Welche Nationalität haben Muslime in Deutschland?[/size]
[size=150]Eine oft wiederkehrende Frage an Muslime mit deutscher Staatsangehörigkeit ist, welcher Nation sie angehören bzw. welche Nationalität sie haben. Sicher scheint nur, dass sie keine "echten" Deutschen sein können, aber welche Nationalität haben sie?
Bevor man über die Nationalität nachdenkt, bedarf es einer klaren und nachvollziehbaren Begriffsdefinition. Nationalität ist die Zugehörigkeit zu einer "Nation". Und schon steckt man in einem gewissen Dilemma. Denn der Begriff "Nation" im heutigen Sinn ist noch gar nicht so alt. Z.B. gibt es in der gesamten Bibel keine einzige Begrifflichkeit, welche man mit dem heutigen Verständnis von Nation übersetzen könnte. Die sich gegenseitig bekämpfende Völker im alten Testament mischen sich immer wieder. So gesehen hat es also am Anfang des Christentums die Deutschen als "Nation" im heutigen Sinn noch gar nicht gegeben, selbst wenn rechtsradikale verblendete stets eine mehrere Tausend Jahre alte Geschichte zusammenbasteln - und zwar nicht nur bei Deutschen.
Heute versteht man unter Nation die Einteilung und damit auch Unterscheidung von Menschen in Gruppen und Gemeinschaften, die sich über kulturelle Merkmale wie: Sprache, Tradition, Sitten, Gebräuche, Abstammung, u.ä. definieren sollen, wobei dann auch noch der genau so verschwommene Begriff "Ethnie" ins Spiel gebracht wird. "Ethnie" ist der modernsprachliche Ersatz für "Rasse", den man für nicht mehr zeitgemäß ansieht, beschreibt aber letztendlich das Gleiche! Aber genauso wie "Ethien" fließende Übergänge haben und es keine klaren "Enthiengrenzen" gibt, wird es schwierig mit den Nationengrenzen. Warum sollte z.B. ein Bayer zur gleichen "Nation" eines Ostfriesen gehören, aber der Westfriese zu einer anderen Nation? Als einzige Begründung könnte man die darauf beruhenden Schlägereien bei Fußballspielen zwischen den "National"-Mannschaften der Deutschen und Holländer bezeichnen, aber das scheint doch sehr dürftig, zumal die Holländer vor dem Anstoß ihre Nationalhymne vom "teutschem Blut" singen.
Während also Holländer deutsches Blut haben, haben es nicht alle deutschen Nationalspieler. Asamoa sah man es - wenn man rassistisch denkt und auf Hautfarbe achtet - noch an, aber Özil sieht doch schon recht "eingeethniet" (bzw. eingerasst) aus, um die Denkweise eines ehemaligen bayerischen Spitzenpolitikers fortzusetzen. Özil ist zwar deutscher Staatsangehöriger, bekundet sich als Deutscher zu fühlen, spielt nur für die deutsche Nationalmannschaft, gilt in den Medien aber als "Deutschtürke" (und nicht als Türkendeutscher), also eine Art "Mischling". Allerdings hat er "reinethnische" türkische Eltern. Anders ist es beim Ex-Nationalspieler Mehmet Scholl, der ist im Prinzip ein Eurasier; eine ganz besondere Art von Mischling, der aber immerhin halbes deutsches Blut hat und somit zumindest eine Körperhälfte der deutschen Nation zugehörig fühlen kann, falls Nation über das Blut definiert wird.
