"Vater, ich kann nicht vergeben" - das größte Massaker
Gestern fand nach Medienangaben das größte Massaker an der palästinensischen Bevölkerung an einem einzigen Tag seit Gründung des Staates Israel statt. Bisher ist von 271 getöteten Menschen die Rede. Es dürften aber noch viel mehr werden, zumal allein 120 schwerstverletzt sind. Weitere 900 Menschen sind ebenfalls krankenhausreif verwundet!
Während das Massaker in den Bevölkerungen der gesamten Welt auf größte Ablehnung gestoßen ist, so dass selbst eine ganze Reihe westhöriger Regime Israel scharf kritisieren mussten, haben sich einige westliche Verantwortungsträger mehr oder weniger uneingeschränkt hinter Israel gestellt. Dass dabei die USA mit Bush und Rice jedes Verbrechen Israels mittragen, war bekannt. Dass auch die Bundeskanzlerin Merkel stets bei jeder Menschrechtsverletzung Israel faktisch unterstützt hat, ist ebenfalls kein Geheimnis. Dass aber jetzt auch der deutsche Außenminister allein die Hamas für jene Aktionen verantwortlich macht und Israel in diesem Zusammenhang das "das Recht auf Selbstverteidigung" zubilligt, zeugt von einer perversen politischen Denkweise, die nicht den Schutz von Menschenleben zum Ziel hat, sondern ausschließlich die Macht auch auf Kosten von Menschenleben. Und die Einstellung der deutschen Medien entspricht diesem Bild. Während z.B. selbst BBC in Sondersendungen das Verhalten Israels durchaus kritisch beleuchtete, waren die deutschen öffentlich-rechtlichen Sender auf die Israel-Linie eingeschworen. Und während weltweit geradezu erleichtert hervorgehoben wird, dass der UN-Sicherheitsrat zum Stopp der Kampfhandlungen aufgerufen hat, betonen manche deutsche Medien, dass jene Resolution nicht bindend sei.
Insgesamt wird zunächst damit argumentiert, dass die Hamas im Gaza-Streifen selbst Schuld sei, weil sie die Waffenstillstandsvereinbarung nicht verlängert habe, die ein halbes Jahr lang mit Israel gegolten habe. Dazu sagt Bundesaußenminister Steinmeier "Für die einseitige Aufkündigung der Waffenruhe mit Israel durch die Hamas fehlt der Bundesregierung jedes Verständnis" und Hamas müsse den Raketenbeschuss auf Israel sofort und dauerhaft einstellen.
Eine derartige Verdrehung der Tatsachen kann nicht auf Unwissen gründen, sondern muss schon als Böswilligkeit eingestuft werden. Tatsächlich gab es vor 6 Monaten einen von Ägypten ausgehandelten Waffenstillstand zwischen der Hamas und Israel. Am 20.6.2008 trat der Waffenstillstand in Kraft. Tags zuvor am 19.6.2008 berichtete der russische Nachrichtensender Ria Novosti noch "Israels Armee tötet vor Waffenruhe Palästinenser im Gaza-Streifen". Aber dennoch, der Waffenstillstand begann. Er dauerte ganze vier Tage! Bereits am 24.6. tötete die israelische Armee im Westjordanland zwei Palästinenser. Und am 28.2. zwei weitere. Israel argumentierte, dass der Waffenstillstand nur zwischen dem Gaza-Streifen und Israel geschlossen worden sei und sich nicht auf das West-Jordanland erstrecke; eine Argumentation, die nur von Menschen stammen kann, die nie vorhatten, ernsthaft einen Waffenstillstand anzustreben. In der Folge flogen einige Kassam-Raketen auf Ortschaften in der Nähe des Gaza-Streifens, ohne einen ernsthaften Schaden anzurichten. Am 10.7., also nur drei Wochen nach der Waffenstillstandvereinbarung, war es wieder Israel, das eindeutig den Waffenstillstand gebrochen hat. Ein Palästinenser im Gaza-Streifen wurde erschossen! Es flogen wieder Kassam-Raketen ohne Wirkung, und so ging es weiter: Insgesamt hat Israel in der Zeit des "Waffenstillstandes" über 40 Palästinenser ermordet! Darüber wird kein Wort berichtet von der deutschen Hofberichterstattung. Im gleichen Zeitraum ist kein einziger Israeli ums Leben gekommen! Das war aber nicht alles. Gleichzeitig wurde die Versorgungslage im Gaza-Streifen immer dramatischer, so dass selbst dem Zionismus gegenüber freundlich gesonnene Organisationen von einer humanitären Katastrophe sprachen! Dabei war es ein Aspekt der Waffenstillstandsvereinbarung, dass genau das verhindert werden sollte.
