ich hab im Internet einen Artikel unter dem Titel ,,Islam und Demokratie eine Gegenüberstellung"
es geht in diesem Artikel neben obigen Vergleich auch um die islamische Staatsfuehrung.
Der Artikel stellt allerdings die sunnitische Sichtweise dar.
mich wuerde aber mal die schiitische Sichtweise zum Thema islamische Staatsfuehrung interessieren, gibt es zur islamischen Staatsfuehrung aus schiitischer Sicht auch e-books oder pdf-Dateien oder wenigstens Artikel im Internet?
Hier der Artikel:
Islam und Demokratie eine Gegenüberstellung
(Quelle: http://www.derfriede...enueberstellung ) Die Diskussion der Frage nach Vereinbarkeit zwischen Islam und Demokratie ist in letzten Jahren ein vieldiskutiertes Thema geworden. Die Ursachen dafür sehe ich einerseits im stetigen Anstieg der Staatsbürger islamischen Glaubensbekenntnisses in verschiedenen europäischen Ländern, andererseits in der Bewährung der Demokratie als Regierungssystem seit der Entstehung der Verfassung der Vereinigten Staaten Amerikas von 1787, somit seit mehr als 220 Jahren. Vorab sollten wir, um Spekulationen und Verwirrungen vorzubeugen, uns darauf festlegen was die Begriffe „Demokratie" und „Islam" bedeuten. Der Islam als eine Offenbahrungsreligion, verkündet vor ca. 1430 Jahren, bestimmt eine umfassende Lebensordnung des Menschen sowohl im Bezug auf das Jenseits als auch auf das Diesseits und umfasst somit mit seinen Regelungen einen viel größeren Anwendungsbereich als die Demokratie. Daher hinkt einwenig der Vergleich zwischen Islam und Demokratie, da diese vor allem ein bestimmtes Regierungssystem ist. Auf der anderen Seite beanspruchen, sowohl der Islam als auch die Demokratie für sich, das richtige System für das zwischenmenschliche Zusammenleben zu verkörpern. Daher wollen wir versuchen die gemeinsamen Regelungsbereiche miteinander zu vergleichen. Den Werdegang der heutigen Demokratie in ihren verschiedenen Ausprägungen kennen die meisten; bei Unkenntnis empfehle ich das Buch von Prof. Luciano Canfora (Eine kurze Geschichte der Demokratie: Von Athen bis zur Europäischen Union). Demokratie ist eine Regierungsform zu deren unerlässlichen Bestandteilen: freie Wahlen, Menschenrechte, Gewaltteilung und ein vorausbestimmtes Handeln „das Rechtsstaatsprinzip" gehören. Der Anteil der tatsächlichen Mitbestimmung des Einzelnen variiert dabei zwischen den verschiedenen Demokratieformen beträchtlich. Von der direkten Demokratie - die in keinem Staat der Welt in ihrer reinen Form umgesetzt ist - bis zu der Rätedemokratie, in der Repräsentanten das Volk vertreten, haben sich verschiedene Regierungsformen etabliert. Darüber hinaus lassen sich auch in der Frage der Menschenrechte fundamentale Wertungs-unterschiede finden. So ist einerseits in vielen Staaten der USA die Todesstrafe eine Selbstverständlichkeit, andererseits ist in Europa das menschliche Leben, als eines der Fundamente der Menschenrechte und somit auch der Demokratie, absolut geschützt. Auf den Punkt gebracht; Demokratie ist nicht gleich Demokratie und zwar auch dann nicht wenn man heute nur den Westen im Auge behält. Es soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass die Idee der Demokratie seit Aristoteles großen Umwälzungen, unterschiedlichen Inhalt und verschiedene rechtstheoretische Begründungen hatte. Unerlässliche Bestandteile der Demokratie nach gegenwärtigem Verständnis sind: freie Wahlen, Menschenrechte in einer bestimmten Ausprägung, Gewaltenteilung und das Rechtsstaatsprinzip. Der Islam ist seit seiner göttlichen Offenbarung in seinen Prinzipien absolut und in seinen Vorschriften weitestgehend unverändert geblieben; Trotzdem möchten wir einen Vergleich starten. Der grundlegende Unterschied zwischen Islam und Demokratie ist der, dass im Islam die Souveränität dem Schöpfer Allah s.w.t. gebührt und somit nur seine Gesetze absoluten Wahrheitsanspruch haben, hingegen in der Demokratie