Es ist eine Tragik der Geschichte, dass diejenigen, die die schlimmsten Schandtaten verüben, sich selbst dadurch frei zu sprechen suchen, indem sie genau jene Schandtaten ihrem Gegenüber anlasten. Der Antisemitismus ist ein Paradebeispiel dafür. Es ist kein Zufall, dass es heute noch den Schlachtruf “Hip! Hip! Hurrah! Überall in Deutschland zu hören gibt. Er wird zwar nicht mehr ganz so martialisch verwendet, wie in seiner Anfangszeit, sondern eher in Fußball- und Kegelvereinen wie bei Saufgelagen, aber der Ausspruch hat seinen Ursprung in der europäischen antisemitischen Geschichte und erstaunlicherweise kennt heute kaum noch jemand den Ursprung. Nicht einmal der Zentralrat der Juden in Deutschland protestiert gegen jene Parole. Und so ist dieser Ausspruch einer von vielen unbewusst verwendeten Zeugnissen des eigenen Antisemitismus.
Die heutige Aussprache “Hip“ geht auf die lateinische Abkürzung “Hep“ zurück. Und H.E.P stand für “Hicrosolyma Est Perdita“. Ursprünglich geht die Aussage wohl auf das zweite Jahrhundert nach Jesus – der Friede sei mit ihm – zurück, als die Römer Jerusalem belagerten. Es war wohl Hadrian der nach der Verwüstung Judäas im römischen Senat auftrat und sagte “Jerusalem ist zerstört“ (Hicrosolyma Est Perdita), worauf die Senatoren mit einem lauten “Hurra“ antworteten. Vorausgegangen waren unvorstellbare Täuschungen der einheimischen Juden im Heiligen Land. So wurde ihnen versprochen, dass der in Trümmern liegende Tempel wieder aufgebaut werden sollte, aber in Wirklichkeit sollte der neue Tempel Jupiter geweiht werden. Hadrian verbot die Beschneidung der Jungen und schlug einen drei Jahre lange andauernden Aufstand brutal nieder. Berichten zufolge wurden fast 600.000 Juden ermordet, darunter viele Frauen und Kinder. Fast 1000 Dörfer wurden dem Erdboden gleich gemacht. Hadrian ließ jüdische Gelehrte hinrichten und Juden mussten selbst ihre heiligen Schriftrollen auf dem Tempelberg verbrennen.
Der Schlachtruf “Hip! Hip! Hurrah!“ erreichte aber erst im Mittelalter den heutigen Bekanntheitsgrad. Immer, wenn in den Kreuzzügen ein “Erfolg“ gegen Jerusalem verbucht werden konnte, wurde er mit jenem Schlachtruf quittiert: “Erfolg“ für die im missbrauchten Namen des Christentums agierenden Kreuzritter, dass sie die Muslime besiegt und die unter deren Schutz stehenden Juden abgeschlachtet hatten. Das war also die Ursache für ein Hip! Hip! Hurrah!
Juden erhielten nicht im Orient unter muslimischer Herrschaft (oder in Andalusien) Berufsverbote und wurden geächtet, sondern in Europa! Bei der Vertreibung von Muslimen aus Spanien wurden auch Juden gnadenlos abgeschlachtet, was aufgrund des erheblich größeren muslimischen Leids in Vergessenheit gerät. Jener europäische Hass mündete in das unvorstellbare Massaker Hitlers an Juden mit der Begründung, sie seinen eine “Rasse“. Bis in das 19. Jahrhundert hingegen hatten sich Juden nie als “Rasse“ verstanden, sondern als Religionsgemeinschaft. Mit dem Begriff “Rasse“ konnte man damals in der islamischen Welt ohnehin kaum etwas anfangen, waren doch Muslime von Anfang an eine „Multi-kulti-Gesellschaft“ mit gleichen Wertenormen.
