Dynamischer Islam zur Läuterung der Muslime in Deutschland

Von Yavuz Özoguz am 03. Juni 2009 11:39:39:


Dynamischer Islam zur Läuterung der Muslime in Deutschland

Eine der herausragenden Besonderheiten des Islam bestand stets darin, dass er eine dynamische Religion war und ist für dynamische Menschen, die sich entwickeln und läutern mögen.

Sehr viel können Muslime – aber auch Nichtmuslime – aus der authentischen islamischen Geschichte lernen, wenn sie nur den Blick in die wahrhaftigen Entwicklungen werfen und nicht in gewaltlüsterne Herrscherdynastien.

Ein viel zu selten betrachtetes Vorbild für unsere heutige Zeit stellt die erste oder kleine Auswanderung einer Gruppe von Muslimen nach Abessinien dar. In der heutigen Sprache könnte man sagen, dass eine Gruppe von Flüchtlingen aus dem damals zumeist heidnischen Arabien Asyl im christlichen Abessinien, dem heutigen Äthiopien, gesucht hat. Unter Führung von Dschafar ibn Ali, auch bekannt als Dschafar Tayyar, dem Bruder von Ali ibn Abi Talib und dem vom Propheten mit besonderen Auszeichnungen bedachten Flüchtlingsanführer, floh eine Gruppe von Unterdrückten aus der arabischen Halbinsel zum Herrscher im benachbarten Abessinien. Zwar hatte der Negus, der christliche König von Abessinien die Flüchtlinge zunächst aufgenommen, aber über ihren Aufenthaltsstatus ward noch nicht entschieden. Sie befanden sich sozusagen in Aufnahmelagern für Asylanten. Sehr deutlich war klar, dass ein Teil der Flüchtlinge “Wirtschaftsflüchtlinge“ waren. Zuhause unterdrückt und dem Hungertod bzw. Krankheiten ohne Versorgung ausgesetzt, suchten sie ihr Heil im reicheren Nachbarland. Einem anderen Teil wurde Terrorismus vorgeworfen. Ein Abgesandter des damals heidnischen Mekkas kam extra nach Abessinien gereist, um die Auslieferung von “Terroristen“ zu verlangen. Ihnen wurde vorgeworfen, die alten Götzen zu beleidigen und einen einzigen neuen Gott anzubeten, der dazu auch noch unsichtbar sein sollte; wahrlich deutliche Kennzeichen von Terrorismus. Bis hierher wirkt die Geschichte gar nicht wie eine Geschichte aus dem 7. Jh. n.Chr. sondern könnte auch heute so ablaufen.

Was aber dann damals geschah, hat einen beispielhaften Charakter, wie es der bedeutende Botschafter eines bedeutenden muslimischen Landes letztens in Deutschland vorgetragen hat. Dschafar Tayyar und die Mutigen und in ihrer Religion Kenntnisreichen trugen dem christlichen Negus die Geschichte von Maria und Jesus im Heiligen Qur´an vor und brachten ihn vor Rührung zum Weinen! Um nichts in der Welt war der Negus weiterhin bereit, jene Asylanten auszuliefern! Ihr Asylgrund wurde anerkannt. Sie erhielten eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Viele kehrten später zurück. Einige blieben dort und waren die erste Gemeinde von Muslimen, die durch ihr anständiges Verhalten, ihr wunderbares Vorbild zum Islam in Afrika beitrugen, noch lange bevor es zu irgendwelchen kriegerischen Auseinandersetzungen kam.

Noch anschaulicher wird die Wirkung des Islam, wenn man sich die ersten Keimzellen in Indien und Indonesien anschaut. Dort kamen zuallererst Händler an. Sie überzeugten durch Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit, besonders menschliche Umgangsformen, menschenwürdige und faire Geschäfte und auf Gleichberechtigung aufbauende Handelsbeziehungen. Ihr Auftreten war derart überzeugend, dass viele ihrer Handelspartner allein deshalb den Islam annahmen. Große Teile Indiens und Indonesien hatten sich dem Islam zugewandt, noch lange bevor irgendein Schwert dort im missbrauchten Namen eines Gottes für oder gegen irgendetwas, aber vor allem um Macht kämpfte!

Schauen wir nun auf unsere Situation in Deutschland. Auch hier gibt es alle jene Muslime, die damals geflohen oder gereist sind. Aber wie wirken wir Muslime in dieser Gesellschaft? Überzeugen wir die immer noch bestehenden christlichen parlamentsabgeordneten des Bundes und der Länder, die Regierungen und Verantwortungsträger dadurch, dass wir Jesus und Maria derart verehren, dass wir die heutigen “Negusse“ vor Entzückung zum Weinen bringen? Geben wir unseren Moscheen die Namen von Liebe und Faszination, von Einladung zum Islam oder die Namen von irgendwelchen Machtherrschern und Eroberern? Überzeugen wir durch unsere besondere Disziplin, Aufrichtigkeit, Fairness im Handel, Anstand; Pünktlichkeit und Sauberkeit?

