Die Finanzkrise hat inzwischen jeder mitbekommen. Vorher hatte man etwas von der Krise im Gesundheitswesen erfahren. Es gab auch schon einmal eine Rentenkrise; von der Krise im Bildungswesen einmal abgesehen. Und nebenbei gibt es die Krise um Afghanistan, die Dopingkrise und noch so manche andere Krise. Aber bisher gibt es keine ganzheitlichen Ansätze zur Lösung aller dieser miteinander zusammenhängenden Krisen.
Jeder Teilansatz ist aber zum Scheitern verurteilt, weil er den Gesamtrahmen vernachlässigt. Und sämtliche oben genannte Krisen missachten den Menschen als Menschen und als Bürger, der nach Frieden und Gerechtigkeit strebt. Diese Ignoranz aber ist Zeichen einer echten Systemkrise. So lange man nicht auf Basis eines auf Vernunft basierenden Menschenbildes agiert, ist jedes Herumdoktern früher oder später zum Scheitern verurteilt.
Um das Beispiel der Finanzkrise nicht allein zu strapazieren, soll hier eine andere Kausalkette mit seinen Verzeigungen dargestellt werden, die nur bedingt mit der Finanzkrise zu tun hat. Jedem ist wohl aufgefallen, dass die Bürger Deutschlands aussterben, weil es zu wenige Kinder gibt. Die Tatsache, dass zu wenige Kinder geboren werden hat viele Ursache. Einige davon sind, dass die Hausfrauenarbeit nicht einen annähernd hohen gesellschaftlichen Status genießt, wie z.B. eine vergleichsweise wenig verdienende Sekretärin. Auch ist die Sekretärin rentenmäßig besser abgesichert. Zudem kommen Unsicherheiten in der Partnerschaft hinzu. Kaum eine Frau ist sich heute noch ihres Mannes sicher und kaum ein Mann seiner Frau. Das motiviert nicht unbedingt zum Kinderkriegen. Fehlende Kinder erschweren es den Nachkommen die schwierige Aufgabe der Altersversorgung aufzuteilen, sowohl in der Gesellschaft als auch im Einzelnen. Überforderte Kinder stecken ihre Eltern in ein Altersheim, wo sie vereinsamen. Die ggf. Enkel können nicht von der Erfahrung der Großeltern profitieren und lernen auch nicht, dass es Menschen mit größeren Bedürfnissen gibt, für die man respektvoll zurückstecken muss. Auch fallen dadurch die Eltern als Vorbild für ein zusammenhaltendes Paar mit Schamgefühlen aus. Stattdessen dürfen Pornos konsumiert werden, die dem Familienleben in jeder Hinsicht großen Schaden zufügen. Selbst so etwas intimes wie Sexualität wird “konsumiert“ und “Genuss“ und “Konsum“ werden immer mehr zu identischen Begriffen. Es gibt keine Ideale mehr sondern nur noch “Bedürfnisse“, die durch Konsum befriedigt werden sollen. Aber jene Befriedigung verlangt nach immer mehr Konsum, dem selbst zwei Verdiener kaum nachkommen können. Also verschuldet man sich. Kinder kann man sich dann zwar lange nicht mehr “leisten“, aber man hat das Ziel die Schulden zurück zu zahlen…
Diese Auflistung hätte an keiner Stelle einen Anfang noch ein Ende! Sie ließe sich beliebig von einem Misstand in den Nächsten überführen, denn alle diese Aspekte hängen irgendwie miteinander zusammen. Und die „Finanzkrise“ jener Beispielfamilie hat ihre Ursache nicht im fehlenden Geld sondern in den falschen Zielen! Nicht anders ist es in der Gesellschaft.
Dem Bürger in der westlichen Welt wurde im Laufe von nur wenigen Jahrzehnten mehr oder weniger mit der Gewalt der Medien jeglicher Idealismus abgewöhnt und ein ausschließlich auf das hier- und heute verankertes Denken eingetrichtert, was bedauerlicherweise insbesondere bei der Jugend, bei den heutigen Scheuklappenstudenten, zu erkennen ist. Treten Krisen auf, dann ist das Ziel nie eine langfristig “idealistische“ Lösung, sondern lediglich das schnelle Beseitigen der Symptome. Das ist beim Arzt nicht anders als beim Finanzminister. Die ganze Denkweise berücksichtigt weder ein ewiges Leben, noch die realen diesseitigen menschlichen Bedürfnisse nach Familie, Liebe, Menschlichkeit, Sicherheit, Frieden usw.. Vielmehr werden genau jene Bedürfnisse dazu missbraucht, die eigene Macht- und/oder Finanzsituation zu verbessern auf Kosten der Anderen. Dazu en einziges bezeichnendes Beispiel:
Wir leben in einer Welt, in der viel mehr Nahrung produziert wird, als die bestehende Weltbevölkerung jemals konsumieren könnte! Dennoch sterben statistisch jeden Tag ca. 30.000 Menschen an Hunger. Wie kann das sein? Wo ist der laute Aufschrei der Menschheit dagegen?
Selbst das einfache Ideal der Versorgung aller Menschen mit Grundnahrungsmitteln ist abgetötet in den Hirnen der überreichen, satten und schamlos gewordenen westlichen Welt. „Schamlos“ bezieht sich dabei nicht nur auf den Körperlichkeitswahn, sondern auf die Tatsache, dass man sämtliche Scham abwerfen muss, um bei solch einer Konstellation zu schweigen, bei der täglich 30.000 Hungertote niemanden stören, aber eine “Finanzkrise“ mal eben einige Hundert Milliarden Dollar locker machen kann! Erkennt denn niemand, welch perfides System dahinter steckt?
Was würde denn passieren, wenn jenes Finanzsystem “zusammenbricht“? Die Menschheit hat doch inzwischen bewiesen, dass sie in der Lage ist, hinreichend Nahrungsmittel zu produzieren, dass alle Menschen doppelt satt werden könnten. Sie hat bewiesen, dass sie ins Weltall und in die tiefen der Ozeane vordringen kann. Die Menschheit hat beweisen, dass ihr technischer Fortschritt die entferntesten Ecken der Erde miteinander verbinden kann. Grenzen können abgebaut werden und viele Gefahren abgewandt werden. Japaner bauen erdbebensicher und Holländer trotzen der Flut. Das gebündelte Wissen der Menschheit gepaart mit ihren Arbeitsleistungen ist dazu imstande, die Erde in eine Art übergangsweise Vorparadies zu verwandeln (bis wir in das unbegrenzte Paradies eintreten). Das Potential und die Fähigkeiten dazu hat der Mensch! Warum sollte das alles auf einen Schlag verloren gehen, nur weil einige farbig bedruckten Scheine nicht mehr so viel wert sind, wie jemand darauf geschrieben hat? Warum sollte die Arbeitsleistung, die wir alle besitzen, deshalb verloren gehen? Im Durchschnitt ist heutzutage jeder Mensch der Erde in der Lage mehr zu produzieren, als ein Mensch zum Leben benötigt. Warum sollte das von heute auf morgen nicht mehr gültig sein, nur weil einige Zahlungssysteme nicht mehr funktionieren? Das ist doch absurd!
Das gesamte Dilemma liegt doch darin, dass dem Menschen eingeredet, geradezu eingetrichtert wird, dass die Rendite der Motor des Daseins sei. Aber warum sollte das so sein? Ist das ein “Naturgesetz“? Wo in der Natur funktioniert etwas mit “Rendite“. Warum sollte es nicht auch ohne Rendite gehen? Warum z.B. haben Krankenhäuser finanzielle Probleme? Was würde passieren, wenn man alle Krankenhäuser bestmöglich ausstattet? Zugegeben, der Staat müsste dann “zahlen“ dafür. Aber was ist, wenn das Zahlungssystem zusammenbricht? Gibt es dann keine Schrauben mehr, keine Elektronik mehr, keine Analytik mehr? “Verschwindet“ alles auf einmal, was heute noch da ist, nur weil das Geld verschwindet? Oder könnte man sich nicht auch vorstellen, ein Weltwirtschaftssystem ohne das heutige Geld aufzubauen?
Wenn der heutige Motor der Entwicklung Rendite ist, warum sollte es nicht morgen einen Motor geben, der viel effektiver ist? Nur weil es das noch nie gab, muss es doch nicht in aller Zukunft auch so bleiben?
Voraussetzung dafür sind aber Ideale! Der Mensch ist von Natur aus ein “Idealist“. Und es bedarf einer durch und durch kapitalistischen Erziehung, um ihn diese Ideale abzuerziehen, damit er nur noch an Rendite denkt. Dann denkt er am Ende, dass der Mensch für die Wirtschaft da ist und nicht umgekehrt. Er glaubt, dass materieller Reichtum des Einzelnen etwas Erstrebenswertes sei, unabhängig davon, ob andere (z.B. seine Nachbarn) arm bleiben oder nicht. Er glaubt, dass Geld glücklich macht. Er glaubt, dass er sich mehr oder weniger alles kaufen kann. Er verdinglicht den Menschen und vergöttert Dinge. Er tanzt um das goldene Kalb und missachtet sämtliche echten “Naturgesetze“ der Menschlichkeit, die wahres Glück beim Unglück des Nachbarn, des “Nächsten“ ausschließt. Wo ist eigentlich die “Nächstenliebe“ geblieben in einer sich auf das christlich-jüdischen Erbe beziehenden Gesellschaft.
Die aktuelle Finanzkrise ist nur ein Symptom der Unmenschlichkeit, in die die Welt von unmenschlichen Wahnsinnigen geführt wurde. Und es wird Zeit, dass vernünftige Menschen die Zeichen der Zeit erkennen und ihrer Verantwortung gerecht werden. Jene Verantwortung hat nichts damit zu tun, dass man Geld auf der Bank liegen lässt oder abhebt. Jene Verantwortung hat damit zu tun, dass man wieder von Idealen spricht und versucht diese vorzuleben. Jene Verantwortung hat damit zu tun, dass man den Menschen als ganzheitliches Wesen erkennt und ihn auch als Solches behandelt.
Vom technisch-wissenschaftlichen Potential her hat der Mensch – insbesondere in der westlichen Welt – eine Stufe erlangt, in der er Frieden und Wohlstand für die ganze Menschheit garantieren könnte. Von der moralischen Entwicklung her hat der Mensch – insbesondere in der westlichen Welt – eine Stufe erlangt, in der jedes reißerische Raubtier humaner wirkt. Wenn es gelingt, sich der Moral, der Ideale, des Lebenssinns zu besinnen, dann könnte das ersterer Potential zum Wohl aller Menschen beitragen. Wenn das nicht gelingt, dann wird das erstere Potential zur Vernichtung von so vielen Menschen führen. Die gesamte Menschheit steht vor einer sehr entscheidenden Phase ihrer Entwicklung. Es ist eine große Gefahr und Chance zugleich. Nutzen wir die Chance in der Verantwortung des Menschen vor Gott und den Menschen.
Wenn uns heute Leute einreden wollen, dass das bestehende Finanzsystem (mit einigen Kontrollen) aufrecht zu erhalten ist, dann wird es Zeit, dass wir Ihnen klar und deutlich antworten: Man sollte das Wohl der Menschheit nicht denen überlassen, die das Unheil maßgeblich mitbewirkt haben.
Ist zwar kein MM-Artikel, paßt aber inhaltlich recht gut dazu:
Zitat
Montag, 13. Oktober 2008 "Kein Fehler im System, ein fehlerhaftes System!" Statt individuelle Gier anzuprangern, müssten wir uns die schädliche Wirkung des Zinses bewusst machen. (Von Volker Freystedt. Ein Beitrag des Webmagazins auf "Hinter den Schlagzeilen") Allen Kommentaren zur Finanzmarktkrise ist eines gemeinsam: Es herrscht offenbar immer noch der Glaube, es mit Fehlern im System zu tun zu haben und nicht mit einem fehlerhaften System! Da werden die "Exzesse" an den Börsen angeprangert, die "Gier" der Manager gegeißelt, eine Zähmung des "Raubtierkapitalismus" gefordert - als seien charakterschwache Individuen für die Krisen verantwortlich. Wann wird endlich zugegeben, dass das Krisen Verursachende immanent zum System des Kapitalismus gehört?
(...)
Ein Trost: der Kapitalismus ist kein Naturgesetz - im Gegenteil! Er ist eine Gefahrenquelle, die wir schnellstens beseitigen sollten - und können!