Es waren Europäer, die Juden gejagt haben, es waren Europäer, die nach Jerusalem eingedrungen sind und dort Juden abgeschlachtet haben, es waren Europäer (und nicht nur Deutsche) die Juden in Konzentrationslager gesteckt und ermordet haben. Es waren Europäer, die Palästina besetzt haben. Es waren Europäer, die besetztes Land an eine Bevölkerung verschenkt haben, die dort gar nicht ansässig war! Und es wären Europäer, die im missbrauchten Namen des Judentums dort eingereist und die einheimische Bevölkerung verjagt haben. Und heute sind es u.a. Europäer, die jenes Unrecht mit allen Mitteln aufrecht erhalten; auch auf Kosten palästinensischer Christen!
Da ist von einem “Judenstaat“ die Rede. Aber niemand traut sich zu hinterfragen, was das eigentlich bedeutet? In Israel leben über 20% Nichtjuden, die sich zudem schneller vermehren als die jüdische Bevölkerung. Wollte man wirklich eine “Zwei-Staaten-Lösung“, die faktisch als Hinhaltetaktik dazu dient, Palästinenser ihres gesamten Landes zu berauben, dann müsste man Palästinenser verschleppen, um den “jüdischen“ Charakter des Staates Israel – wie es heißt – zu bewahren. Ist das die Lösung?
Und geht es hier eigentlich wirklich um das Judentum? Welches Judentum schickt Frauen in Kriege? Welches Judentum lässt Homosexuellen-Parties auf den Straßen von Jerusalem feiern? Welches Judentum lässt es zu, dass die Ehe zu einer Randerscheinung der Gesellschaft degradiert und Pornographie im Heiligen Land produziert wird? Welches Judentum lässt zu, dass man Nichtjuden willkürlich enteignet, ihr Land verschenkt und die Bewohner vertreibt? Welches Judentum lässt es zu, dass man Kinder bombardiert? Welches Judentum lässt es zu, dass bekannte Persönlichkeiten im Land aufstehen und ungestraft behaupten, 1500 Nichtjuden seien nicht so viel wert wie der Fingernagel eines Juden? Welches Judentum droht sämtlichen Nachbarn mit Krieg, überzieht viele mit Krieg, hält Jahrzehntelang fremde Gebiete besetzt und droht sogar mit Atomwaffeneinsatz? Was hat das alles mit der Religion des Judentums zu tun?
Warum fällt kaum jemanden auf, dass die so genannten jüdischen Lobbyverbände, seien sie in den USA oder in Deutschland, kaum an der Verbreitung und Aufklärung über jüdische Werte- und Moralvorstellungen interessiert sind, sondern fast ausschließlich am Zionismus? Das Judentum ist eine mehrere Tausend Jahre alte Religion. Der Zionismus ist eine aus dem rassistischen Nationalismus der Europäer heraus entstandene Ideologie, die noch keine zweihundert Jahre alt ist. Welches Judentum verbietet es Juden gleichberechtigt mit Nichtjuden in einem Staat zu leben? Und welche Logik der Welt führt dazu, dass Judentum und Zionismus gleich gesetzt wird, wenn doch nicht alle Juden Zionisten und nicht alle Zionisten Juden sind? Lebt hier nicht der alte europäische Rassenwahn in neuer Form weiter?
Aktuell erscheint bei genauer Analyse der Medien in Europa eine neue Frage hinsichtlich der Region sehr dominant: Wann wird Israel die iranischen Atomanlagen angreifen? Was selbst in Israel nicht in diesem Maß in den Vordergrund gestellt wird, erscheint in westeuropäischen Medien als geradezu ultimative Fragestellung, die sich immer weiter in ein Kriegsszenario steigert, bei dem eine gewisse “Genüsslichkeit“ der Schreiber zwischen den Zeilen herausgelesen werden kann. Aber wäre solch eine Angriff wirklich im Interesse von Juden in Jerusalem? Ist überhaupt alles, was derzeit geschieht – mit all dem undifferenzierten Hass der gegen Juden in der Region tagtäglich erzeugt und gesteigert wird – wirklich im Interesse des Judentums und der Juden in Jerusalem?
