Während man im Iran nunmehr darüber nachdenkt, einige westliche Diplomaten wegen agitatorischer Einmischung ihrer Staaten in innere Angelegenheiten der Islamischen Republik Iran auszuweisen, hören die Fehlinformationen für die betrogenen Bürger der westlichen Welt nicht auf.
Jüngstes Beispiel für diese Fehlinformation der Bürger der westlichen Welt ist die implizierte Behauptung, dass der iranische Press-TV-Sende eingeräumt habe, dass 3 Mio. Stimmen gefälscht wären. Was muss man für eine Vorstellung über die Iraner haben, dass sie herausfinden, dass 3. Mio. Stimmen gefälscht wurden und die Proteste dann abflauen! Tatsächlich wurde herausgefunden, dass in ca. 50 Städten die Zahl der abgegeben Stimmen teils höher war, als die Zahl der bekannten stimmberechtigten Bevölkerung. Und das betrifft 3. Mio. Stimmen. Das bedeutet nicht, dass Mousawi drei Mio. Stimmen hätte mehr bekommen müssen. Eine Wahlbeteiligung von über 100 Prozent in manchen Städten ist im Iran übrigens ganz normal. Im Gegensatz zu Deutschland kann jeder Iraner an jedem beliebigen Ort wählen (deshalb gibt es ja auch den Farbklecks auf den Finger). Offenbar haben über 3 Millionen Personen das getan, z.B. durch Reisen oder Pendeln. So können in einem Wahlbezirk z.B. nur 900 Menschen wohnen aber 1000 Stimmen abgegeben worden sein. Die fehlen dann in anderen Bezirken. Am Gesamtergebnis ändert das nicht, was bei einer Wahlbeteiligung von 85% deutlich wird. Man stelle sich vor, die Regelung wäre ähnlich in Deutschland, dann kämen viele Städte mit breitem Umland zu einem ähnlichen Ergebnis, da viele Bürger, die im Umland wohnen aber in der Stadt arbeiten, in der Stadt wählen würden. Eine weitere Behauptung ist, dass das Internet abgeschaltet worden wäre. Tatsächlich waren zeitweilig manche Seiten absolut nicht erreichbar, wie die deutsche Redaktion des Senders IRIB. Das lag zum Teil an der totalen Überlastung des auf solch einen Ansturm nicht vorbereiteten Netzes. Aber aus zuverlässiger Quelle in der Redaktion des Senders IRIB haben wir auch erfahren, dass es massive Hackerattacken aus der Westlichen Welt auf die Seite gegeben hat, um sie lahm zu legen, offenbar um dann behaupten zu können, die Seite wäre gesperrt. Es ist davon auszugehen, dass jene Attacken auch andere Seiten betroffen haben.
Des Weiteren wird behauptet, dass “hohe Geistliche”, wie Montezari zum Umsturz aufgerufen hätten, da sie das System massiv kritisiert hätten. Manche deutsche Zeitung rühmt sich mit einem Interview mit jenem Geistlichen, der zur Zeit von Ay. Chomeini wegen seiner Verwicklung in US-Beziehungen entmachtet wurde. Fällt aber niemandem auf, dass die massive Kritik jenes Geistlichen im Iran erfolgt und ohne Probleme? Welches System hat wahre Meinungsfreiheit? Was würde in Deutschland mit einem “Geistlichen” geschehen, der zum Umsturz aufruft?
Eine weitere Spekulation ist, dass der Expertenrat in Qum geheim tagen würde und Rafsandschani, der sich derzeit dort angeblich aufhalte, versuche eine Art geheimen Umsturz zu fabrizieren. Bedauerlicherweise schreibt darüber das u.a. die sonst für seine Seriosität bekannte Telepolis. Dort ist von “geheimen Treffen” des Expertenparlaments in Qum die Rede, für die sich Rafsandschani im Qum aufhalte. Leider wird hier einmal mehr die Unkenntnis über die Verhältnisse im Iran deutlich. Zwar befindet sich im Qum die Theologische Hochschule. Aber die über 80 Geistlichen des Expertenparlaments sind über das gesamte Land und sogar das Ausland verteilt. Nur eine kleine Minderheit von einer Handvoll Gelehrten befindet sich in Qum. Würden sich dort die berühmtesten Gelehrten des Landes – teils aus dem Ausland angereist – allesamt herumbewegen, könnte von einem “geheimen Treffen” kaum die Rede sein. Selbst wenn die sich allesamt in irgendwelchen Kellern verstecken würden, müsste zumindest auffallen, dass sie allesamt nicht an ihren eigentlichen Wirkungsorten sind. Das aber ist nicht der Fall.
