stimmt. An sich finde ich es auch richtig, wenn die angehenden Gelehrten mind. Abitur oder ein Studium haben, denn wenn sie nach Deutschland zurückkommen und predigen wollen, dass Bildung wichtig ist, können sie nicht selbst nur einen Hauptschulabschluss vorweisen. Das passt nicht zusammen.
Aber es geht darum, dass diese Gelehrten dann nicht nebenbei arbeiten können, zu mindest nicht hauptberuflich, weil sonst wie gesagt, sehr sehr wenig Zeit für die Ummah übrig bleibt, und das wäre dann irgendwo auch schade für die Ummah. Für den Gelehrten vielleicht weniger, denn er hat für sich gelernt.
Ein Gelehrter hat nicht nur Hauptschulabschluss. Sein Studium in der Hauzah stellt die beste Bildung dar, die es gibt, wenn er es verinnerlicht. Von daher ist dieses Argument aus dieser Sicht nicht wirklich haltbar. Sayyed Hassan (ha) erzählte mal, wie es war als sie die Hauzah in Baalbeck eröffnet haben. Da kamen hin und wieder Eltern, die aus purer Verzweiflung, ihre Kinder in der Hauzah anmelden wollten, weil sie in der Schule nicht erfolgreich waren. Sayyed Hassan (ha) weigerte sich Studenten auf diese Weise einzustellen und meinte zu ihnen, dass zur Hauzah eher die Eliten kommen sollten, als die die sonst gescheitert sind.
Ich finde es zudem, gar nicht verwerflich, wenn ein Gelehrter vom Chums finanziert wird, solange er das Geld nicht für die Ausübung seiner Pflicht nimmt, denn das wäre verboten. Er kann es aber für verschiedene erwünschte Taten, die er in der Gesellschaft vollendet, nehmen.
Ein Gelehrter bzw. eine Gruppe von Gelehrten können auch Projekte inszinieren und starten und daran auch verdienen. Sie brauchen aber auf Akzeptanz und Unterstützung in ihrer Ummah zu stossen. Doch wieso muss das ein Problem sein?
Deutschland braucht einen Gelehrten, der auf der einen Seite ein Charisma besitzt und auf der anderen Seite in der Lage ist, basierend auf gesunden islamischen Grundlagen und einem tiefen Verständnis der Gesellschaft, die Ummah hier zu führen. Er muss wissen, was der aktuelle Zustand dieser Ummah ist, wo sie sich befindet und was ihr Ziel ist. Er muss wissen, was aktuell erreichbar ist und was das nächste bzw. die nächsten Zwischenziele sind, damit er die Menschen dazu bewegen kann in Richtung dieser Ziele zu streben. Natürlich muss er dazu Wilayat-ul-Faqih verinnerlichen.
Hier in Deutschland sind die Muslime eine Minderheit und die Schiiten eine Minderheit in der Minderheit. Sie sind noch eine kleine Pflanze, die erst wachsen muss. Ein Gelehrter ist in der Lage zu wissen, wie weich diese Pflanze ist und daraus schließt er, wie sie betreut werden soll. Er muss das Wissen besitzen und die Methodik extrahieren, mit der er gegen Angriffe von außen agieren kann und mit der er die Ummah schützen kann und zu ihrer Entwicklung beitragen kann.
Das wichtigste an einem Gelehrten, mit solchen Eigenschaften, ist dass er einen sehr scharfen Blick hat, mit dem er die Probleme erkennt und die Meinung bzw. die Lösungen des Islams daraus extrahiert. So eine Persönlichkeit kann selten bzw. kaum "gemacht" werden, sie wird von Allah erwählt auch wenn indirekt.
Die Menschen hier müssen natürlich den Boden bereiten und müssen auch versuchen herausragende Geschwister, die hier geboren wurden und hier aufgewachsen sind und eine gesunde islamische Bildung genossen haben und zudem noch eine geeignete Persönlichkeit und Charakterzüge besitzen zu motivieren diesen Weg einzuschlagen. Und es ist nicht richtig, dass wenn man mehrere Jahre draußen ist, den Bezug zum Land verliert, denn wenn man das Ziel im Auge behält, ist es in diesem Zeitalter der Kommunikation leicht möglich den Bezug, wenn nicht ganz dann zumindest genügend, zu bewahren.
