Vor einem großen Walde wohnte ein mittelständiger Holzhacker mit seiner Frau und seinen zwei Kindern; das Bübchen hieß Hans und das Mädchen Annegret. Eigentlich hießen sie Ömer und Gülcan, aber der gütige Vater hatte sie einstmals aufgenommen, als sie als kleine Kinder arm und ohne Bildung zu ihnen gekommen waren und hatte ihnen neue Namen gegeben, damit sie sich integrieren und nicht als Kinder von Migranten gelten. Denn waren wir nicht alle Nachkommen von Migranten? Annegret war gebildet aber trug weiterhin Kopftuch und Hans war auch gebildet hatte einen Bart bekommen.
Doch nun hatte auch der Vater wenig zu beißen und zu brechen und wusste nicht weiter. Seine Frau war es aber gewohnt, immer in Saus und Braus zu leben. Sie konnte eine Erbse unter einem Stapel von Matratzen spüren und war niemals bereit, mit irgendwem zu teilen, schon gar nicht mit einer Kopftuchgöre. Sie hatte auch Angst, dass jene Göre eines Tages klüger als sie sein könnte und dann einen Frosch küsst, der zu einem Prinzen wird, wo sie doch alle Frösche für sich beanspruchte. Zudem hatte sie auch Angst, dass Annegret auch hübscher als sie sein könnte. Das würde zwar kaum jemand sehen, aber Spieglein an der Wand würde es ihr sagen.
„Weißt du was, Mann“ sagte die Frau eines Tages „wir wollen morgen in aller Frühe die Kinder hinaus in den Wald führen, wo er am dicksten ist. Da machen wir ihnen ein Feuer an und geben jedem noch viele, viele Scheine aus Papier mit, auf denen ein merkwürdiges Dreieck mit einem Auge abgebildet ist und lauter Zahlen, dann gehen wir an unsere Arbeit und lassen sie allein. Sie finden den Weg nicht wieder nach Haus, und wir sind sie los.“ „Aber das können wir ihnen doch nicht antun, die Papierscheine sind doch nichts wert“, antwortete der traurige Vater. „Oh, du Narr“, sagte sie, „dann können wir uns aber die Kutsche, das Haus, dein Bier, meine Schlankheitsdiät, die Schweinegrippeimpfung, den Flachbildschirm für die Fußball-WM, neue Möbel jedes Jahr, neue Tapeten, ein neues Bad, neue Kleider, noch mehr Schuhe und den Urlaub nicht mehr leisten und müssen an Depression sterben“ und ließ ihm keine Ruhe, bis er einwilligte.
Die zwei Kinder hatten vor Hunger auch nicht einschlafen können und hatten gehört, was die Stiefmutter zum Vater gesagt hatte. Annegret weinte bittere Tränen und sprach zu Hans: „Nun ist's um uns geschehen.“ Aber Hans machte ihr Mut: „Sei getrost, liebes Schwesterchen, und schlaf nur ruhig ein, Gott wird uns nicht verlassen“, und legte sich wieder in sein Bett.
Als der Tag anbrach, noch ehe die Sonne aufgegangen war, kam schon die Frau und weckte die beiden Kinder: „Steht auf, ihr Faulenzer mit Bart und Kopftuch, mit denen man nur Kutschen ohne TÜV und Gemüse verkaufen kann, wir wollen in den Wald gehen und Holz holen.“ Dann gab sie jedem ein Stückchen Brot und Scheine auf denen 1000 US$ stand und sprach: „Da habt ihr etwas für den Mittag, aber esst es nicht vorher auf, weiter kriegt ihr nichts und legt das Papiergeld sicher mit sicheren Zinsen bei den Lehman-Gebrüdern an, damit es sich von alleine vermehrt, ohne dass ihr etwas dazu tun müsst.“ Sie wurden alleine gelassen und wussten, dass sie jetzt selbst den Weg finden mussten. Sie kannten zwar die Namen von einem Kobold aber den Weg nach Hause kannten sie von hier aus nicht.
