Der Westen hat seine Definitionshoheit für Rassismus verloren
Ausgehend von einer Geschichte des Herrenmenschendenkens haben die Vertreter der Westlichen Welt auf der Anti-Rassismuskonferenz immer noch nicht verstanden, dass die Zeit ihrer Vorherrschaft zu Ende ist. Entweder werden die Herrscher der Westlichen Welt zukünftig einen neuen Kurs der Kooperation anstreben müssen oder ihre eigenen Völker in die weltweite Isolation treiben.
Gestern also hielt der iranische Präsident Ahmadinedschad seine erwartete Rede. Und sie richtete sich u.a. gegen den Zionismus; wer hätte es anders erwartet. Bereits vor der Konferenz hatten sich eine Handvoll Staaten auf die Seite des Zionismus geschlagen und die gesamte UN-Konferenz boykottiert; darunter auch Deutschland. Während der Rede standen weitere Vertreter ausschließlich Westlicher Staaten auf und verließen unter Protest den Saal. Viele deutsche Medien berichteten von den angeblich “schlimmsten“ Entgleisungen, die Ahmadinedschad geäußert haben soll. Dabei wurden stets folgende Sätze unverändert von den Nachrichtenagenturen abgeschrieben:
[Zitat der Nachrichtenagenturen] Er (Ahmadinedschad) sprach von einer "völlig rassistischen Regierung" Israels. Der Staat Israel sei unter dem "Vorwand jüdischen Leidens" im Zweiten Weltkrieg gegründet worden. Eine ganze Nation sei heimatlos geworden, meinte er unter Hinweis auf Palästina. "Zionisten" und ihre Verbündeten hätten den Krieg im Irak geplant. Der Zionismus sei der "personifizierte Rassismus".[Zitat Ende]
Das also waren die schlimmen Sätze, die zu einer bereits vorbereiteten Medienkampagne gegen den iranischen Präsidenten geführt haben. Aber was war so extrem falsch an seinen Äußerungen?
Ist der israelische Außenminister Liebermann jetzt kein Rassist mehr, weil ihn der iranische Präsident so genannt hat? Ist der Ministerpräsident Israels Netanjahu, der jegliche Staatsgründung für Palästina ablehnt und Druck auf die Bewohner des Gazas ausübt u.a. mit dem Ziel sämtliche Palästinenser dazu zu nötigen, Israel als “jüdischen“ Staat anzuerkennen, jetzt ein Vertreter für Menschenrechte und Antirassismus, weil ihn der iranische Präsident kritisiert hat? Und ist der israelische Kriegsminister Barak, der noch vor kurzem einen Krieg kommandiert hat, bei dem auf der anderen Seite 1500 Menschen getötet wurden, darunter zumeist Zivilisten, Frauen und Kinder und auf der eigenen Seite 20 Menschen umkamen, jetzt ein Friedensengel, der nicht mehr kritisiert werden darf, weil ihn ein Iraner kritisiert hat? Oder anders gefragt: Selbst wenn Ahmadinedschad die personifizierte Feindschaft zur Westlichen Welt und Boshaftigkeit der Weltgeschichte wäre, würden dann seine wahren Aussagen unwahr werden? Wird Israel dadurch weniger rassistisch, dass man Israels Rassismus öffentlich beklagt? Und gibt es für die Westliche Welt überhaupt keine Grenze des Verhaltens Israels, das sie nicht mehr mittragen würde?
Und ist denn Israel nicht mit dem "Vorwand jüdischen Leidens" im Zweiten Weltkrieg gegründet worden? Jene Aussage sagt doch gar nichts darüber aus, ob es jenes Leiden gegeben hat oder nicht! Ist es denn so absurd zu behaupten, dass selbst wenn der Massenmörder Hitler 10 Millionen Menschen einer bestimmten Menschengruppe vergast oder auf sonstigem Weg grausam ermordet hätte, Vertreter jener Menschengruppe dennoch niemals das Recht erhalten hätten, andere zu vertreiben? Ist die Feststellung, dass Palästinenser ihre Heimat verloren haben, so unerträglich für die Westliche Welt, die ihre besetzten Gebiete nach belieben zu verschenken gewohnt war?
Und wenn Ahmadinedschad behauptet, dass "Zionisten" und ihre Verbündeten den Krieg im Irak geplant haben, dann zitiert er doch letztendlich nur westliche Nachrichtenagenturen. Wurde nicht selbst in der Westlichen Welt darüber diskutiert, dass unter dem Ex-Präsidenten der USA Bush die so genannte Israel-Lobby einen enorm starken Einfluss hatte? Und ist “Zionisten“ nicht lediglich eine andere Bezeichnung für Israel-Lobby? Wer zweifelt daran, dass Bush jenen Krieg angezettelt und damit der gesamten Welt geschadet hat; von den Millionen irakischer Opfer ganz zu schweigen? Warum darf man das nicht erwähnen, wenn jene Grausamkeiten von einer bestimmten Ideologie ausgehen, die glaubt “Geburtsrechte“ über Ländereien zu haben, die anderen gehört haben? Was ist eine Rassismuskonferenz wert, wenn man den Rassismus Israels nicht kritisieren darf?