Ich weiß nicht, es gibt Themen die für Deutschland unrelevant sind. Jemand der uns Überlieferungen aufsagt und uns zeigt wo diese stehen würde uns nicht weiter bringen. In einem sehr sehr schönem Gedicht über Imam Khamenei von Bruder Aliy kommt folgender Vers vor:
Wir brauchen kein "Buchwissen" das haben wir nur zu genüge. Ich denke, vielleicht irre ich mich auch, wir benötigen Gelehrte die Söhne dieser Gesellschaft sind. Die Hizbollahis z.B sind auch Söhne ihrer Gesellschaften. Überhaupt das verständniss von einem "Gelehrten" müssen wir vielleicht modifizieren. Für uns ist ein Gelehrter der nach Qom oder Nadjaf oder in sonst einer Hauza geht um dort dieses "Buchwissen" zu lernen und anschließen seiner Gemeinde zu lehren. Ich habe das Gefühl das viele solch eine vorstellung vom Gelehrtentum besitzen. Einer geht in die Hauza, kommt wieder, gibt das was er hat weiter...so als ob jeder ein Gelehrter sein muss, dass wir Gelehrte brauchen die uns das Gelehrtentum beibringen. Sollte ein Gelehrter dieses wissen nicht eher anwenden? Also nicht in dem er es verbreitet sondern vertieft? In den Lehrbüchern steht bestimmt irgendwo..... ein Muslim verteidigt die Unterdrückten... so das lernt ein Gelehrter und wir haben die Vorstellung, ein Gelehrter der dies gelernt hat, hat die Aufgabe uns zu erzählen das ein Muslim die Unterdrückten verteidigt. Anstatt das er anfängt unsere Hijab tragende Frau zu verteidigen....
Also ich hoffe ich konnte erklären was ich meine (Meine Gedanken: "hmm? lass es du kannst nicht erklären")
Ausserdem haben wir diese URalte Vorstellung von diesen Titeln "Huschat-ul-Islam" und "Ayatollah" und haste nicht gesehen. Diese Titel sind doch längst veraltet. Wir können doch an den Taten eines Menschen sehen ob er ein guter Gelehrter ist oder nicht, also wir können jeden ob Gelehrt oder nicht an eine Überlieferung messen die wir alle vorwärts wie rückwärts auswendig können:
"Der beste unter den Menschen ist der, der am nützlichsten für sie ist!" was nützt uns "hier in Deutschland" ein Gelehrter der den Koran auswendig kann?... alle Überlieferungen kennt?....schöne Stimme hat und schön Dua/Koran lesen kann?
Versteht ihr! Ich glaube wir sind noch etwas zu altmodisch um aktuell zu sein.
@ Minbar: Sind dieseTitel denn nicht eher "neumodisch"? Die gab es früher doch gar nicht. Imam Khamenei wollte ja sogar Prüfungen für Ayatollahs einführen, damit sich nicht jeder Turbanträger so nennen kann, aber das scheiterte am Widerstand der alten Geistlichen.
Ansonsten stimme ich zu, aber es kann ja nicht schaden, auch das sogenannte "Buchwissen" zu haben, Bücher sind ja mitnichten überflüssig, auch nicht im Internet-Zeitalter. Nur darf es dabei nicht bleiben, das ist der Punkt! Man darf nicht mit der Vorstellung in die Hauza gehen "Nach ein paar Jahren darf ich mich Gelehrter nennen, dann bin ich wer". Selbst die Imame ,deren Wissen unübertrefflich ist, haben sich weiterentwickelt.