Annegret hatte ihr rotes Kopftuch aufgesetzt um ihr langes blondes Haar zu verdecken. Es war so lang, dass man es einen Turm hätte herunterlassen können, damit ein Prinz hinaufsteigt. Aber das wollte sie niemandem zeigen, und daher hatte sie ein rotes Käppchen wie ein Kopftuch und so irrten beide in dem Walt umher, bis sie an ein Häuschen kamen, in dem eine offenbar alte kranke Frau im Bett lag. Sie gingen hinein und waren verwundert. Überall an der Wand hingen Bilder mit merkwürdigen Dingen. Hans und Annegret sprachen die alte Frau höflich mit „Oma“ an, weil sie schon so viel Schaum vor dem Mund hatte und fragten sie: „Liebe Oma, warum gibt es auf dem Bild so hohe Gebäude: „Damit man die Welt besser überschauen kann“ war die prompte Antwort. „Liebe Oma, warum gibt es auf dem Bild so großes Waffen“ – „Damit niemand merkt, wie schwach wir sind“ – „Liebe Oma, warum gibt es auf dem Bild ein so großes Kalb“ – „Damit niemand merkt, wie wertlos die Dollars sind, die verteilt werden“. Hans holte die Dollarscheine heraus, aber schon hatte die Oma die Bettdecke beiseite geschoben und ein Schwarm Heuschrecken stürzte sich auf die Scheine und fraß sie auf, so dass nichts mehr übrig blieb. Annegret und Hans flohen aus dem Haus und wussten nicht mehr weiter, bis ein Geißlein vorbei kam. Es sprach Hans und Annegret an und erzählte, wie es von seinem Haus vertrieben wurde und nie wieder in sein eigenes Haus dürfte, weil dort jetzt andere wohnten, die Geißlein nicht mögen und fressen. Immer tiefer gerieten Hans und Annegret in den Wald und plötzlich wurden sie von Schneeflocken überschüttet, die offensichtlich eine alte Frau über ihnen aus den Kissen ausschüttete. Die Flocken kamen nur grau auf der Erde an, was mit der Umweltverschmutzung zu tun haben musste. Aber über die sprach seit Jahren niemand mehr, denn ein Geist namens CO2 hatte alle Gedanken an die echte Umweltverschmutzung aufgefressen. Dann trafen sie einen Reiter der des Weges ritt mit einem Drosselbart und versuchten ihm zu folgen. Da kamen sie an einem Haus an, auf dessen Dach eine merkwürdige Statue stand mit einer gekrönten Frau, die eine Fackel in der Hand hielt. Das Haus war aus lauter lieblichem Kuchen, Marzipan und anderen Dingen.
Sie sahen, dass das Häuslein aus trockenen Broten gebaut war mit einem Zeichen eines schottischen Donalds und Flaschen mit einem bräunlich-schwarzen Getränk, dessen Zusammensetzung nicht einmal die Kobolde kannten. Das Haus war mit Basketbällen gedeckt; aber die Fenster waren von hellem Zucker. „Da wollen wir uns dranmachen“, sprach Hans, „und eine gesegnete Mahlzeit halten.“
Da rief eine feine Stimme aus der Stube heraus:
"Knusper, knusper, Knäusschenen, Wer knuspert an meiner Imperialise?" Die Kinder antworteten: „Der Wind, der Wind, die Finanzkrise“,
Da ging auf einmal die Türe auf, und eine steinalte Frau, die sich auf eine Krücke stützte, kam herausgeschlichen. Sie fasste beide an der Hand und führte sie in ihr Häuschen. Da ward ein gutes Essen aufgetragen, mit viel Süßigkeiten von Halloween, mit knusprig aussehenden Fastfood und Ketchup und Mayonnaise und Cola und fetten Pommes und alles zusammengemischt im Mixer in einer Bowle, die alles vergessen ließ.
Die Alte hatte sich nur freundlich angestellt, sie war aber eine böse Hexe, die den Kindern auflauerte, und hatte das Häuslein bloß gebaut, um sie herbeizulocken. Wenn eins in ihre Gewalt kam, so machte sie es tot, kochte es und aß es, und das war ihr ein Festtag. So fanden sich die Kinder sich zum Mästen in einem Gefängnis wieder. Sie sollten Waffen bauen, damit die Hexe sie verkaufen konnte. Und sie sollten Drogen anbauen, damit die Hexe sie verkaufen konnte, und sie sollten alles bauen, was die Hexe schon lange nicht mehr selbst bauen konnte. Und sie sollten nicht nachdenken, warum sie in jenem Gefängnis gelandet waren. Dafür bekamen sie dann immer wieder zu Essen und einen Flachbildschirm mit viel Bundesliga. Weil Annegret lieber rührende Familiengeschichte schaute, bekam sie ihre Soap. Und so schufteten die beiden, nicht mehr für den lieben Vater, sondern für die Hexe, und die wurden mit den Einnahmen aus den Waffen- und Drogenverkäufen dicker und dicker und stand kurz davor zu platzen.
Doch plötzlich bekam die Hexe Angst. Sie hatte von einem tapferen Schneiderlein gehört, der das ganze Finanzsystem der Hexe und ihre ganzen Lügen zusammen mit den Dollars, die sie druckte, mit einem Schlag erledigt hatte! Das tapfere Schneiderlein war noch dünn und sehr beweglich. Er kleidete sich einfach aber hatte auch wenige Bedürfnisse. “Siegen auf einen Streich“ war das Motto jenes Schneiderleins, ohne jemals Gewalt anzuwenden. Sofort mobilisierte die Hexe alle ihre Kräfte, schickte Besen um Besen, um das Schneiderlein zu ärgern und rief auch Hans und Annegret dazu auf, das Schneiderlein zu hassen. Dafür musste man auch sein Kopftuch ausziehen. Annegret durfte ihr rotes Käppchen nicht mehr aufbehalten.
