Freiwild für westlichen Imperialismus oder Läuterung des Gewissens?
Muslim-Markt, 9.8.2008 – Wenn eine Region in der Welt durch Autonomiebestrebungen dem westlichen Imperialismus nützen will, wird jedes Mittel verwendet, um das Imperium auszuweiten. Will aber eine Autonomiebestrebung sein Volk vom Imperium befreien, dann wird geschossen!
Einen Tag vor den Olympischen Spielen bricht ein Stellvertreterkrieg der westlichen Weltmachtbestrebung gegen den Freiheitswillen der Völker aus, und die westliche Heuchelei erreicht einmal mehr ihren Höhepunkt. Während eines ganzen Jahres musste sich der Bürger der westlichen Welt nun anhören, wie die angeblich so brutal chinesische Herrschaft die angeblich so friedlichen Autonomiebestrebungen Tibets unterdrückt. Kaum ein Propagandamittel war zu primitiv, um Tibet den Chinesen entreißen und in das westliche Imperium eingliedern zu können.
Die aktuelle Regierung der Bundesrepublik Deutschland tat sich besonders hervor in diesem zumeist medialen Krieg (anders kann man das nicht nennen), und kämpfte an vorderster Front, sozusagen als Flaggenträger US-Amerikanischer Interessen, mit. Es ist in diesem Zusammenhang aber wohl eher als Zufall zu werten, dass ein in den USA lebender und arbeitender Sportler die deutsche Flagge bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele tragen durfte. Das tibetische Oberhaupt, eine Art Alleinherrscher, wurde hofiert, so dass selbst deutsche Wirtschaftsinteressen gelitten haben! Tote wurde erfunden, um China zu diskreditieren. Und obwohl das Volk im Tibet den westlichen Aufstand gar nicht so recht mittragen wollte, wurde es so dargestellt, als wenn jeder Tibeter sich nur danach sehnt, endlich im Schoß der USA und Deutschlands aufgenommen zu werden. China, das nicht bereit ist, einen Teil seines Staatgebietes abzutreten, wurde als Bösewicht dargestellt.
Nun gibt es aber auch ein anderes Gebiet, das seine Autonomie anstrebt. Es heißt Südossetien. Und wie immer, wenn ein Land in Ost und West oder Nord und Süd geteilt ist, wünscht jener Süden eine engere Anbindung an den Norden. Gerade Deutschland müsste dieses Anliegen besser als viele andere Länder verstehen! Allerdings gibt es hier ein Problem. Während der vom Raubtierkapitalismus geprägte Imperialismus grundsätzlich davon ausgeht, dass die ganze Welt sich nach der westlichen Welt sehnt, will jenes Südossetien aus westlicher Sicht unverschämterweise weg vom Westen! Südossetien will nicht die aggressive Politik Georgiens gegen Russland mittragen, leben doch auch so viele Russen in der Region! Südossetien möchte nicht gegen sein eigenes Volk in Nordossetien gejagt werden. Südossetien möchte keine US-Stützpunkte von denen man die Region beherrscht. Südossetien wünscht keine asoziale Marktwirtschaft. Es ist im Imperium allerdings nicht vorgesehen, dass ein Volk Autonomie fordert, welches sich gegen westliche Interessen wendet. Also wurde jenes Anliegen – im Vergleich zu Tibet – fast total verschwiegen und der Hausherr Georgien konnte die Region nach belieben unterdrücken, und nur russische Truppen konnten das Schlimmste verhindern.
Alle Unterdrückung aber half nichts. Südossetien wollte nicht zu Georgien gehören. Außerdem standen die Olympischen Spiele unmittelbar bevor. Trotz massivster Propaganda gelang es den Hofjournalisten nicht, eine Stimmung in der westlichen Welt zu erzeugen, dass die Völker gegen China zu sehr voreingenommen gewesen wären. Und dass die Eröffnungsfeier eine Darstellung chinesischer Perfektion sein würde, dürften die Geheimdienste schon vorher gewusst haben (ja selbst so etwas beobachtet der CIA). Die bestplatzierte Werbung für China als erste Meldung in den Nachrichten aller Sender weltweit, war so gut wie sicher, außer das Imperium ließe sich noch etwas einfallen!
Obwohl Südossetien seit nunmehr 16 Jahren sich von Georgien losgesagt hat, entschied sich Georgien ausgerechnet am Vortag der Eröffnungsfeier in Peking zu einem militärischen Einmarsch in Südossetien. Die Aggression richtete sich nicht nur gegen den Miniaturstaat am Fuße des Kaukasus-Hauptkammes, sondern auch gegen Russland, das eine in einem internationales Abkommen festgelegte Friedenstruppe in der Krisenregion unterhält.
Eigentlich bestand also seit ca. 16 Jahren mehr oder weniger eine Pattsituation. Was hat nun Georgien dazu bewogen, einen Krieg zu entfesseln? Es ist schwer vorstellbar, dass Michail Saakaschwili, Georgiens US-höriger Präsident, den offenen Kriegsakt nicht mit Washington abgestimmt hat. Sicherlich hat er entsprechende “Signale“ bekommen, dass jener Zeitpunkt “geeignet“ sei.
Auch Deutschland spielt eine wenig rühmliche Rolle in dem Krieg. So wurden u.a. deutsche Waffen gegen die Bevölkerung Südossetiens eingesetzt. Im Zuge “Europäischer Nachbarschaftspolitik”, des umfangreichen “Aktionsplan EU-Georgien”, wurde die georgische Polizei durch die EU-Staaten mit Waffen, Ausrüstung, Geld, Ausbildern, Daten und Geheimdienstinformationen versorgt und jene Waffen sind jetzt offenbar auch in der Armee gelandet. Presseberichten zufolge kamen über 1000 Zivilisten in Südossetien ums Leben. 1000 Tote an einem Tag; manche könnten von Freiwild sprechen. Radio Utopie berichtet mit Bezug auf die dem israelischen Geheimdienst nahestehenden Webseite “Debkafile”, dass rund 1000 “Militärberater” aus Israel in Georgien anwesend seien. Dementsprechend liegt hier einmal mehr die klassische Konstellation vor, dass USA und Israel zusammen einen Krieg entfesseln, Europa u.a. die Waffen liefert und tausende Zivilsten leiden müssen; wie zuletzt im Libanon!
Wie dumm müssen die Machthaber in Georgien sein, dass sie sich dermaßen hilflos westlichen Machtinteressen ausliefern? Denken jene Politiker denn nicht nach, was mit anderen Dienern westlicher Gnaden geschehen ist, als sie nicht mehr benötigt wurden? Saddam hat doch sogar Giftgas von der westlichen Welt bekommen und durfte es ungestraft einsetzen, so lange er es für die westlichen Interessen tat! Nicht einmal eine Verurteilung gab es damals! Aber als er nicht mehr benötigt wurde, wurde er eliminiert. Was durften nicht serbische Kommandeure alles anrichten, bis man sie nicht mehr brauchte! Denken jene machthungrigen Westlakeyen kein Stück nach? Eigentlich erübrigt sich die Antwort, denn demjenigen, der sich und sein Volk dermaßen dem westlichen Imperialismus und dem Raubtierkapitalismus ausliefert, muss man jegliche Fähigkeit zum Nachdenken absprechen.
Was aber passierte, als der Krieg ausbrach? Hat die westliche Welt sich an Georgien gewandt und darum ersucht, nach humanen Lösungen zu suchen? Hat die westliche Welt Saakaschwili aufgefordert, die Kampfhandlungen einzustellen und die Zivilbevölkerung zu schützen? Nein, kein einziges Wort kam von der westlichen Welt, was ein zusätzlicher Beleg dafür ist, wer diese Grausamkeit mitgetragen hat! Doch auch das ist nicht neu! Als Saddam fast ein Fünftel der noch jungen Islamischen Republik Iran eingenommen hatte, hat ihn keine Stimme der westlichen Welt dazu aufgefordert, seinen Vormarsch zu stoppen. Erst als der iranische Widerstand erfolgreich wurde, und irakische Truppen zurückgedrängt wurden, kam eine Resolution mit der Aufforderung zum Waffenstillstand. Und genau so war es auch in Südossetien! Erst als Russland eingegriffen hat und die georgischen Truppen wieder zurückgedrängt hat, forderte u.a. die Bundesregierung, dass die Waffen schweigen sollen! Was sind das für merkwürdige einseitige Forderungen? Warum dürfen Waffen schreien, wenn es westliche Waffen sind, und sollen schweigen, wenn sie sich gegen westliche Interessen richten?
