Die Feindschaft gegen den Islam und die Muslime in der Westlichen Welt nimmt tagtäglich zu, daran gibt es wenig Zweifel. Aber das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir Muslime größtenteils unserer Verantwortung nicht hinreichend gerecht werden.
Der deutsche Polizeibeamte reagiert sehr verärgert, wenn er den Begriff “Muslim“ hört. Er bringt ihn zusammen mit Polizeiberichten wie den Folgenden vom 17.12.2009 mit der Überschrift “Schlägerei bei Hochzeitsfeier“. Das Ereignis fand statt in Berlin Neukölln:
[Beginn Pressemitteilung] Während einer Hochzeitsfeier kam es in der vergangenen Nacht zu einer Schlägerei zwischen Angehörigen zweier arabischer Großfamilien. Gegen 22 Uhr 30 drangen mehrere Personen in den Festsaal in der Neuköllnischen Allee ein, wo die Feier mit ungefähr 300 Gästen begangen wurde, und gerieten mit den Anwesenden lautstark in Streit. Die Wortgefechte gipfelten in einer körperlichen Auseinandersetzung, in deren Verlauf Einrichtungsgegenstände umgeworfen und zum Teil beschädigt wurden. Einer der Beteiligten zog sich bei der Prügelei eine leichte Schnittverletzung am Hals zu. Eintreffende Polizeibeamte lösten die Veranstaltung auf und begleiteten die noch anwesenden 50 Personen aus dem Saal. Die an der Schlägerei beteiligten Männer waren vorher schon geflüchtet. Die Situation war zunächst bereinigt, aber ca. 40 der vormals Beteiligten trafen sich gegen 24 Uhr in der Schierker Straße und gerieten abermals gewaltsam aneinander. Polizeibeamte verwiesen die Gruppe des Platzes. Drei Männer wurden mit Stichverletzungen bzw. Schädeltrauma in verschiedene Krankenhäuser gebracht. Die Beamten beschlagnahmten mehrere Schlagwerkzeuge und Messer. Drei Fahrzeuge wurden zum Zwecke der Spurensicherung sichergestellt. Bei der Personalienüberprüfung stellte sich heraus, dass gegen einen der Männer ein Haftbefehl wegen eines Rauschgiftvergehens vorlag. Er wurde festgenommen. Während der Maßnahmen näherte sich plötzlich einer der Männer mit einem Messer in der Hand einem der eingesetzten Polizisten, fuchtelte mit diesem herum und schrie: „Ich steche den ab“. Dabei führte er in Höhe des Oberkörpers des Beamten eine waagerechte Schnittbewegung aus. Der Polizist konnte dem Stich ausweichen und den Täter festnehmen. Er blieb unverletzt. Der Täter wies eine blutende Verletzung an der Hand auf und wurde in einem Krankenhaus ambulant behandelt. Anschließend wurde er für das zuständige örtliche Kommissariat eingeliefert. Ermittlungen wegen Sachbeschädigung, gefährlicher Körperverletzung und besonders schweren Landfriedensbruchs wurden eingeleitet. [Ende Pressemitteilung]
Praktizierende Muslime werden sofort entgegnen: „Was hat das mit Islam zu tun?“ Wahrscheinlich war die Feier nicht im geringsten islamisch, die Hochzeit hatte nichts mit Islam zu tun, Rauschgifthandel hat nichts mit Islam zu tun und alle anderen geschilderten Verbrechen können auch dem Islam nicht angelastet werden. Aber der Polizeibeamte sieht immer wieder diese Leute, Araber, Türken, Perser (letztere in Deutschland meist sogar Islamhasser), und er verbindet das fälschlicherweise mit Islam.
Doch wie ist es in den Frauenhäusern? Müssen wir nicht unumwunden zugeben, dass der Anteil von Kopftuch tragenden Muslimas, die in deutsche Frauenhäuser fliehen, erheblich größer ist, als ihr Anteil in der Bevölkerung? Sicher widerspricht die Zwangsverheiratung dem Islam, sie ist sogar islamisch gesehen eine schwere Straftat und große Sünde, aber warum wissen das all jene Menschen nicht, die aus dem muslimischen Kulturkreis hierher kommen? Und wie ist es mit dem Mädchen, dass eigentlich gar nicht ins Frauenhaus fliehen wollte, sondern zu ihrer Freundin geflohen ist und die Wohnung von jener Freundin (und deren Eltern) von fanatischen männlichen Verwandten belagert wird, so dass dem Mädchen gar kein anderer Ausweg bleibt, als ins Frauenhaus zu fliehen, um die Freundin zu schützen?