Wie wäre es, wenn Muslime in diesem Land dadurch auffallen, dass sie die kleinen Läden stützen und schützen, die vielen kleinen Läden, die zwar 5% teurer sind, als der Supermarkt, aber Menschlichkeit ausstrahlt. Oder fallen unsere Kopftuchträgerinnen besonders dadurch auf, dass sie bei Schlussverkäufen und Schnäppchen als erste in der Verkaufsthekenschlacht mitmischen? Sind muslimische Autohändler dadurch gekennzeichnet, dass sie im Gegensatz zu manch anderem Händler nicht Autohandel als Betrug am Käufer verstehen, sondern besonders berühmt dafür sind, fairer zu handeln?

Überhaupt, wie ist es mit den Geschäftbeziehungen von Muslimen hier? Sind die praktizierenden Muslime besonders bekannt dafür, dass sie pünktlich sind, dass sie die beste Zahlungsmoral haben und niemanden übervorteilen?

Und wie ist es mit der Sauberkeit der Muslime. Weiß jeder in Deutschland, dass Muslime und Muslimas in jeder Hinsicht mehr auf ihre Sauberkeit achten, z.B. durch die Waschungen nach Stuhlgängen und Urinieren und ihre Häuser aber auch der Bereich vor ihren Häusern durch besondere Sauberkeit glänzt? Sind die Toiletten der Moscheen schöner und sauberer als Toiletten in allen anderen öffentlichen Einrichtungen?

Wie sind die Familienbeziehungen? Beruhen sie auf Liebe und Barmherzigkeit? Zeigen wir der Mehrheitsgesellschaft, dass der Islam eine gewaltfreie Erziehung lehrt und muslimische Kinder deshalb niemals geschlagen werden? Verdeutlichen wir, dass die Beziehungen zwischen Mann und Frau in jeder Hinsicht die schönsten sind im Islam und junge Muslime und Muslimas stets voller Respekt gegenüber anderen Menschen, insbesondere dem anderen Geschlecht agieren, unabhängig davon, welcher Religion sie angehören?

Und falls wir Missstände in einem der oben genannten Bereiche erkennen, setzen wir uns dann dafür ein, dass sie behoben werden? Gehen wir auf Machos, undisziplinierte Muslime, Pascha-erziehende Mütter und Väter, Möchtegernpaschas in jungen Jahren, unterdrückte Schwestern und vieles andere mehr zu, um zumindest mit unserem Herzen, mit unseren Gebeten und verbal, aber vor allem mit unserem guten Beispiel, für eine Verbesserung einzutreten? Verhindern wir aktiv Zwangsehen und so genannte Ehrenmorde, indem wir bei den leisten Anzeichen einer solchen Gesinnung dagegen argumentieren?

Ist unsere Hilfsbereitschaft größer als diejenigen der Durchschnittsbevölkerung, so dass jeder sofort gerne Muslime um Hilfe bittet, wenn er Hilfe benötigt? Und setzen wir uns für diese Gesellschaft und unsere Heimat in Deutschland oder Österreich ein?

Kennen wir den Islam so gut, dass wir ihn faszinierend herüber bringen können? Haben wir die Sprache des Landes, in dem wir leben, so gut gelernt, dass wir uns vernünftig artikulieren und den Islam vertreten können? Können wir mit dem Glauben an den einen Gott eine suchende Gesellschaft beglücken, die von den Kirchen im Stich gelassen wird? Die Kirchen haben doch schon längst abgewirtschaftet. Erst kürzlich bei einer Trauerveranstaltung sprach eine evangelische Pastorin von der Ungerechtigkeit, die einem noch vergleichsweise jungen Menschen widerfahren war, der “zu jung“ an Krebs gestorben ist. Solche Pastoren und Kirchenvertreter haben doch ihren eigenen Glauben nicht verstanden und stellen doch nur noch ein abgewracktes Glaubensdesaster dar, das keine einzige ernsthafte Frage der Ungerechtigkeit der Gegenwart befriedigend beantworten kann. Aber sind wir Muslime hinreichend ausgebildet, um diese Fehler aufzuzeigen? Können wir eine vernünftige Alternative anbieten, die aufgeklärte Menschen annehmen können, oder besteht unser Alternative ebenfalls in Widersprüchen und/oder Aberglauben?

Wenn wir obige Fragen größtenteils positiv und konstruktiv beantworten können, dann ist es nicht unsere Schuld, dass islamophobe Verrückte, propagandistische Orientalisten und kriegslüsterne Politiker dennoch gegen den Islam und die Muslime erfolgreich agieren können. Wenn wir aber die Mehrzahl der obigen Fragen ehre traurig beantworten müssen, dann sind wir gehörig mitschuld an der Entwicklung, die wir selbst korrigieren müssen, durch unser Verhalten!

Der Islam ist eine Alternative für die Hoffnungslosigkeit, in welche die heutige westliche Welt zusteuert. Wir Muslime hingegen sind es größtenteils (noch) nicht! Daher müssen wir sehr viel an uns selbst arbeiten und uns selbst läutern; jeder für sich und bei sich. Und erst wenn wir verstehen, dass ein wahrer “Diener“ Gottes sich durch den “Dienst“ auszeichnet, und zwar durch den Dienst am Menschen, haben Muslime eine Chance die heutige Situation in Nordeuropa zu überwinden. Und dann wird der dynamische Monotheismus auch Christen helfen, Jesus und Maria besser zu verstehen und zu verehren.