nach westlichem Muster das Volk Souveränität genießt. Diese bezieht sich in aller ersten Linie auf die Eigenschaft des Volkes als verfassungsgebende Gewalt, vermittels derer das Volk über die Staatsform und über andere Gesetze bestimmt. Zudem muss die Staatsgewalt nach dem Prinzip der Volkssouveränität durch das Volk in Wahlen und Abstimmungen legitimiert werden; alle Staatsgewalt muss vom Volk ausgehen. Das Volk könnte daher alles für zulässig oder für verboten erklären wofür sich die entsprechende Mehrheit findet;- (z.B auch eine ganze Gruppe von Menschen zu eliminieren - im Fall von Nazideutschland -, oder eine Gruppe von Menschen fundamentaler Menschenrechte zu berauben - wie im Fall von Guantanamo). Es sei erwähn dass, die gewährten Rechte in einer Demokratie eben bei Bedarf wieder verweigert werden können, hingegen die gewährten Rechte im Islam absolut und unverletzlich sind, weil sie eben nicht von Menschen verliehen wurden. Sie sind vom Schöpfer an die Menschen verliehen und könne nur von Ihm wieder entzogen werden. Diese Summe an Regelungen (Koran, Sunna und deren Ableitungen) stellen im Islam die Scharia dar, und um gleich Missverständnissen vorzubeugen sei erwähnt dass: Ehrenmorde, Zwangsverehelichungen, Gewalttaten und Terroranschläge gemäß der Scharia verboten sind. Eine gewisse Relativierung ist jedoch angebracht. Zwar kann nach dem Muster der heutigen Demokratie alles zum Gesetz erhoben werden, aber es setzt sich in Europa immer mehr die Meinung durch dass fundamentale Rechte wie dass Recht auf Leben oder Menschenwürde der Willkür des Volkswillens entzogen ist. Dass dies im konkreten Fall nicht mehr Wert sein kann als das Papier auf dem es steht, kann dahingestellt bleiben. Andererseits sind der Koran und die Sunna des Propheten s.a.w.s unumstößlich, jedoch ihre heutige Anwendung ist auch nicht mehr Wert, als die Menschen aus dem Text herauslesen könne oder wollen. Ich will den grundlegenden Unterschied in der theoretischen Begründung in zwischen Islam und Demokratie nicht schmälern, jedoch hinweisen, dass er so absolut wie ihn manche orthodoxen sehen möchten nicht ist.
Der Schöpfer Allah hat im Koran nur sehr allgemeine Bestimmungen bezüglich der Regierungsform getroffen. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass der Islam als die letzte Offenbahrung Gottes absoluten Wahrheitsanspruch verkörpert, dann sind die nur sehr allgemein gehaltenen Regelungen bezüglich möglicher Regierungsformen verständlich. Genauere Informationen bezüglich des demokratischen Prinzips im Islamischen System, sind zu finden in der Abhandlung vom verstorbenen Präsidenten Bosnien und Herzegowinas Alija Izetbegovic und im Buch von Dr. Jasmin Pacic, Islamische Staatsführung,
Die Wahlen: In der Islamischen Geschichte haben bereits vor 1400 Jahren Wahlen stattgefunden. Unmittelbar nach dem Tod des Propheten s.a.w.s. haben die Prophetengefährten Wahlen abgehalten um seinen Nachfolger zu bestimmen. Die Prophetengefährten waren angesehne Männer die im Sinne einer Rätedemokratie für ihre Sippe/Familie oder ihren Stamm stellvertretend waren. Die Zustimmung ihrerseits war auch die Zustimmung ihres Stammes, da sie diejenigen waren die dem Stamm repräsentierten und die auch über den größten Rückhalt in der Sippe/Stamm verfügten. Daher dient der Vergleich einer Repräsentativdemokratie im Sinne von Wahlmännern nach amerikanischem Muster hier am besten zur Veranschaulichung der damaligen Umstände. Obwohl der Prophet nicht unerwartet und plötzlich starb, hat er selbst keinen Nachfolger bestimmt. Dieses Indiz deutet darauf hin, dass der Prophet diese Entscheidung bewusst dem Einvernehmen der Gefährten überlassen wollte. Hätte der Prophet s.a.w.s. einen Nachfolger bestimmt, hätte man diesen Umstand, als Sunna verstanden und als Pflicht übernommen. Da dies jedoch nicht der Fall war, darf im Islamischen System ein