Um obige Fragen beantworten zu können, ist erneut der Blick in die Geschichte von großer Bedeutung! Denken praktizierende und gläubige Juden ernsthaft, dass jene Ideologien und deren geistige Nachkommen, die sie 2000 Jahre lang gehasst haben, sie heute lieben? Glauben praktizierende und gläubige Juden angesichts der sich in Europa tagtäglich ausbreitenden Islamhetze tatsächlich, dass sie jetzt mehr anerkannt und geliebt sind, falls sie ihren Glauben praktizieren? Glauben religiöse Juden, deren Frauen ihre Haare bedecken, die ausschließlich koscher speisen, die ihre Kinder geschlechtsgetrennt unterrichten, die beten und fasten und dem anderen Geschlecht die Hand nicht geben, tatsächlich, dass sie heute damit besser ankommen bei den europäischen Bevölkerungen als früher?
Eine sehr bedeutsame Frage muss in diesem Fall gestellt und analysiert werden: Kann es nicht sein, dass das Judentum als Vorposten europäischer Herrenmenschenideologie und im Zuge des rassistischen Imperialismus brutal missbraucht wird, um Muslime und ihre rohstoffreichen Regionen zu beherrschen? Ist denn noch nie aufgefallen, dass die lautesten Hetzer für Zionismus in vielen Fällen sehr wenig mit der Religion des Judentums zu tun haben, sondern das Judentum eher als eine Art ethnisches Merkmal (was man früher Rasse nannte) verstehen? Der europäische Rassismus projiziert in einen zionistischen Rassismus führt Krieg um Jerusalem. Aber haben das Römer und Kreuzzügler nicht genau so gemacht? Opfer war stets die einheimische Bevölkerung in der Region. Sind es wirklich gläubige und praktizierende Juden, die heute Jerusalem besetzt halten, oder eher europäische Rassisten?
Schließlich lehren das Judentum, das Christentum und der Islam, dass es keine “Rassen“ unter Menschen geben kann, da alle Menschen vom gleichen Urvater und der gleichen Urmutter abstammen. Wird es nicht Zeit, dieser wahrhaftig menschenfreundlichen Ideologie weltweit zum Sieg zu verhelfen? Juden, Christen und Muslime haben das Potential, in Jerusalem gemeinsam für Frieden und Liebe einzutreten und die Stadt zum wahren Hort für Frieden, zur Stadt des Friedens, zu gestalten. Dazu müssen zuerst die Mauern in den Köpfen und dann ihre wachsende Mauern in den Ländereien abgerissen werden. Wichtig dabei ist es zu verstehen, dass keine Organisation, die im Missbrauchten Namen des Judentums, des Christentum oder des Islams agiert, jegliche Berechtigung hat, sich einzumischen, so lange sie nicht für die Gleichberechtigung der Menschen eintritt.
Der Schlachtruf “Hip! Hip! Hurrah!“ ist ein europäischer Schlachtruf. Der Name “Jerusalem“ (Ort des Friedens) oder “Al-Quds“ (Die Heilige) sind orientalische Namen für einen Ort, der zum Symbol für alle Konflikte der Welt geworden ist. Gelingt es, dem Namen der Stadt ihre wahre Bedeutung wieder zu geben, dann kann Frieden für alle Menschen eingeläutet werden. Gelingt es aber nicht, dann werden Europäer und ihre Nachfahren unter den US-Amerikanern jenes Land weiterhin missbrauchen, um die Welt beherrschen zu wollen.
Es wird Zeit, dass auch Juden verstehen, wie sie missbraucht werden in einem perfiden Herrschaftssystem, das den Reichen und Mächtigen dient und nicht den Armen und Unterdrückten der Welt. Aber sämtliche Propheten des Judentums, des Christentums und des Islams, haben sich stets gegen die Reichen und Mächtigen und für die Armen und Unterdrückten engagiert! Das sollte auch bei dem heuchlerisch anmutenden Gefasel um ein angeblich “jüdisch-christliches Erbe“ nie vergessen werden! Nur diejenigen, die sich für die Unterdrückten der Welt engagieren und nicht für die Unterdrücker, können das Judentum, Christentum oder Islam vertreten. Und die Unterschiede zwischen den Religionen wird man leichter überwinden können, als eine rassistische Ideologie des Herrenmenschengedankenguts.
Entsprechend könnte man die alte Parole “Hip! Hip! Hurrah!“ ersetzten durch neue Parolen:
Juden, Muslime und Christen, Hand in Hand gegen Zionisten.
Juden, Christen und Muslime Hand in Hand, Frieden für das Heilige Land.