Und wie ist es mit der Beschneidung von Mädchen. Wollte jemand ernsthaft leugnen, dass es sie noch gibt, dass es sie noch im missbrauchten Namen des Islam gibt? Sicher gibt es Initiativen, die erfolgreich dagegen arbeiten, auch mit Muslimen zusammen, aber warum kann jene Körperverletzung nicht ausgerottet werden?
Aber selbst wenn wir jene Straftaten einmal ausklammern, wie ist es mit “normalen“ Problemen, wie z.B. der Kindererziehung. Warum kommen in muslimischen Familien erheblich öfter körperliche Züchtigungen von Kindern vor, als bei nichtmuslimischen Familien. Jetzt kann man einfach antworten, dass es daran liegt, dass nichtmuslimische Familien keine Familien haben, aber rechtfertigt das die Schläge gegen die Kinder angesichts einer Religion, die die körperliche Züchtigung verbietet?
In diesen Tagen, in denen wir Muslime und Christen uns befinden, müssen wir Muslime im deutschsprachigen Raum die unbequeme Frage stellen, in wie weit wir die Botschaft dieser Tage verstanden haben. Imam Husain und seine Getreuen waren eingekesselt in der Ebene von Kerbela, aber ihr liebevoller Umgang mit den Menschen um sie herum, hat dazu geführt, dass ein Kommandant des Gewaltherrschers zu ihnen übergelaufen ist, dass Christen zu ihm übergelaufen sind, dass Menschen, die in “sicheren Verhältnissen“ lebten, zu ihnen übergelaufen sind! Sind das nicht unsere Vorbilder? Welche Liebe strahlen wir als Muslime in dieser Gesellschaft aus? Welche Liebe des Islam haben wir verstanden, dass wir sie weitergeben?
Dieser Tage feiern Christen den Geburtstag Jesu und erinnern sich Marias. Wo sind wir Muslime, die ihren christlichen Mitbürgern gratulieren? Wo sind wir, die wir die gläubigen Christen beschenken mit einer Kleinigkeit, haben wir keine christlichen Nachbarn? Gemeint sind hier nicht die großen Verbände, die ihre Grußbotschaften senden, sondern jeder Einzelne von uns! Wo sind wir, dass wir Jesus und Maria ehren, wenn die Zeit der Gesellschaft reif ist, an sie zu denken?
Der Islam hat die eindeutig überlegene Befreiungstheologie, aber wir Muslime vermitteln sie nicht. Der Islam hat den überlegenen Monotheismus, das überlegene Gottesbild und das überlegene Menschenbild, aber wir kennen weder hinreichend Gott, noch hinreichenden das Menschsein, um es weiterzugeben. Wissen wir denn nicht, dass Gott die Menschen erschaffen hat, damit sie Seine Liebe empfangen? Und wissen wir denn nicht, dass Gott die Schöpfung in Schönheit erschaffen hat. Wer Liebe spürt, der gibt sie weiter. Imam Husain ist in dieser Liebe des größten aller Propheten aufgewachsen und opfert sich für diese Liebe auf. Seine Schwester Zainab sieht die Ereignisse und beschreibt nur Schönheit in einer Szene, in der andere das Grauen sehen wollen. Aber auch die Geburt Jesu ist aus muslimischer Sicht Schönheit über Schönheit. Die reine Gottesdienerin ist Trägerin des Geistes Gottes in ihrem Herzen und ihrem Schoß und gebiert ein Wunder im Wunder.
Die Menschen laufen in Scharen zu Imam Husain, über 1360 Jahre lang! Jedes offen Herz, das die Geschichte von Imam Husain hört, ist von ihr angetan und will dazu gehören. Und es sind die wahren Anhänger jenes Imam Husain, die in unserer Zeit den mit Abstand schönsten Monumentalfilm über das Leben der Maria gedreht haben. Die zwei schönsten Schlüsselszenen des Filmes mit deutschen Untertiteln gibt es in Muslim-TV:
Wenn eine hinreichende Zahl von Muslimen in Deutschland als sichtbarer Leuchtturm hier vorbildhaft den Islam vorleben würde, könnte kein Verbrechen der Welt, keine Zwangsheirat, kein Ehrenmord, keine unrühmliche Unbeherrschtheit von ungebildeten Menschen, einen schwarzen Fleck auf das Ansehen des Islam im deutschsprachigen Raum legen. Wenn wir Muslime uns selbst erziehen würden zur wahren Liebe, zur Liebe Gottes und dem daran gekoppelten Gottesdienst, der in den Dienst am Menschen mündet, wenn wir die Vorbilder wären, zu denen uns der Islam aufruft, könnte kein noch so ungebildeter Ausnahmemuslim dieses Bild eintrüben. Wenn wir – als Vertreter der Religion, die mit dem Wort “Lies“ begann – jeden Tag lesen würden, wenn wir uns bilden würden und der Bildung unserer Kinder einen größeren Raum einräumen würden, als es die Gesellschaft tut, dann könnte kein unerzogener Bengel und Macho das Gesamtbild stören. Wenn wir die Sprache unseres Landes sprechen würden, wenn wir gut Deutsch könnten, dann wären viele Missverständnisse vermeidbar. Aber verpflichtet uns der Islam nicht dazu, deutsch zu lernen, wenn wir hier leben, und zwar gutes verständliches und liebevolles Deutsch?