Und wenn Ahmadinedschad dann auch noch sagt, dass der Zionismus der personifizierte Rassismus sei, dann möge man doch der Welt – und vor allem den Muslimen – in aller Sachlichkeit erklären, dass dem nicht so ist, damit Ahmadinedschads Aussagen widerlegt werden; nicht durch Protestgeschrei und Stühlerücken, sondern durch Argumente. Wenn Zionisten behaupten, dass Christen und Muslime keine vollwertigen Israelis sind und daher niemals gleichwertige Staatsbürger Israels sein können, dann mögen jene Protestwestler doch einmal in aller Sachlichkeit erklären, worin sich der Zionismus von Rassismus unterscheidet! Wenn in Hebron eine Handvoll zionistische Siedler hunderttausende der einheimischen nichtjüdischen Bewohner jahrelang unbehelligt und unter dem Schutz von Soldaten drangsalieren dürfen, dann möge man dem unwissenden Beobachter einmal erklären, warum das kein Rassismus sein soll. Wenn die Grabstätte eines Zionisten, der mit seinem Maschinengewehr auf unbewaffnete in einer Moschee betende Menschen geschossen und viele ermordet hat, als Pilgerstätte von Zionisten genutzt wird, dann möge man der Welt erklären, warum das kein Rassismus ist. Wenn jeder Amerikaner, Australier, Deutscher und Franzose, der Jude ist und nie in Palästina war, mehr Rechte in Israel hat als einheimische Palästinenser, dann möge man doch sachlich erklären, warum das kein Rassismus ist. Wenn all das und noch viel mehr kein Rassismus sein soll, warum versteht es dann nur der geistige Nachkomme der Herrenmenschenideologie aber die Mehrheit der Völker nicht? Oder anders gefragt, hat die Westliche Welt ein Monopol und Deutungshoheit über die Definition von Rassismus gegen die absolute Mehrheit der Bürger und Nationen der Welt?
Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy protestierte scharf gegen die Rede Ahmadinedschads. Ahmadinedschad rufe zum Rassenhass auf, behauptete er. Jene Aussage ist von großem Interesse, da Ahmadinedschad ausschließlich gegen die Vertreter einer bestimmten Ideologie, dem Zionismus, protestiert hat. Wenn das ein Aufruf zum Rassenhass sein sollte, dann glaubt Sarkozy offenbar, dass Zionisten eine Rasse seien! Wäre das nicht das offene Eingeständnis einer extrem rassistischen Denkweise?
Zudem melden die Nachrichtenagenturen, dass etwa 40 europäischer Delegierte unter Protest den Sitzungssaal verlassen hätten. Hierbei soll der Eindruck erweckt werden, dass recht viele Staaten sich dem Protest angeschlossen hätten. In Wirklichkeit waren mehrere Delegierte aus jeweils einem Staat beteiligt am gemeinsamen abgesprochenen Protest. Ja, die Nachkommen der Staaten, die am deutlichsten einstmals das Herrenmenschen denken weltweit verbreitet und Kolonialismus betrieben haben, haben den Saal verlassen (oder waren gar nicht erst angereist). Aber Vertreter von weit über 100 Staaten haben den Saal nicht verlassen!! Russland hat den Saal nicht verlassen, Indien und China auch nicht. Kein einziger asiatischer Staat, kein Afrikaner, kein Südamerikaner ist aufgestanden! Wer ist hier isoliert?
Bisher wähnte sich die Westliche Welt im Besitz der Definitionshoheit. Wenn der Westen bestimmte, was Rassismus ist, dann hatte die ganze Welt dem zu folgen, und wenn die Westliche Welt Israel für alle Zeiten von jeglichem Rassismus freigesprochen hat, selbst wenn die Medien den offen ausgetragenen Rassismus gar nicht mehr verleugnen können, dann hatte die Welt das gefälligst zu schlucken. Aber die Zeiten sind vorbei! Die geistigen Nachkommen der Herrenmenschen haben zwar noch nicht verstanden, dass die Welt sie nicht mehr als Herren akzeptiert, aber solche Konferenzen verdeutlichen dann, dass es die Westliche Welt ist, die sich selbst zunehmend isoliert!
Eine rassistische Ideologie wird nicht dadurch antirassistisch, dass die Westliche Welt es so definiert, und eine wirklich antirassistische Ideologie würde durch die Rede eines iranischen Präsidenten keinen Schaden nehmen, denn niemand würde ihm glauben. Es ist die Situation, dass eine rassistische Ideologie ihren Rassismus deshalb so ungestraft jahrzehntelang ausüben konnte, weil die herrschenden Nationen der Welt den Rassismus mitgetragen haben. Jetzt aber, da ein Staatspräsident es wagt offen auszusprechen, was ohnehin fast jeder weiß, droht die Nacktheit des Kaisers aufzufliegen.
Ein “Judenstaat“, ein “Christenstaat“ oder ein “Muslimenstaat“ wäre genauso Rassismus, wie ein Weißenstaat, oder ein Schwarzenstaat. In allen genannten Beispielen ist die Situation klar für jeden Leser! Nur beim “Judenstaat“ traut sich kaum jemand, es in der Westlichen Welt auszusprechen. Dabei ist Israel als selbsternannter “Judenstaat“ ein fürchterlicher Missbrauch des Judentums für rassistische Zwecke! Alle jene, die Zionismus und Judentum gleich setzen, sind die wahren Vertreter des Antisemitismus, den es auf jener Konferenz ebenfalls zu bekämpfen gilt. Insofern war es konsequent, dass neben den USA und Israel auch Deutschland nicht an der Konferenz teilnimmt, denn mit der heutigen Auffassung ihrer führenden Politikerriege hat Deutschland auf jener Konferenz nichts verloren!