Regierungsnachfolger, gemäß der Sunna und dem Koran nicht vom Vorgänger eingesetzt werden. Umso weniger darf der Regierungsnachfolger allein wegen seiner Abstammung oder Zugehörigkeit zur einer sozialen oder politischen Gruppe das Amt antreten. Dies ist bedauerlicherweise heutzutage in fast allen Ländern mit islamischer Bevölkerungsmehrheit der Fall. Ausnahme sind unter anderen (Bosnien, Türkei, Indonesien, Jemen usw.) Allah s.w.t sagt im Koran: „7:181 Unter Unseren Geschöpfen gibt es eine Gemeinschaft, die aus Wahrheitsliebe zur Wahrheit leitet und der Wahrheit entsprechend urteilt." „3:110 Ihr seid die beste Gemeinschaft, die unter den Menschen hervorgebracht worden ist, sofern ihr das Rechtmäßige gebietet, das Unrechtmäßige untersagt und an Gott glaubt." Aus diesen Koranversen geht hervor, dass die Menschen als ein Gemeinwesen organisiert handeln sollen. Allah spricht hier die Menschen nicht als Einzelne, sondern als ein Gemein-wesen an. Das indiziert, dass die Menschen in Mehrheitsentscheidungen wie auch immer diese ausgestaltet werden sollen, agieren sollen. Der Ausspruch des Propheten, dass "...meine Gemeinschaft niemals in einem Irrtum Übereinstimmung erzielen wird..."verdeutlicht, dass der Mensch der Bezugspunkt politischer Legitimation ist. Ebenso, dass einstimmige Entscheidungen der Gemeinschaft der Gläubigen keine falschen sein werden somit dass, die einstimmige Mehrheitsentscheidung die richtige Wahlform ist. Die Tatsache, dass die vier rechtgeleiteten Kalifen durch Konsens der Gefährten ermittelt wurden beweist dass, Mehrheitsentscheidungen meist besser sind als solche, die in Oligarchien oder Monarchien gefällt werden. Ein weiterer zentraler Grundsatz des islamischen Staatsrechts, sowie der islamischen Lebensweise überhaupt, aus dem man die Pflicht zum politischen Engagement ableiten kann, ist das Prinzip der gegenseitigen Konsultation: „[…] und deren Handlungsweise eine Sache gegenseitiger Beratung ist […]."(Koran 42:38) Ebenfalls weist Allah sogar den Propheten an, sich mit seinen Gefährten zu beratschlagen;" und ziehe sie in der Sachen zu Rate" (Koran 3:159). Wenn der Schöpfer sogar den Propheten Mohammed s.a.w.s anweist, sich mit den Gefährten zu beraten, dann trifft diese Pflicht umso mehr auf andere Entscheidungsträger wie beispielsweise den Kalifen oder andere Entscheidungsträger. Mann kann also sagen, dass das Erfordernis von Wahlen im Islam ebenso begründet ist wie in den gegenwärtigen westlichen Regierungsformen. Auch Alija Izetbegovic schreibt in seiner Abhandlung über die islamische Ordnung" In der Geschichte der ersten und bislang einzigen authentischen islamischen Ordnung – in der Periode der ersten vier rechtgeleiteten Kalifen – können wir deutlich drei wesentliche Aspekte des republikanischen Prinzips der Macht erkennen: 1. Wahl des Staatschefs, 2. Verantwortlichkeit des Staatschefs gegenüber dem Volk, 3. Verpflichtung zu gemeinschaftlicher Beschlussfassungen in öffentlichen und gesellschaftlichen Fragen… In diesem Sinn ist die islamische Ordnung eine Synthese der Absoluten Autorität (in Bezug auf das Programm) und der absoluten Demokratie (in Bezug auf die Persönlichkeit)" Auch Dr. Jasmin Pacic kommt in seinem Buch zu folgendem Ergebnis; Versteht man unter Demokratie, dass die Verantwortung für den Staat beim Volk liegt, dass die Interessen des Volkes gewahrt und sichergestellt werden, dass die Freiheit und die Rechte der Bevölkerung gesichert sind und dass alle vor dem Gesetz gleich sind, so ist diese Art der Demokratie in einem islamischen Staat sicherlich verwirklicht. Verbindet man mit Demokratie allerdings die Vorstellung, dass der Wille des Volkes in der Form des Mehrheitsbeschlusses der Repräsentanten des Volkes (Parlament) jedenfalls verbindlich ist, unabhängig davon, welchen Inhalt er aufweist, so kann dies nicht mit dem beschriebenen Staatskonzept in Einklang gebracht werden."
