Muslim-Markt, 26.6.2008 – Antisemitismus ist eine spezifische Form des Rassismus, der sich gegen Juden richtet. Selbst wenn der Begriff “Antisemitismus“ missverständlich erscheint, so ist zumindest klar, was damit gemeint ist. Gefährlich aber ist der Begriff heute vor allem deshalb, weil manch schlimme Antisemiten als Judenfreunde auftreten und gleichzeitig viele Antirassisten diffamieren.
Es ist mühselig darauf einzugehen, dass der Begriff “Antisemitismus“ vom Wortlaut her eine Gegnerschaft zu “Semiten“ beinhaltet und daher offenbar auch gegen Araber, die ja bekanntlich auch von Abraham und damit von Sem abstammen und also Semiten sind. Tatsache ist, dass jener Begriff heutzutage im deutschsprachigen Raum für Judenhasser bzw. Judenfeindlichkeit verwendet wird. Gemeint ist damit nicht jemand, der einen speziellen Juden hasst, weil er berechtigte oder unberechtigte Gründe dafür hat, sondern dass man Juden im allgemeinen hast, weil sie Juden sind, undifferenziert, ohne Unterscheidung der Einzelperson, einfach nur, weil sie Juden sind.
Jener Judenhass kann sich in unterschiedlichsten Formen ausdrücken bzw. im Verborgenen gären. So werden “den“ Juden z.B. Eigenschaften zugeschrieben, wie den Wunsch die Welt zu beherrschen, Nichtjuden (die Gojim) als “Untermenschen“ anzusehen usw. usf.. Spätestens hier müssten Muslime aufwachen und merken, dass manche Vorwürfe gegen Juden offenbar eins zu eins auch auf Muslime übertragen werden können und übertragen werden, so dass die Frage im Raum stehen muss, wer sich solche Vorwürfe ausdenkt! So gekürzt und vereinfacht die obige Schilderung auch sein mag, wird sie doch die Zustimmung derjenigen finden, die sich gegen Antisemitismus engagieren.
In dem Moment aber, in dem man versucht die oben erwähnten Aspekte genauer zu betrachten, fällt auf, dass es einige “Ungereimtheiten“ gibt, an denen weder Juden, noch “typische“ Antisemiten allein schuld sind. Denn wenn man “Juden“ etwas vorwirft, wie man es z.B. auch gegenüber Muslimen tut, dann müsste zunächst einmal klar sein, wer “Jude“ ist. Beim Muslim ist das Vorwurfsziel klar definiert: Muslim ist jener, der sich zum Islam bekennt (mehr oder weniger). