Höre, Israel! Als wir verfolgt wurden, war ich einer von euch. Wie kann ich das bleiben, wenn ihr Verfolger werdet? Eure Sehnsucht war, wie die anderen Völker zu werden die euch mordeten. Nun seid ihr geworden wie sie. Ihr habt überlebt die zu euch grausam waren. Lebt ihre Grausamkeit in euch jetzt weiter? Den Geschlagenen habt ihr befohlen: "Zieht eure Schuhe aus". Wie den Sündenbock habt ihr sie in die Wüste getrieben in die große Moschee des Todes deren Sandalen Sand sind doch sie nahmen die Sünde nicht an die ihr ihnen auflegen wolltet. Der Eindruck der nackten Füße im Wüstensand überdauert die Spuren eurer Bomben und Panzer.
Freiheit und Selbstbestimmung für die Palästinenser
Die Schreie der gefolterten Palästinenser im Gefängnis von Hebron und in den anderen israelischen Geheimdienstkellern und auch die Schüsse die palästinensische Kinder und Jugendliche auf der Straße niedergestreckt haben sind nicht ungehört verhallt.
Trotz Terror demonstrieren Zehntausende und fordern ihr Recht über 1.000 wurden verhaftet, Dutzende erschossen. Israel geht den Weg seines heimlichen Bundesgenossen Südafrika Apartheid und Rassismus endlich ganz ohne Maske.
Als von Hitler vertriebener Jude und in der Welt herumgekommener Schriftsteller erkläre ich meine Solidarität mit dem palästinensischen Volk. Alle Welt ist aufgerufen zu verhindern, daß Terror und Unrecht eskalieren.
Die Juden sind aufgerufen, sich laut gegen die Verbrechen zu wenden, die in ihrer aller Namen begangen werden. Die Deutschen sind aufgerufen zu helfen:
Ohne Hitler wären nie genug verbitterte Einwanderer gekommen, um die Palästinenser so unterdrücken zu können. Die Amerikaner sind aufgerufen, ihren israelischen Satelliten nicht weiter rasen zu lassen.
Alle Welt muss endlich offenen Auges Solidarität üben. Der Terror muss aufhören. Freiheit und Selbstbestimmung für die Palästinenser!
Erich Fried
österreichischer Schriftsteller und Übersetzer, * 6. 5. 1921 Wien, † 22. 11. 1988 Baden-Baden; emigrierte wegen seiner jüdischen Herkunft 1938 nach London; 1952-1968 politischer Kommentator bei der BBC; ab 1963 Mitglied der "Gruppe 47"; Hauptmotive seiner Lyrik sind Heimatlosigkeit und Fremdheit; neben gefühlsbetonten Gedichten (u. a. "Liebesgedichte" 1979) verfasste er kompromisslose politische Lyrik (u. a. "Höre Israel" 1974); Fried erhielt 1987 den Georg-Büchner-Preis.