2. Menschenrechte: In der Abschiedspredigt ermahnt der Prophet Mohammed s.a.w.s:" Ihr Leute, wahrlich euer Blut, euer Eigentum und eure Ehre sind unantastbar, bis Ihr euerem Herrn gegenübersteht; Diese Rechte korrespondieren den heutigen Menschenrechten nach der EMRK und zwar; dem Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit, Eigentum, Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung. Überdies sind nach Islamischen Recht folgende Menschenrechte gewährleistet: Das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz, ein gerechtes Verfahren und rechtliches Gehör, Schutz der Privatsphäre, der persönlichen Freiheit und der eigenen Wohnung, Schutz vor ungerechtfertigter Verfolgung und Willkür, Glaubens- und Gewissensfreiheit und Freiheit der Meinungsäußerung, Protest und Auflehnung gegen Unterdrückung, freie Wohnsitzwahl, Familiengründung, Schutz der Abstammung, die Bildung von Vereinen und die Organisation und Abhaltung von Versammlungen, Zuflucht vor Ungerechtigkeit, Erleichterung in Härtefällen, freie Bewegung und Aufenthalt, soziale Gerechtigkeit. Sollte ein Staatssystem den Anspruch erheben Islamisch zu sein, muss es überdies den Grundsatz der Gerechtigkeit entsprechen. Allah s.w.t sagt im Koran:" Gott leitet die, die unrecht tun, nicht zum rechten Weg (Koran 2:258);" ..richtest du aber, so richte zwischen ihnen nach Gerechtigkeit. Wahrlich, Allah liebt die Gerechten. (Koran 5:42); „Den Ungerechten ist gewiss kein Erfolg beschieden". (Koran 6:21). Oberstes Ziel ist das Gemeinwohl und die Gerechtigkeit, es geht darum das Gute zu gebieten und zu fördern, das Übel hingegen zu verbieten. „Allah befiehlt euch, die anvertrauten Güter ihren Eigentümern zurückzugeben; und wenn ihr zwischen Menschen richtet, nach Gerechtigkeit zu richten. Wahrlich, billig ist wozu Allah euch ermahnt. Allah ist allhörend, allsehend." (Koran 4/58). „Jenen, die, wenn wir ihnen auf Erden die Oberhand gegeben haben, das Gebet verrichten und die Armensteuer (Zakat) entrichten und Gutes Gebieten und Übles verbieten (, steht Allah bei) und Allah bestimmt den Ausgang aller Dinge." (Koran 22/41). Somit übertrifft das Islamische System die heutigen westlichen Systeme was die Frage der Gerechtigkeit anbelangt, da es zwischen einem Rechtsstaat und einem Unrechtsstaat (denn auch z.B. Nazideutschland war ein Rechtsstaat) deutlich unterscheidet. Die auf die reine Rechtslehre aufbauenden politischen Systeme des Westens sind zu indifferent, können dogmatisch die Problematik der Ungerechtigkeit nicht beseitigen und werden ständig von der Gefahr Ungerechtigkeiten hervorzubringen bedroht
Gewaltenteilung Im islamischen Regierungssystem bezieht der Kalif seine Regierungslegitimität von Allah s.w.t, der durch die Wahlberechtigten (Ummah) repräsentiert wird. Es gibt verschiedene Vorschläge und Ansätze wie die tatsächliche Ausgestaltung im Einzelnen aussehen soll. Hier sei nur die mir zuträglichste erwähnt. Im Sinne einer „Präsidentschaftsrepublik" soll der Kalif (Ministerpräsident) den Islamischen Staat nicht nur nach Außen repräsentiert, sondern bei ihm liegt auch das Schwergewicht bei der Regierungstätigkeit. Im Westen finden sich vergleichbare Funktionen beim amerikanischen oder französischen Präsidenten. Die Gewaltenteilung im islamischen System ist dadurch gewährleistet, dass der Kalif (Präsident) bei groben unentschuldigten Schariaverletzungen und im Fall der Unfähigkeit zu regieren, nach der Initiative seitens derjenigen die Ihm zum Kalifen gewählt haben (Volk oder Repräsentanten) und nach der Überprüfung der Vorwürfe durch das Oberste Gerichte (Mazalim Gericht), abgesetzt werden kann. Ebenso sind die Gerichte in Ihren Entscheidungen gegenüber der Exekutive und dem Kalifen unabhängig und nur an die Scharia gebunden. Somit besteht ein Gleichgewicht zwischen Gerichtsbarkeit, Volksvertretung und Kalifen (Exikutive), vergleichbar einer Gewaltenteilung in ihrer heutigen Ausgestaltung im Westen.
