Das Verhalten Europas – allen voran Deutschlands – ist an Heuchelei kaum zu überbieten, denn während dem Iran signalisiert wird, dass man nicht ganz abgeschoben werden will, signalisiert man dem eigenen Volk, dass man mit Iran nichts zu tun habe.
Schweden ist derzeit amtierender EU-Ratsvorsitzender. In jener Funktion hat Schweden einen Botschafter zur Vereidigung von Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad geschickt. Das ist so ziemlich der höchste diplomatische Rang, den man üblicherweise bei einem nicht nah befreundeten Land schickt. Es kommt auch unter befreundeten Ländern nicht immer vor, dass ein Minister oder gar Ministerpräsident bzw. Präsident zu einer Vereidigung eines anderen Präsidenten anreist. Europa war also mit dem höchsten derzeit aufzubietenden Diplomaten anwesend! Dem Iran soll wohl – warum auch immer – signalisiert werden, dass man den Kontakt zumindest nicht abbrechen lassen will. Das ist die eine Seite der Geschichte.
Die andere Seite der Geschichte ist die mediale Heimatfront. Hier hat man dem eigenen Volk nun so deutlich eingetrichtert, dass die Islamische Republik Iran gestürzt, bekämpft, boykottiert und ggf. auch mit Atomwaffen beschossen werden muss, und der Präsident sämtliche bösartigen Attribute dieser Welt verkörpere, dass es dann natürlich nur schwerlich dem gleichen eigenen Volk vermittelt werden kann, dass man ausgerechnet zu dessen Vereidigung den höchstmöglichen Diplomaten schickt. Also wird ein Medientheater angezettelt, das derart viel Nebel auf die Bühne wirft, dass eine diffuse und undurchsichtige Szenerie entsteht.
Allen voran wettern Deutsche, dass die Schweden das falsch gemacht haben. Die einen nennen es „verheerendes Signal für Iran“, die anderen sagen, dass man hätte „darauf verzichten können“. Gegenüber der Bevölkerung in Deutschland wird der Eindruck erweckt, als wenn Deutschland mit Schwedens Alleingang nichts zu tun hätte und so lange die Königin nicht zur Vereidigung gefahren ist, alles in Butter sei. Zu wie vielen Vereidigungen fährt denn die Schwedische Königin so nach Asien?
Wie so oft bei solchen Gelegenheiten schießt aber einmal mehr die deutsche Regierungspolitik den Vogel ab und beweist, dass vorangegangene Heuchelei immer noch steigerungsfähig ist. Zuerst wird medienwirksam dem eigenen Volk mitgeteilt, dass man Ahmadinedschad nicht gratuliert hätte! Oder ist es eine neue deutsche Tugend, dass man jemandem, dem man nicht gratuliert, es auch noch auf dem Medienweg mitteilt, dass man ihm nicht gratuliert habe, was dieser ja nicht gemerkt haben könnte. Und nach dieser “Absicherung“ der eigenen Propaganda gegenüber dem eigenen Volk sendet Deutschland nach Angaben des Auswärtigen Amts auf niedrigrangiger Ebene einen “Beobachter“. Dass soll man jetzt verstehen. Welche Aufgabe hatte denn jener “Beobachter“ außer Deutschland lächerlich zu machen?
Ganz nebenbei erfährt der suchende Leser, dass die Entsendung des Schwedischen Botschafters – trotz lautstarker Medienpropaganda zur Volksverdummung – gar nicht so überraschend war! Die Entsendung des Botschafters durch Schweden geht nach Angaben des Auswärtigen Amtes auf eine Abstimmung innerhalb der EU zurück. Die Entscheidung sei im EU-Kreis “unwidersprochen hingenommen“ worden. Und Schwedens Botschafter war nicht der Einzige! Obwohl bereits durch die EU vertreten, sandten auch Großbritannien, Spanien und Frankreich ihre Botschafter; nur eben Deutschland nicht, der einen Niedrigrangigen Diplomaten sandte als “Beobachter“.
Welche Funktion erfüllt solch ein “Beobachter“ im diplomatischen Gefüge? Benötigt der BND nachrichtendienstlichen Informationen über eine Veranstaltung, die live im Fernsehen übertragen wird und daher von Millionen von Menschen “beobachtet“ werden kann, auch ohne hinzugehen? Oder sollte ein Botschaftsmitarbeiter die Gelegenheit bekommen, das schöne Büffet kosten zu dürfen? Vielleicht ist ja auch der Koch der deutschen Botschaft geschickt worden, damit er von iranischer Kochkunst lernt? Das würde den “Beobachter“ wenigstens erklären.
Die deutsche Politik scheint immer noch nicht verstanden zu haben, dass im Iran Heuchelei stets als größere Feindschaft angesehen wird, als offene Feindschaft. Und langsam aber sicher gelingt es der Merkel-Regierung im Iran nicht nur alle Europäer hinter sich zu lassen (angesichts der britischen Geschichte eine echte “Meisterleistung“ der Bundeskanzlerin), sondern sogar mit den USA gleich zu ziehen.