Hingegen ist es wahr, dass die Tochter von Rafsandschani gestern zeitweilig als Anführerin einer “Oppositionsveranstaltung” festgenommen wurde. Die Bevölkerungen der Westlichen Welt müssen sich die Frage stellen, auf welcher Seite sie eigentlich stehen wollen – nicht nur im Iran: Auf der Seite von Milliardären oder auf der Seite des Volkes. Die Regierungen der westlichen Welt haben klar gemacht, auf welcher Seite sie beim Machtkampf Milliardäre gegen die Weltbevölkerung stehen. Und die Bevölkerungen müssen sich die Frage stellen, ob sie weiterhin jene Regierungen wiederwählen wollen.
Die aktuelle Entwicklung im Iran ist ein Selbstreinigungsprozess, der mehr Westliche Einflussmöglichkeiten zerreißen wird, als der Westen im letzten Jahrzehnt in mühevoller Kleinarbeit aufgebaut hat. Es ändert sich aber nichts an der Grundproblematik: Westliches Herrenmenschengebahren in Politik und Medien schadet nicht nur den Ländern, die man beeinflussen möchte, sondern auch der eigenen Bevölkerung. Und es wird niemals Frieden ohne Gerechtigkeit geben, weder im Iran noch in Deutschland. Wahlunterlegene Parteien haben nicht das Recht, aufgehetzt durch die Westlichen Welt Aufstände zu proben und ganze für den Westen unliebsame Systeme stürzen zu wollen! Die Welt kann sich jetzt vorstellen, was wohl im Libanon passiert wäre, hätte die Hizbullah knapp gewonnen.
Trotz all der Probleme, die im Iran entstanden sind, sind aber die allermeisten Iraner dankbar für die Entwicklung, denn sie konnten sich nicht nur enger mit ihrem System verbinden und zudem ihre eigene langsamere Entwicklung wieder beleben, sondern haben auch das entlarvte Gesicht aller Gegner des Islamischen Systems offen vorgeführt bekommen.
Bundeskanzlerin Merkel hat etwas geschafft, was viele Bundeskanzler vor ihr nicht geschafft haben: Deutschland wurde im iranischen Parlament in einem Atemzug mit England und Frankreich genannt in ihrer imperialistischen Intervention gegen den Iran. Es stellt sich auch hier die Frage, wem die Agitation der Bundeskanzlerin nützt? Seit wann hat ein Regierungschef in Deutschland irgendein Recht dieser Welt, Neuauszählungen in einem anderen Land zu verlangen? Es ist dieser Bundeskanzlerin zuzutrauen, dass sie Deutschland im Iran noch vor Frankreich, England, USA und Israel in der Antipathieliste aufsteigen lässt. Es ist dem Bundesbürger überlassen, dieses weltweite Auftreten – nicht nur im Iran – zu beenden und Deutschland wieder zum Freund der Völker zu machen, der nicht Soldaten und unverschämte Forderungen herumsendet, sondern partnerschaftliche Gerechtigkeit und wahre Entwicklungshilfe für die Länder, die es mehr danken als die Wirtschaftsbosse, die bisher von einer heuchlerischen Entwicklungshilfe profitiert haben.
Deutschland muss wieder ein Land für Frieden in der Welt werden und nicht ein Land der kriegerischen Agitation an der Seite der USA. Die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland teilt diesen Gedanken; sie muss aber auch ihrer Verantwortung gerecht werden und diesem Gedanken in Wahlen Ausdruck verleihen.