So war also das zionistische Verständnis der Waffenstillstandsvereinbarung: Die Palästinenser sollten niemandem schaden, aber Israel durfte weiter morden und den Gazastreifen ausbluten lassen. Und dazu sagt der Bundesaußenminister Steinmeier "Für die einseitige Aufkündigung der Waffenruhe mit Israel durch die Hamas fehlt der Bundesregierung jedes Verständnis". Vielen vernunftbegabten Menschen in Deutschland, die trotzt geschichtlicher Belastung eine halbwegs faire Sicht auf die Ereignisse anstreben, wird für solch eine extrem einseitige Haltung einer Bundesregierung jedes Verständnis fehlen! Es erleichtert aber die nächsten Bundestagswahlen, da deutlich wird, dass es keinen Unterschied zwischen CDU und der heutigen SPD bezüglich Kriegspolitik gibt.
Von der Hamas wird ein Gewaltverzicht verlangt. Von denjenigen also, die seit einem halben Jahrhundert unter der Gewalt der Besatzung leben, wird ein Gewaltverzicht gegenüber ihren Besatzern verlangt. Wie wird wohl eines Tages, wenn Historiker mit einigem Abstand auf die heutigen Ereignisse schauen, von solch einem Verlangen berichtet werden? Könnte es sein, dass Menschen wie Steinmeier dann als Unterstützer von Kriegsverbrechern, Besatzern und Unterdrückern in die Geschichtsbücher eingehen, oder wird man sie evtl. überhaupt nicht erwähnen, weil die Welt übervoll ist von einer solch unmenschlichen Politik?
Als Ironie der Geschichte wird aber sicherlich erwähnt werden, dass das größte Massaker Israels seit Jahrzehnten ausgerechnet an dem Tag erfolgte, an dem Samuel Huntington gestorben ist. Huntington ist derjenige, der den Aufeinanderprall der Kulturen beschworen hat, den Israel als Speerspitze westlicher Politik eindrucksvoll in die Tat umsetzte: Ein von der westlichen Welt getragener Massenmord an einem Tag, wie ihn seit Huntingtons Thesen wohl nur die USA mit ihren Bombardements im Irak noch übertroffen haben. Huntingtons Vorstellung war vereinfacht dargestellt, dass sich die ohnehin vereinigte westliche Welt bestehend aus christlicher und jüdischer Welt gegen den Islam wehren und dafür auch die Russen ins Boot holen müsse. Seine Thesen sind spätestens an dem Tag, da er gestorben ist, mit ihm zusammen gestorben. Das christliche Bethlehem hat sich mit den Unterdrückten im Gaza solidarisiert und als sichtbares Symbol der Solidarisierung die Beleuchtung der Weihnachtsbäume ausgeschaltet!
Einen Tag nach den Geburtstagfeierlichkeiten zur Geburt Jesu stellen sich die Christen der Geburtsstadt Jesu auf die Seite der Entrechtenten und Unterdrückten in Palästina, gegen die zionistischen Besatzer! Welch deutlicheres Zeichen dafür, dass das Christentum auf der Seite der Schwachen und Armen steht, könnte es noch geben? Welch deutlicheres Zeichen dafür, dass das Christentum Jesu nicht die Besatzer, Kriegstreiber und Reichen unterstützt, könnte es noch geben? Und welch deutlicheres Zeichen dafür, dass u.a. die Bundesregierung, die sich so gern auf christliche Werte beruft, genau jene christlichen Werte mit Füßen tritt, wenn sie sich auch heute an die Seite Israels stellt, könnte es noch geben? Huntingtons Thesen können mit ihm begraben werden, denn sie waren Kriegspropaganda der Reichen der Welt gegen die arme Welt, aber auch die Welt der Reichen wird ohne die Armen nicht mehr überleben können! Entweder gibt es eine gemeinsame Zukunft von Juden, Christen und Muslimen im gleichberechtigten Miteinander oder aber andauernden Unfrieden, der z.Zt. von der westlichen Welt ausgeht und auch auf sie zurück fällt.
Es war aber nicht nur eine Missachtung christlicher Werte, die die Welt gestern erlebt hat; es war auch eine eklatante Missachtung jüdischer Werte! Der Angriff erfolgte ohne Not und ohne Dringlichkeit am Sabbat! Die Feierlichkeiten der Weihnachtszeit wurden zwar noch abgewartet, aber der eigene Sabbat wurde entweiht, ohne dass es dafür eine Dringlichkeit oder gar Lebensnotwendigkeit gab. Ein Angriff einen Tag später hätte ein genau so großes Massaker bewirken können. Welch deutlicheres Zeichen kann es dafür geben, dass jener Angriff auch eine Missachtung jüdischer Werte war und der zionistische Staat eben nichts mit dem Judentum zu tun hat?
Eine der wohl bekanntesten Aussagen des Juden Jesus in der Bibel lautet: "Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun". An jene Aussage wurden gestern viele Muslime erinnert, als sie ein palästinensisches Mädchen, das gerade ihre Mutter und mehrere Brüder verloren hatte, rufen hörten: "Vater, ich kann nicht vergeben"! Das Mädchen meinte ihren irdischen Vater, während Jesus nach christlicher Vorstellung den göttlichen Vater meint. Im Umkehrschluss von Jesu Aussage aber landet man genau bei der Aussage des palästinensischen Mädchens. Denn wenn Gott den Menschen vergeben soll, weil sie nicht wissen, was sie tun, dann kann ihnen offenbar nicht vergeben werden, wenn sie genau wissen, was sie tun. Die israelischen Befehlshaber wie auch Kampfpiloten wussten ganz genau, was sie taten, als die Gaza bombardiert haben. Und als die schrecklichen Bilder um die ganze Welt gingen und die Bombardements am Abend dennoch fortgesetzt wurden, konnte wirklich niemand mehr behaupten, er wüsste nicht, was er tut!
Und dennoch, selbst in diesen Tagen des grausamen Massakers, selbst in diesen Tagen der scheinbaren Hoffnungslosigkeit gibt es Hoffnung; immer mehr! Denn das Verbrechen Israels und die Rechtfertigung durch u.a. die Bundesregierung sind - bei aller Grausamkeit - deutliche Zeichen der Hilflosigkeit und der Ausweglosigkeit eines Verbrechens, das vor einem halben Jahrhundert begann und sich langsam dem Ende zuneigt. Wenn ein Goliath trotz seiner waffentechnischen Überlegenheit derartige Massenmorde begeht, verdeutlicht er nur seinen eigenen moralischen Bankrott. Wer ideologisch und moralisch jegliche Existenzberechtigung verloren hat, versucht es zumindest militärisch. Das Leid, dass die Palästinenser dabei ertragen müssen, ist fürchterlich. Aber auch Israelis finden so keinen Frieden - ganz sicher nicht - und das wissen auch alle Beteiligten!
Es gibt nur einen Weg zum Frieden, und der basiert auf einem Minimum an Gerechtigkeit. Wer den Israelis ein Recht auf Selbstverteidigung zubilligt und dabei behauptet, sie dürften fast 300 Palästinenser an einem Tag töten, weil im Gegenzug als Reaktion ein Israeli getötet wurde, der müsste im Umkehrschluss es Palästinensern auch zubilligen, Tausende Israelis zu töten! Das wäre die fatale Logik der weltweit dominierenden Kriegstreiber, die keine Vernunft besitzen und in ihrem Herrschaftswahn nur Mord und Totschlag als Methode kennen, um ihre Weltherrschaft aufrecht zu erhalten. Aber ihre Zeit ist abgelaufen. Die Bevölkerungen der Welt wollen das nicht mehr mittragen! Und so bereitet die westliche Welt zunehmend die eigenen Armeen darauf vor, gegen die eigene Bevölkerung vorzugehen. Aber auch das wird nicht wirken, denn die Soldaten in den Armeen sind Teil der Bevölkerung! Es gibt nicht so viele pervertierte und mörderische Menschen, dass die Machthaber ihre Ziele unbegrenzt lange auf diese Art und Weise fortsetzen könnten.
Gestern ist Huntington gestorben, gestern ist jegliche jüdische Rechtfertigung Israels gestorben, gestern ist das christliche Feigenblatt westlicher Regierungen heruntergefallen. So unvorstellbar es klingt: Aber gestern hat der propagierte "Clash" sein eigenes Grab geschaufelt und ist dann hineingefallen!