Nationen wird zuweilen ein nationaler Charakter zugeordnet, was angesichts der Vielzahl an Charakteren in einem Volk (darunter auch stets Verbrecher) eine äußerst interessante Angelegenheit zu sein scheint. Zuweilen wird Nation auch mit "Volk" oder "Staat" kombiniert, was insbesondere bei Vielvölkerstaaten wiederum Definitionsprobleme hervorruft. Z.B. fühlen sich die Schweizer als eine Nation und ein Volk, aber Italiener, Franzosen und Deutsche behaupten, dass die Schweiz aus ihren drei Völkern zusammen gesetzt seien. So gesehen können also ein Volk aus verschiedenen Nationen oder eine Nation aus verschiedenen Völkern bestehen, falls man noch nicht durcheinander gekommen ist bei den Definitionen. Etwas komplizierter wird es beim ehemaligen Indien mit einigen Hundert Völkern; eine Kombination, die insbesondere von Briten sehr geschickt ausgenutzt wurde, um das Land zu teilen. Zunächst musste die Religion zur Spaltung herhalten (in Ost- und Westpakistan), aber dann fanden sich auch andere Gründe um jenes Pakistan aufzuteilen. Sie hatten auch schon langjährige Erfahrungen damit, Völkern einzureden, dass sie unterschiedliche Nationen seien. So haben sie immerhin das gesamte Osmanische Reich zerschlagen. Nur so war es möglich, alle Muslime zu unterschiedlichen "Nationen" aufzuspalten, um dann inmitten jenes Volksgewirrs Israel zu gründen. Israel betrachtet sich als eine Nation und ein Volk aber stammt aus sämtlichen Regionen der Welt. Und ein Deutscher, der einem deutschen Juden sagen würde, er sei kein Deutscher, weil er Israeli sei, dürfte ziemlich sicher mit negativen Konsequenzen für jene Aussage rechnen. Viele Juden in Deutschland treten auch offen als Vertreter Israels auf, bestehen aber darauf Deutsche zu sein. Andere Juden bestehen darauf Deutsche zu sein und verurteilen daher Israel für ihre Verbrechen. Beide Arten von Juden schlagen zudem verbal aufeinander in Deutschland ein und bezichtigen sich gegenseitig des Verrats an der Nation, welcher auch immer. Eine "ethnische" Zuordnung dürfte in diesem Fall genau so schwer sein, wie z.B. bei anderen Vielvölkerstaaten. Und die rassistische Zuordnung eines Hitler, mit Halb- und Vierteljuden war verbrecherisch, scheint aber bedauerlicherweise immer noch viele Köpfe zu beherrschen, wenn auch nicht allein auf Juden begrenzt.
Neben der "normalen" Nation, die ohnehin kein Mensch versteht, wenn er sie hinterfragt (außer Rechtsradikalen, die ihren Verstand ausschalten), gibt es die etwas genauer scheinende Begriffe Willensnation oder Staatsnation. In diesen Fällen werden Staat und Nation oft synonym verwandt. Statt völkischer Konstruktionen über das Blut dienen hier vor allem Ideale wie "Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" als Grundlage einer Nation, wie sie von der französischen Revolution propagiert wurden. Es stellt sich allerdings die Frage, warum jene menschlichen Ideale auf eine bestimmte Menschengruppe beschränkt sein soll und ob sich die "Nation" vergrößert, falls sich andere Menschengruppen jenen Idealen anschließen!?
Als ethnische Nation wird hingegen ein überstaatlicher Kulturraum bezeichnet, wie beispielsweise der arabische Sprach- und Kulturraum, die unterschiedlichen "Nationalitäten" angehören, aber dennoch als eine Gemeinsamkeit haben; in diesem Fall die Sprache und Religion. Dabei wird vergessen, dass noch vor 200 Jahren all jene angeblich so unterschiedlichen Nationen einer gemeinsamen Nation angehörten. Die "Unterschiedlichkeit" ihrer Nation war nur "nötig", damit sie gespalten und kolonialisiert werden konnte durch eine andere Nation, aber das hatten wir schon.