Allerdings einen Aspekt solltest du nicht außer Acht lassen: Das Studium an einer Hawza erfüllt keinen Selbstzweck. Das sagtest du ja schon. Jedoch ein Studium an einer Hawza hat eine Systematik und Logik, die kann man sich nicht einfach zu Hause zurecht legen. Außerdem kommt man an einem Studium an einer Hawza mit Lehrern und anderen Studenten aus aller Welt zusammen von denen man von jedem einzelnen etwas lernen kann. Da geht es längst nicht nur um "Buchwissen". Jeder von uns liest hier mal was und da mal was, hier mal ein paar Hadithe, dort einen Korankommentar, hier mal ein bisschen Geschichte und dort mal ein bisschen Nahjul Balagha. Aber wo ist die Systematik? Wird man so den Islam als Ganzes verstehen können? Und nicht zu vergessen ist, dass kaum einer hier in Deutschland wirklich arabisch gelernt hat.
Ein Bruder hat mir mal ein anschauliches Beispiel genannt: Wir gehen alle an die Uni um einen weltlichen Beruf zu erlernen. Er z.B. studiert Jura und wird sicher mal Anwalt oder so. Er meinte, stell dir mal vor, ich oder du, wir studieren 5, 6, 7 Jahre Jura um einen Abschluss zu erlangen und um einen bestimmten Beruf auszuüben und arbeiten wirklich hart dafür. Und dann kommen irgendwelche anderen Leute, die sich ein bisschen hier was im Zivilrecht angeignet haben, dort was im Jugendstrafrecht gelesen haben, woanders was im Verwaltungsrecht gelesen haben und wollen dir und anderen dann erzählen, wie man dieses und jenes juristische Problem zu lösen hat, obwohl sie kein Verständnis und keinen Überlick über das Gesamtsystem haben. Da stimmt doch was nicht. Das ist nicht nur bei Jura so, sondern sicher auch bei Ärzten oder Handwerkern. Und auch bei Gelehrten.
Richtig ist, dass jeder von uns in gewisser Weise ein Gelehrter sein kann. Wir haben hier in Deutschland einige hervorragende Beispiele, zu denen u.a. Bruder Dr.Yavuz oder auch du zählst, Bruder Minbar. Menschen, die nicht nur reden, sondern auch machen. Hier merkt man, dass es nicht nur auf Buchwissen ankommt, sondern vor allem auf Eigenreflektikon, tiefem Glauben und reiner Spiritualität. Dadurch bekommt man Wissen von Allah ta'ala in sein Herz eingelegt ohne auch nur ein Buch aufschlagen zu müssen. Viele Menschen erreichen solche Positionen bei Allah. Wie du schon sagtest Bruder Minbar, das sind dann die Hizbullahis, die Wilayatis, die ihr Herz geläutert haben und spirituelle Stufen erreicht haben, von denen manch ein Turbanträger nur träumen kann. Und sie haben eine Weisheit, die nicht mal Turban-Gelehrte haben.
Allerdings keiner von diesen Menschen hat letztendlich eine Autorität über die Muslime. Keiner kann sagen macht dies, macht das. Wer von ihnen ist Ansprechpartner auch für den nichtmuslimischen Teil der Gesellschaft? Keiner kann vorweisen, was er für Prüfungen abgelegt hat. Gut, jetzt kann man wiederrum sagen, es kommt nicht auf akademische Prüfungen an. Ich sage ja und nein -ein Studium an der Hawza ist kein muss um Gelehrter zu sein, es bildet meiner Ansicht nach aber eine wichtige Grundlage.
Allah (s.t) sagt in seinem heiligen Buch: [9:122] Die Gläubigen dürfen nicht alle auf einmal ausziehen. Warum rückt dann nicht aus jeder Gruppe nur eine Abteilung aus, auf daß sie sich Fiqh über die Religion aneignen? Und nach ihrer Rückkehr könnten sie (die Zurückbleibenden) ihre (ausgezogenen) Leute belehren, damit sie sich in acht nähmen.
Allamah tabtaba'i sagt, dass mit Fiqh mehr als nur islamisches Recht gemeint ist, sondern damit ist eher ein tiefes Verständnis des Islams als ganzes gemeint, wie Bruder Murtadha in seinem Beispiel angedeutet hat.