Irgendwann konnte die Hexe nicht mehr in Saus und Braus leben. Daher musste sie sich auch an Hans und Annegret vergreifen. Früh morgens musste Anngret heraus, den Kessel mit Wasser aufhängen und Feuer anzünden. Sie stieß das arme Annegret hinaus zu dem Backofen, aus dem die Feuerflammen schon herausschlugen „Kriech hinein“, sagte die Hexe, „und sieh zu, ob recht eingeheizt ist, damit wir die Opel-Brote hineinschieben können“ Und wenn Annegret darin war, wollte sie den Ofen zumachen und Gretel sollte darin braten, und dann wollte sie's aufessen.
Aber Annegret war ein kluges Mädchen. Sie hatte eine gute Schulausbildung hinter sich, da sie noch vor dem Bachelor-Studiengang studieren konnte. Und sie merkte, was die Hexe im Sinn hatte, und sprach „Ich weiß nicht, wie ich's machen soll; wie komm ich da hinein?“ – „Dumme Gans“, sagte die Hexe und wurde böse, „die Öffnung ist groß genug, siehst du wohl, ich könnte selbst hinein“, krabbelte heran und steckte den Kopf in den Backofen. Da gab ihr Annegret einen Stoß, dass sie teilweise hineinrutschte aber alles schieben nützte nichts. Annegret hatte nicht genug Kraft, sie ganz hinein zu stoßen. Genau in jedem Moment kam das tapfere Schneiderlein vorbei und halft ihr. Gemeinsam machten sie die eiserne Tür zu und schob den Riegel vor. Hu!
Annegret lief schnurstracks zu Hans, öffnete sein Gefängnis und rief: „Hans, wir sind erlöst, die alte Hexe ist tot“. Da sprang Hans heraus wie ein Vogel aus dem Käfig, wenn ihm die Türe aufgemacht wird. Wie haben sie sich gefreut sind sich um den Hals gefallen, sind herumgesprungen und haben sich umarmt! Und weil sie sich nicht mehr zu fürchten brauchten, so gingen sie in das Haus der Hexe hinein. Da standen in allen Ecken Kasten mit Perlen und Edelsteinen. Und plötzlich waren sie reich. Sie wollten dem Schneiderlein etwas abgeben, aber der bedankte sich und ging wieder dorthin, woher er kam. Er hatte schon alles, was er brauchte und war genügsam. Annegret füllte ihre Schürze mit all den Edelsteinen und Hans seine Taschen und sie wollten sie in der ganzen Welt verteilen. Und plötzlich fanden sie auch den Weg nach Hause zurück. Dort wartete bereits der traurige Vater. Der Mann hatte keine frohe Stunde gehabt, seitdem er die Kinder im Walde gelassen hatte, die Frau aber war gestorben. Annegret schüttelte ihr Schürzchen aus, dass die Perlen und Edelsteine in der Stube herumsprangen, und Hans warf eine Handvoll nach der andern aus seiner Tasche dazu. Da hatten alle Sorgen ein Ende, und sie lebten in lauter Freude zusammen.
Eines Tages aber mussten Hans und Annegret gehen und gelangten an ein großes Wasser. „Wir können nicht hinüber“, sprach Hans, „ich sehe keinen Steg und keine Brücke.“ – „Aber da schwimmt ein Schwan, wenn ich die bitte, so hilft sie uns hinüber“, antwortete Annegret. Da rief sie:
„Schwänchen, Schwänchen, Da stehen Annegret und Hans. Kein Steg und keine Brücke, Nimm uns auf deinen weißen Kranz“
Das Schwänchen kam auch heran, und Hans setzte sich auf mit all den vielen Edelsteinen, die er noch immer in seinen Taschen hatte. „Nein“, antwortete Anngret, „es wird dem Schwänchen zu schwer“. Und so mussten sie alle Edelsteine zurück lassen. Hans war schon drüben, aber Anngret hatte noch genug Zeit, alles an Bedürftige zu verteilen, so dass auch sie mit leeren Händen auf die andere Seite konnte. Dort wartete ein Mädchen mit den Schwefelhölzern auf sie und zündet es an, als sie angekommen waren, und es erschien ihnen ein Licht, das so hell war, wie sie es nie zuvor gesehen hatten und sie erfreuten sich daran und es hörte nicht auf zu scheinen.
Und wenn sie nicht ... , aber das passt nicht zu diesem Märchen.