Ganz interessant aus christlicher Sicht ist die Tatsache, dass anknüpfend an den römischen Sprachgebrauch im christlichen Latein die "nationes" in erster Linie die nichtjüdischen Heidenvölker waren, als Anhänger heidnischer Kulte oder als bekehrungswillige Heiden, die mit den jüdischen Christen das Evangelium annehmen und mit ihnen die Gemeinschaft der Kirche bilden. Jesus selbst - das wird jeder Christ zugeben - hatte unter seinen Jüngern Vertreter unterschiedlicher "Nationen", wenn man die heutigen Nationalmaßstäbe ansetzen würde. Zudem sind der Religionsgründer der meisten Deutschen und sämtliche Apostel (und viele Heilige der ersten Stunden) keine Deutschen, was nur nebenbei erwähnt werden sollte. Solch eine Denkweise, wie sie viele Deutsche eher ungern hören, ist z.B. im Iran Volksbewusstsein. In der mit Abstand Heiligsten Stätte des Iran liegt ein Araber (Imam Ridha in Maschhad) und viele iranische Geistliche werden für ihre Abstammung vom Propheten des Islam geehrt. So ist z.B. Imam Chamene´i, das derzeitige Oberhaupt der Islamischen Republik Iran, ein direkter Nachkomme des arabischen Propheten, was aber kaum einem Iraner (außer einigen verblendeten Nationalisten, die sich gut mit deutschen Rassisten zusammen tun könnten) eine Rolle zu spielen scheint. Dass einstmals Deutsche mit Ungarn zusammen einen König hatten, sei hier genau so nebenbei erwähnt, wie die Tatsache, dass Österreicher sich immer wieder einmal als Deutsche und dann wieder nicht als Deutsche gefühlt haben. So gesehen hat die größte deutsche Katastrophe der Geschichte kein Deutscher, sondern ein Österreicher bewirkt.
Gibt es keinen "Abstammungszusammenhang", dann wird oft ein Bodenzusammenhang sehr aufwendig konstruiert. Der Film "Vom Winde verweht" mit seiner legendären Schlussszene diente nur dazu, die US-Amerikanische Bodennationstheorie zu verbreiten. Ein Kind das im Flugzeug geboren wird, welches gerade über den USA fliegt, gehört automatisch zur Nation der US-Amerikaner. Äußerst ärgerlich wird es, wenn sich Teile einer Nation auch noch "abtrünnig" zeigen und zu einer anderen Nation dazugehören wollen, wie im Elsass geschehen. Es ist also auch möglich darüber abzustimmen, zu welcher Nation man gehören will.
Manche glauben, dass eine gemeinsame Sprache eine Art Minimum für eine gemeinsame Nation ist. Das aber wird nicht nur durch Schweizer widerlegt, durch Araber die zuweilen besser französisch als arabisch sprechen, sondern auch durch z.B. Schotten. In Schottland gibt es zwei einheimische Sprachen gibt (schottisches Gälisch und angelsächsisches Scots).
Im aktuell gültigen aber ohnehin kaum eingehaltenen Völkerrecht wird auf die tatsächlichen Gemeinsamkeiten eines Volkes abgestellt. So haben nach Art. 1 und 55 der Charta der Vereinten Nationen alle Völker (nicht Staatsvölker!) ein Recht auf staatliche Selbstbestimmung und zwar unabhängig davon, ob sie bereits Teil eines anderen Staates sind oder nicht. Es ist also durchaus vorgesehen, z.B. Kurden vom Irak abzuspalten. Es ist allerdings nicht vorgesehen, Österreich wieder an Deutschland anzubinden.
Das aktuelle Recht der Bundesrepublik Deutschland wählt für seine Staatsbürger eine Mischform zwischen Staatsangehörigkeitsprinzip und Volkszugehörigkeitsprinzip, wobei die Definitionen selbst Staatsrechtlern nicht immer ganz klar sind. Journalisten jedenfalls sind sie erst recht nicht klar, denn sonst könnte Özil kein Deutschtürke sein.
Eine noch klarer scheinende Definition haben rassistische Rechtsradikale, welche die Nationalität vom Blut abhängig machen. Ein allerdings bekannter Schwachpunkt jener Rassisten ist, dass sie nicht in der Lage sind, mehr als zwei Generationen zurück zu denken. Denn würden sie das tun, dann wüssten sie, dass sie alle "durchmischt und durchrasst" sind, wie es bereits erwähnter bayerischer Politiker einstmals auszudrücken pflegte.