Die leichtsinnige Marionette Saakaschwili rief das Kriegsrecht aus und jetzt die westliche Welt um Hilfe. Aber hat er ernsthaft gedacht, dass irgendwer in der westlichen Welt einen Krieg mit Russland riskieren würde, um ihn an der Macht zu halten? Wer mit teuflischen Interessen paktiert, darf sich nicht wundern, wenn er eines Tages im Stich gelassen wird.
Eines wurde in diesem Krieg aber mehr als deutlich: Das westliche Wertesystem steht zunehmend für Krieg und damit Mord und Totschlag in der ganzen Welt. Und solch ein Wertesystem hassen nicht nur die Opfer jener Brutalität, sondern auch die Bevölkerungen in den westlichen Ländern. Kein Deutscher möchte eine Kriegsbeteiligung Deutschlands im Kaukasus, weder in Afghanistan, noch in Südossetien. Die absolute Mehrheit der deutschen Bevölkerung ist gegen den Irakkrieg und möchte freundschaftliche Beziehungen zu Russland. Und immer weniger Bundesbürger wünschen diese lakaienhafte blindwütige Bündnistreue zu den USA und Israel. Und israelische Soldaten bzw. Geheimdienstler stehen – wenn sie denn irgendwo beteiligt sind – zumeist auf der Seite des Aggressors gegen die Menschlichkeit. Selbst der Vorwurf des Antisemitismus gegen jeden, der diese offenkundigen Fakten wahrnimmt und entsprechend seiner Wahrnehmung äußert, wird israelische Politiker nicht davor schützen, eines Tages Rechenschaft ablegen zu müssen für all jene Verbrechen. Und eines Tages werden auch jene Verbände, die heute jedes Unrecht verteidigen, das von Israel begangen oder mitgetragen wird, erklären müssen, welche Maßstäbe für sie dabei relevant waren.
Doch eines Tages könnte auch jemand auf die Idee kommen, die aktuelle Bundesregierung zu fragen, warum sie so schweigsam ist bei all jenen Verbrechen, die von westlicher Seite ausgehen – siehe dazu z.B. den israelischen Überfall auf den Libanon – und immer erst dann aufbraust, wenn westliche Interessen beeinträchtigt werden. Zudem könnte die Frage aufgeworfen werden, ob solch eine Politik nicht kurzfristig und kurzsichtig ist, aber langfristig katastrophal sein kann.
Vielleicht wird eines Tages jemand in der aktuellen Bundesregierung verstehen, das es kein westliches Blut gibt, sondern alle Menschen gleich und gleichberechtigt sein sollten und die Würde des Menschen unantastbar ist; und eben nicht nur die Würde des westlichen Menschen! Das Wahlvolk kann der Bundesregierung beim Verständnis dieser einfachen Zusammenhänge behilflich sein. Denn das Volk hat es offenbar besser verstanden.
So lange aber die westliche Welt diesen brutalen aggressiven Expansionskurs weiter führt, werden viele Menschen überall in der Welt zu leiden haben. Und jeder Bürger der westlichen Welt ist letztendlich mitverantwortlich, wenn er schweigt, oder nicht zumindest mit dem Herzen auf Seiten der Menschlichkeit steht. Die Welt hat schon so viele menschenverachtende Imperien überlebt und wird auch die heutige westliche Hegemonialpolitik überleben, unabhängig davon, wie viel Leid dadurch noch entsteht. Aber jeder einzelne Mensch wird sich selbst eines Tages fragen, warum er nicht auf der Seite der Menschlichkeit stand, obwohl doch so viele Fakten bekannt waren! Wohl denen, die einem geläuterten Gewissen folgen und nicht einem Imperium.