Das Studium an der Hauzah ist sehr vielfältig. Man kann auch in so einem Studium sich in Gebieten vertiefen, die kaum relevant sind, wie z.B. Urteile der Reinheit von Brunnen und das gibt es wirklich, habe ich von einem Gelehrten gehört. Es gibt Menschen die Jahre die Urteile der Brunnen u.ä studieren und Arbeiten schreiben usw.
Und Man kann sich auch in Gebieten vertiefen die lokal relevant sind. Man kann sich aber in Gebieten vertiefen die heute universal sind und von grosser Bedeutung sind und in nächster Zukunft eine noch grössere Bedeutung haben werden. Es kommt also darauf an, welche EInstellung man als Person hat.
Es gibt eine schöne Erzählung, die ich in einem Vortrag gehört habe über eine Gruppe von Studenten in ihrer ersten Stunde bei einem Lehrer in der Hauzah. Der Lehrer hat sie gefragt, was ihr Ziel sei. Warum sind sie in der Hauzah?
Der erste sagte: "Ich bin hier, weil es bei uns einen Mangel an Gelehrten gibt. Ich möchte lernen, damit ich diesen Mangel aufhebe."
Der zweite sagte: "Ich mag es auf dem Minbar zu sitzen, um zu predigen und ich möchte mir Wissen aneignen damit ich dessen würdig bin."
Der dritte sagte: "Ich will den absoluten Ijtihad in der Religion erreichen."
Einer der Studenten saß hinten, so einbisschen versteckt. Der Lehrer fragte ihn: "und du?warum bist du hierhin gekommen." Der Student antwortete: "Ich bin hier um meine Seele zu erziehen"
Der Lehrer freute sich auf diese Antwort und sprach die anderen Studenten an: "Ich weiss nicht ob ihr eure Ziele erreichen werdet, aber dieser Student wird mit dieser Einstellung mit Sicherheit alle Ziele erreichen".
Es ist also nicht das Studium an sich, was die Menschen ausmacht, sondern auch das Ziel, das man für sich selbst setzt + die Möglichkeit, die so eine Umgebung und so eine intensive Kommunikation mit so viele Wissenden Menschen anbietet. Man muss schon die richtige Einstellung haben und erkennen, was wichtig ist und was studiert werden soll und was nicht.
Wenn wir Menschen haben, die ihre Seele mithilfe tiefen Wissens erzogen haben und auch die wichtigsten universalen Fundamente des Islams verinnerlicht haben. Diese Menschen sind in der Lage Führungsrollen in ihrer Gesellschaften zu übernehmen, wenn sie zurückkommen.
Das systematische Erlenen der Religion und das systematische Aneignen der islamischen Achlaq ist sehr wichtig. Vor allem aus unserer Sicht sollte es wichtig sein, da wir an wilayat-ul-faqih glauben. Das heißt wie Glauben an die Wilayah des Islamgelehrten, der den Islam als ganzes verinnerlicht hat. So wie wir global ein Wali-Faqih haben, sollten wir optimalerweise auch lokal "kleine" Wali's haben.
Und dazu ist ein Studium an einer Hauzah fast unabdingbar außer wenn Allah einen auserwählt hat, so dass er sich das Wissen und die Erkenntnis so tief aneignen kann, ohne eine Hauzah zu besuchen.
Wir brauchen also nicht nur Buchwissen das stimmt. Aber wir sind auf das systematische Wissen angewiesen. D.h. wir brauchen eine person die das Wissen im Buch verwirklichen kann, dazu muss sie dieses Wissen haben und auch die Vorzüglichkeiten besitzen die ihr erlauben dieses Wissen umzusetzen und in den Körper dieser Ummah einzupsritzen.
Wenn die Ummah ein lebendiger Koran sein will, braucht sie Menschen, die ihr sagen was ein lebendiger Koran überhaupt ist, denn man kann nicht das werden, was man nicht kennt und ebenso müssen diese wissenden Menschen auch in der Lage sein die Ummah dazu zu bewegen den Weg, der zu diesem Ziel führt, einzuschlagen.