Und als wenn der deutsche Diplomatenklamauk nicht schon genug gewesen wäre, um die iranische Regierung gegen die deutsche Regierung aufzubringen, gelingt es einem Mitglied der regierenden CDU auch noch das ganze iranische Volk (inklusive “Oppositionsanhänger“) gegen die Deutsche Politik aufzubringen: Der außenpolitische Fraktionssprecher der Europäischen Volkspartei, Elmar Brok (CDU), sagte in der “Neuen Osnabrücker Zeitung“, durch die Teilnahme an der Zeremonie dürfe nicht der Eindruck entstehen, die Wahl Ahmadinedschad werde im nachhinein legitimiert. Jene Aussage Broks findet die westliche Hofberichterstattung so erstaunlich, dass sie gleich in Dutzenden von fast allen großen Zeitungen zitiert wird. Da glaubt also tatsächlich ein deutscher Politiker ohne dass ihm die Schamesröte ins Gesicht steigt, dass Deutsche oder Europäer irgendeine Wahl im Iran “legitimieren“ könnten! Alle Achtung; eine solche Arroganz dürfte selbst in der deutschen Geschichte nur schwer zu finden sein, und die ist schon hinreichend gefüllt mit Größenwahn.
Ein wenig enttäuschend war die offizielle Äußerung der USA. US-Außenministerin Hillary Clinton sagte, Washington werde Ahmadinedschad als Präsidenten anerkennen. Angesichts der Tatsache, dass man gleichzeitig alles in seiner Macht stehende dafür tut, das gesamte System zu stürzen, ist das eine zu offene Heuchelei eher langweilig, so dass sie schon gar nicht mehr die Beachtung finden kann, wie die perfide Doppelzüngigkeit der deutschen Politik. Hinzu kommt, dass die USA seit 30 Jahren so heuchlerisch handeln, aber Deutschland erst seit der Merkel-Regierung derart perfide.
Deutsche Politiker sind mit der hurenhaften Einbettung der deutschen Politik in den US-Imperialismus offenbar zum Teil größenwahnsinnig geworden. Der neue Größenwahn fällt aber nicht nur den Iranern auf, sondern auch anderen Europäern, die den deutschen Koch (oder war es ein Chauffeur) bei der Vereidigung ganz schön alt aussehen lassen haben, indem sie ihre Botschafter geschickt haben.
Bisher waren USA und Israel allein in der Isolation. Jetzt ist Deutschland mit dabei. Das spiegelt sich auch im Wahlprogramm der beiden durch die Hofberichterstattung auserkorenen zukünftigen deutschen Regierungsparteien wieder. Bei der CDU und auch bei der CSU heißt es: „Wir bekennen uns zu der besonderen Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel als jüdischem Staat. Die Sicherung des Existenzrechtes Israels ist Teil der deutschen Staatsräson. …“ und bei der FDP heißt es: „Das Existenzrecht Israels als jüdischer Staat ist für die FDP unverzichtbare Konstante liberaler Außenpolitik.“
Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland heißt es in Artikel 3 (3): „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. …“
Aber offenbar dürfen CDU/CSU und FDP verfassungsfeindliche Inhalte für Israel fordern und das in ihr bundesdeutsches Wahlprogramm mit aufnehmen. Hingegen heißt es bei der SPD “nur“: „Zentrales Ziel unser Politik im Nahen Osten ist und bleibt eine Zwei-Staaten-Losung: Mit einem Israel, das in Frieden, Sicherheit und in von seinen Nachbarn anerkannten Grenzen lebt, – und einem lebensfähigen palästinensischen Staat, in dem die Menschen eine lebenswerte Zukunft haben.“ Die haben vergessen Israel exklusiv Juden zuzuschreiben, weshalb sie auch keine Chance bei der zukünftigen Bundestagswahl haben dürften. Die Hofberichterstattung wird es schon so richten. Und Linke und Grüne haben die Staatsräson Deutschlands in ihrem Wahlprogramm ganz vergessen, so dass beide chancenlos sein werden.
Wir haben also aktuell ein Deutschland, dass sicher stellen will, dass Nichtjuden in Israel nicht gleichberechtigt sind (anders ist bei der demographischen Entwicklung in der Region nicht zu sichern, dass Israel “jüdisch“ ist und bleibt), die Wahlen im Iran legitimieren will, und niederrangige Diplomaten zur Beobachtung einer Präsidentenvereidigung sendet, die man nicht akzeptiert, aber bei der man nichts dagegen einzuwenden hatte, dass der EU-Ratspräsident den Botschafter schickt.
Und da fragen sie Politiker, wie es zu einer Verdrossenheit gegen solch eine Politik kommen kann!? Der Grund liegt darin, dass jene abgehobenen Menschen vergessen haben “kleine Leute“ zu vertreten und dem Volk zu dienen! Und das wiederum haben sie vergessen, weil sie weder wissen, woher sie kommen, noch wissen, wohin sie gehen. Eine Gesellschaft ohne Gott würde gottlos werden. Noch ist Gott aus der deutschen Gesellschaft nicht vollends verbannt. Aber auch eine Politik ohne Gott wird eine gottlose Politik, selbst wenn einige sich dabei christlich nennen. Und es ist eine Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet die Partei mit den wohl derzeit meisten Atheisten in Deutschland, einer gottgefälligen Vorgehens- und Denkweise am wenigsten fern ist. Aber Gott schaut weder in ein Taufbuch, noch auf den Parteinamen, sondern ins Herz. Wohl dem, der sein Herz auch bei den nächsten Wahlen schützt.