Es ist ebenfalls kein Zufall, dass in den nächsten Tagen sowohl das christliche als auch das muslimische neue Jahr beginnt. Und das muslimische neue Jahr beginnt mit der Erinnerung an Imam Husain und seine Getreuen, wie sie mit weniger als 100 Personen gegen eine Armee von 30.000 Soldaten eines Gewaltherrschers angetreten sind. Sie wurden erwartungsgemäß massakriert! Heute sind sie die Helden der Menschheit, weit über die muslimischen Grenzen hinaus; auch ein Mahatma Gandhi hat sich auf Imam Husain berufen! Und jeder einzelne Name der Helden ist bekannt und wird verehrt, darunter auch ein Christ: Die Christen im Iran werden seiner heldenhaften Unterstützung für Imam Husain in den nächsten Tagen gedenken! Jene 30.000 Gegner sind zumeist namenlos als schlimmste Verbrecher in die Geschichtsbücher eingegangen. So sehr die damalige Tragödie die Herzen der Gottesehrfürchtigen aufgewühlt hat, so sehr war sie ein Meilenstein der Befreiung der Menschheit vor Tyrannei für alle Zeiten. Und die Herrschaft der 30.000 Soldaten und ihrer Befehlshaber brach kurze Zeit darauf zusammen!
Das größte Massaker des Zionismus an einem Tag seit Staatsgründung Israels ist ebenfalls ein Symbol dafür, dass die Tyrannei in der Region sich dem Ende zuneigt. Er gibt auch nachdenklichen Zionisten einmal mehr die Gelegenheit, sich von diesem Wahn zu distanzieren. Es ist der Tag der Hoffnung, dass Juden, Christen und Muslime schon bald im Heiligen Land in Frieden zusammen werden leben können - so Gott will.
Viele Muslime wenden sich dieser Tage, teils verzweifelt, an vertraute muslimische Organisationen, um zu erfragen, ob es nicht irgendetwas gäbe, was man tun könne! Viele sind auch traurig, dass die meisten muslimischen Organisationen und Dachverbände so sprachlos sind, fast so sprachlos wie die Kirchen im Land. Nur die IGMG hat sich sofort geäußert. Viele Muslime fragen sich, ob den der krampfhafte Wunsch mit den deutschen Innenminister sprechen zu wollen, es wirklich wert ist, dass man den Kontakt zur eigenen Basis verliert und sich selbst und seinen Glauben so sehr verleugnet. Das müssen die Funktionäre der Verbände mit ihren Mitgliedern ausmachen. Aber bei aller Schweigsamkeit von einigen Funktionsbeamten gibt es absolut keinen Grund zur Verzweiflung angesichts der eigenen Verdammung zur Tatenlosigkeit; denn schließlich sind sich alle vernunftbegabten Muslime darüber einig, dass illegale Aktionen sicherlich Sünde wären!
Denn es gibt schließlich etwas, dessen Wirkung oft unterschätzt wird: Die Macht und Kraft des Bittgebets! Gott selbst hat in allen Religionen in Seiner unerschöpflichen Gnade dem Bittgebet eine Macht geschenkt, die Berge versetzen kann! So können Muslime dieser Tage viel beten für ihre Geschwister in Palästina. Sie können fasten für ihre Geschwister in Palästina, sie können Spenden und sie können - jeder nach seinen Möglichkeiten - sich selbst und die Nahen aufklären. Wichtig dabei ist, dass eine Atmosphäre der Hoffnung und Zuversicht verbreitet wird gekoppelt an Wahrhaftigkeit und die Überwindung von Hass.
Die zionistischen Machthaber haben in ihren Propaganda-Pressekonferenzen behauptet, dass ihr Einsatz sich nicht gegen die Bevölkerung des Gaza richte. Die Lüge ihrer Aussage ist offenkundig! Muslime überall in der Welt müssen sich dazu erziehen, dass ihr Einsatz sich nicht gegen Juden richtet, sondern gegen den verbrecherischen Zionismus, der auch das Judentum in Geiselhaft genommen hat. Zweifelsohne ist diese Differenzierung eine schwere Aufgabe für manche Muslime, und dazu gehört auch Bildung, die wir uns aneignen müssen! So schwer die Aufgabe ist, so sehr müssen wir sie angehen in der Hoffnung, dass dann auch Gott die Lage von uns allen verändern wird, weil wir zur Selbsterziehung bereit waren.
Das Mädchen wird dann wohl immer noch rufen: "Vater, ich kann nicht vergeben". Aber es braucht dann nicht mehr zu vergeben, denn die Schuldigen werden dann vor internationalen Gerichten verurteilt werden und mit ihnen ihre Helfershelfer auf höchsten Positionen. Auch dafür darf man beten, auch in diesem unserem Land!