Wie aber ist die Definition des Islam? Es mag viele überraschen, aber die islamische Definition ist ebenfalls eine Art Blutsdefinition, aber nicht in einer willkürlichen Art geschichtlicher Kastration zu beliebiger Zeit, sondern eine konsequente Blutsdefinition! Wir sind alle von der Nation Adam und Evas, da wir alle ihr Blut in uns haben! Wenn Adam und Eva Deutsche Waren, dann sind wir es auch, waren sie hingegen Araber - dann sind wir es auch. Bei letzten Gedanken wird sich dem "reinrassigen" Deutschen etwas der Magen umgedreht haben, da er möglicherweise ein Araber sein könnte, aber er sei beruhigt, Adam und Eva waren keine Araber.
Anders ist es mit der Staatsangehörigkeit. Die Staatsangehörigkeit ist ein rechtlicher Vertrag! Unabhängig davon, ob jemand in eine Staatsangehörigkeit hinein geboren wird oder diese später annimmt, hat er bestimmte Rechte und Pflichten, die aus jener rechtlichen Verbindung entspringen. Er muss z.B. Militär- bzw. Zivildienst leisten, falls er ein männlicher deutscher Staatsangehöriger ist und Steuern zahlen, darf dafür aber z.B. innerhalb seines Staates die Annehmlichkeiten genießen. Und Muslime sind mehr als alle anderen Menschen der Welt verpflichtet, Verträge und Vereinbarungen einzuhalten, weil es nicht nur ein menschliches, sondern auch göttliches Gebot ist.
Das Beispiel des Propheten Muhammad zeigt, dass er - selbst unter größten Schwierigkeiten - in seinen Staatswesen blieb, bis man ihn töten wollte. Erst dann ist er ausgewandert und hat ein anderes Staatswesen "angenommen". Seine erste Handlung bestand darin, dass er eine "öffentliche" Verbrüderung erließ. Jedem Ausgewanderten wurde ein Einheimischer zugeordnet als "Bruder", damit die völkische Trennung überwunden wird. Es gab nur eine Ausnahme: Der ausgewanderte Muhammad selbst nahm sich den ausgewanderten Ali zum "Bruder". Diese beiden standen ohnehin "über" jeglicher völkischer Trennung.
Im Heiligen Qur´an heißt es dazu: "O ihr Menschen, Wir haben euch von einem männlichen und einem weiblichen Wesen erschaffen, und Wir haben euch zu Verbänden und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt. Der Angesehenste von euch bei Gott, das ist der Gottesehrfürchtigste von euch. Gott weiß Bescheid und hat Kenntnis von allem." (49:13)
Die Überwindung des Trennenden, um die Einheit der Wahrheit zu erkennen ist das Streben eines aufrichtigen Menschen. Ein deutscher Muslim ist deutscher Staatsangehöriger und seinem Staat gegenüber loyal und versucht deshalb mit allen ihm erlaubten und möglichen Mitteln seine Mitbürger, seine Nachbarn, vom Bösen fern zu halten und das Gute mit zu bewirken. Auch seine Kritik gründet darauf, dass er den Staat retten will. Er weiß, dass sein Blut weder deutsch noch türkisch, arabisch oder persisch ist, sondern eine Gnade des Allmächtigen, das seinen Körper durchdringt und jede Zelle erreicht, wie die Wahrheit jeden erreichen kann, der wirklich lebt. Und in diesem Einsatz ist er einer der wertvollsten Bürger seiner Gemeinschaft.
PS: Manche Türken oder Araber in Deutschland werden jetzt heftig widersprechen wollen und auf ihre besonders edle türkische oder arabische Abstammung hinweisen und dass sie anders seien usw.. Ihnen ist genau das Gleiche zu sagen, wie jedem deutschen Nationalisten: Wir sind allesamt Kinder einer Frau und eines Mannes und so ist dein Nachbar auch dein Bruder oder deine Schwester, in jedem Flecken dieser Erde, die Gottes Erde ist.