Im Husain war der gebildeteste und liebevollste Mann seiner Zeit. Zainab war die gebildeteste und liebevollste Frau ihrer Zeit. Jesus war der gebildeteste und liebevollste Mann seiner Zeit. Maria war die gebildeteste und liebevollste Frau ihrer Zeit. Wer diese Menschen zum Vorbild hat, wer diesen Menschen zumindest versucht, nachzueifern, der ist opferbereit, der ist voller Liebe, der ist gebildet, und der ist dankbar dafür, dass er das alles anstreben darf bei solch wunderbaren Vorbildern.
Wer glaubt, dass der Islam die beste Religion sei, der muss sich auch gegenüber Nichtmuslimen als der beste und liebevollste Mensch erweisen. Und in solche eine Wettstreit, die größte Liebe geben zu dürfen, können sich Muslime und Christen in diesen Tagen zu Weihnachten und Aschura die Hand reichen.
Der Mensch als Liebesempfänger Gottes ist ein wunderbares Geschöpf! Wie schade nur, dass so viele Menschen dieses, ihr eigenes, Potential nicht kennen. Imam Husain aber kann uns dieses Potential aufzeigen. Lernen wir es – so Gott will. Und dann wird der Polizist, der obigen Bericht schreiben musste, wissen, dass die Ereignisse absolut NICHTS mit dem Islam zu tun haben.
die Probleme, die Bruder Yavuz in seinem Artikel anspricht sind leider alle in sehr großer Form existent.
Aber ich sehe einen hellen Streif am dunklen Horizont, der jedoch in den Medien nicht dargestellt wird.
Nur "bad news are good news" wie Medienmacher sagen. Selbst wenn 99% aller Muslime hier in Deutschland die besten Menschen der Welt wären, würde es immer dieses eine Prozent geben, das nicht so ist. Und das ist genau das eine Prozent, dass in den Medien dargestellt werden würde. Wer würde sich schon für die 99% bestens integrierten und liebvollen Muslime interessieren? Klar, hier und da würde man davon hören, dass die Muslime und der Islam ja an sich nicht so schlimm sind usw., aber man würde ihnen immer diese Veriirten 1% vorhalten und der deutschen Bevölkerung auch unverhältnismäßig viel diese 1% präsentieren. Die Medien und die Politik brauchen Feindbilder und Sündenbocke, die der Bevölkerung präsentiert werden und in der heutigen Zeit sind wir an der Reihe diese Rolle aufgedrängt zu bekommen. Der heilige Koran sagt es doch, und Bruder Yavuz hat diesen Vers erst kürlich in einem seiner Artikel zitiert: "Die Juden und Christen werden nicht mit dir zufrieden sein, bist du ihrer Ideologie folgst"
Ich finde, wir alle hier sollten weiterhin unseren Weg gehen, den wir eingeschlagen haben, und ma sha Allah, wenn ich mir so anschaue, was an Ashura hier in diesem Land los ist, dann fallen mir immer die Bilder von Ashura in Beirut am Anfang der 1980er Jahre ein, als die südlichen Vororte von Beirut noch sehr verarmt waren, und die Ashura Prozessionen noch nicht so viel Zulauf hatten. Und wenn man dann mal sieht wo die Anhänger der Ahl ul Bait im Libanon heute stehen und ich mir dann überlege, wo wir mit Allahs Hilfe in 20 Jahren hier in Deutschland und im gesamten Westen stehen können, dann macht mir das schon sehr viel Hoffnung. Es geht aber nicht um Ashura allein, sondern um die Stellung des wahren Islam in der Gesellschaft. Hetze und Hasspredigten gab es aber leider schon immer und wird es leider auch immer geben. Das muss man zwar nicht einfach hinnehmen, aber man muss mit Geduld damit umgehen können. So machen es die wahren Anhänger der Ahl ul Bait im Libanon, so macht es der Iran als wahrer islamischer Staat und so müssen es auch wir weiterhin üben und praktizieren.