Rechtsstaatsprinzip: Das Rechtsstaatliche Prinzip ist in einem Islamischen Staatssystem absolut verwirklicht. Ein islamischer Staat darf nur aufgrund der Gesetze regiert werden und bestimmt, dass alle Bürger im Rahmen der Scharia vor dem Gesetz gleich sind. Islamischer Staat ist somit eine Nomokratie (von griechisch nomos das Gesetz und kratos die Macht, Herrschaft). Die Scharia gebietet die Ausübung von Herrschaft nach einem Regelsystem, das dem Zugriff der Herrschenden weitgehend entzogen ist. Somit darf sich keiner über das Gesetz hinwegsetzen, auch nicht der Kalif. Der Islamische Staat ist jedoch ein von Menschenhand geführter und kein göttlicher Staat, im Sinne einer Theokratie. Die Theokratie beruht auf dem Gedanken der Herrschaft von Gottes Gnaden. Die Herrschaft im islamischen Staat wird jedoch nach dem schon bestehenden Gesetz, der Scharia, durchgeführt. Es werden keine göttlichen Rechtsnormen erlassen, es gilt nur das göttliche Recht zu interpretieren, wobei die Herrschenden nicht als unfehlbar gelten. Der Islamische Staat ist aber insofern theokratisch als der Koran und die Sunna seine Verfassung sind, jedoch von Theokratie im Sinne eines Vatikan streng zu trennen, da es keine religiöse Hierarchie gibt, und auch sonst keine Unterschiede unter den Menschen herrschen, mit Ausnahme ihrer Gottesfurcht. Erwähnen möchte ich hier einen passenden und interessanten Brief von Jean-Jacques Rousseau: In einem Brief vom 26.Juli.1767 stellt Jean-Jacques Rousseau dem Marquins von Miraebau die Despotie unausweichlich vor Augen: Die Hauptschwierigkeit der Politik, schreibt er, die der Quadratur des Kreises gleiche, bestehe darin, >eine Regierungsform zu finden, die das Gesetz über den Menschen stellt <. In diesem Sinne ist eine Nomokratie die beste Regierungsform weil sie den Herrschenden keine unzulässige Vorteile einräumt.
Nach den Ausführungen stellt sich berechtigterweise die Frage, warum sich in den Islamischen Ländern keine Demokratien entwickelt haben? Hierzu gibt es mehrere Theorien. Kadir Yildirim führ in seinem Artikel über den Islam und die Demokratie zwei Theorien an: " Modernisierungstheorie. Sie weist der ökonomischen Entwicklung eine alles entscheidende Rolle zu und versichert, dass für jenen Modernisierungsprozesses, der den Übergang von traditionellen zu modernen Lebensformen markiert, Erziehung und Bildung, soziale Mobilität, Urbanisierung und Kommunikation von zentraler Bedeutung sind. Ein solcher Modernisierungsprozess bringt neue gesellschaftliche Gruppen hervor, z.B. städtische Arbeiter und Gewerkschaftsmitglieder. Diese Gruppen haben unterschiedliche Bedürfnisse und Forderungen an das politische System, die sich von denen der alten, sozialen Schichten' beträchtlich unterscheiden. Das politische System heute orientiert sich ganz an den Bedürfnissen der neu entstandenen sozialen Gruppen. Um diese Bedürfnisse seiner nun mündig werdenden Bürger erfüllen zu können, nimmt das politische System eine immer offenere und demokratische Form an. Eine andere Erklärung liefert der Begriff des Ressourcenfluchs, der in den 1990er Jahren geprägt wurde. Mit ihm sollen Probleme auf den Punkt gebracht werden, die speziell in Ländern mit enormen Bodenschätzen auftreten. Im Gegensatz zum Rest der Welt ging der Trend im Nahen Osten lange Zeit hin zu Rentier-Staaten, das heißt zu Staaten, die von den Einkünften aus ihren reichlich vorhandenen natürlichen Ressourcen leben. In dieser Weltregion ist der Staat oft nicht davon abhängig, dass seine Bürger Einkünfte erzielen und Steuern zahlen. Der Staat und zu weiten Teilen die herrschende Elite leben vom Verkauf von Bodenschätzen auf den Weltmärkten. In einer Analyse der Staatenbildung im Nahen Osten untersucht Lisa Anderson das (fehlende) demokratische Verantwortungsbewusstsein der herrschenden Elite und die politische Rolle, die diese Elite spielt. Sie gelangt zu dem Ergebnis, dass die Verteilung der Einkünfte aus dem Verkauf von Bodenschätzen den Staat in eine komfortable Position bringt. Er werde unabhängig von der Gesellschaft, weil er die Bevölkerung durch diese Verteilung ruhigzustellen vermag, anstatt Steuern eintreiben und alle gesellschaftlichen Strömungen repräsentieren zu müssen. Die Tatsache, dass der Staat nicht abhängig von der Gesellschaft ist, führe dazu, dass es den entsprechenden Ländern an einem demokratischen Bewusstsein gegenüber ihren Bürgern mangelt. Das Grundprinzip des, verteilenden Staates' bestehe darin, dass jeder in der Gesellschaft einen nicht geringen Anteil an den Einkünften des Staates erhält. Das Ergebnis sei ein autoritäres politisches System, das über keinen inneren Mechanismus verfügt, der einer demokratischen Entwicklung Vorschub leisten würde." Meiner Ansicht nach sind andere Gründe entscheidend, oder ergänzen zumindest die oben genannten. Die Gebietung und Durchführung der Gerechtigkeit in der Scharia und daraus folgend der gesellschaftliche Friede, mögen der Grund dafür sein, warum sich in islamischen Ländern keine Demokratien nach westlichem Muster entwickelt haben. Denn eine der Hauptuhrsachen für die Demokratie und somit Entscheidungsmacht der Mehrheit, ist doch der fehlende gesellschaftliche Friede in Europa gewesen. Als Beispiele seien die Religionskriege, der Machtkampf zwischen Klerus und Keiser, das Feudale System und die Klassengesellschaft genannt. Man kam in Europa nicht zur Ruhe, und zwischen den entgegengesetzten Positionen von Adel und Volk, Katholiken und Protestanten, Arm und Reich, Keiser und Papst usw. wusste man keinen anderen Ausweg, als die Aufhebung alles religiösen und gewohnheitsmäßigen und der Installierung der künstlichen Macht der Mehrheit. Ebenfalls war die fehlende Trennung zwischen Religion und dem Staat im Sinne einer Säkularisierung und daraus folgend, mangelnde Notwendigkeit Regierungsformen neben dem bestehenden System zu suchen um ein friedliches gesellschaftliches Leben zu ermöglichen, ein weiterer Grund für die fehlende Entwicklung von Demokratien nach westlichem Muster. Das Bedürfnis nach Demokratie entstand erst nach dem die beendete Kolonialisierung durch den Westens zerstörte islamische Gesellschaften zurückließ, mit Marionettenregierungen an der Spitze, die ihre eigenen Interessen und/oder die Interessen der Kolonialmächte sichern sollten. Diese Marionettenregierungen organisierten, zum größten Teil um das eigene Überleben zu sichern, die Unterdrückung der Bevölkerung. Durch meist unislamische Herrscher nahm der Zerfall der Islamischen Gesellschaft immer mehr zu, und es entstand ein Bild von einer Islamischen Gesellschaft, als unfähigem System zur Demokratie. Dass bis zur Kolonialisierung und deren Ende, sowie bis zu den Verwüstungen des ersten und des zweiten Weltkrieges, die islamische Gesellschaft mit den Ihr inhärenten demokratischen Institutionen das Auslangen fand, ist meiner Ansicht nach die Hauptuhrsache für die fehlende Entwicklung von Demokratien nach westlichem Muster. Das islamische System verfügt über alle wesentlichen Bausteine einer Demokratie, wovon auch die unzähligen Freiheitskämpfer die in Gefängnissen nah östlicher Diktaturen sitzen und lautstark Gerechtigkeit und Demokratie einfordern, ein Zeugnis abgeben. Europa und die USA sollten die Oligarchien, Diktaturen und Monarchien in nahen Osten und Nordafrika wenn nicht schon sanktionieren dann zumindest boykottieren und einer islamischen Erneuerung nicht im Wege stehen. Auf der einen Seite den Islam als demokratieunfähig abstempeln und auf der anderen mit Diktaturen a la Gaddafi, gute Geschäfte machen, sollte nicht Gewohnheit bleiben. Denn wie schon der Prophet Jesus sagte" Alles was ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, das tut auch ihr ihnen; denn das ist das Gesetz und die Propheten."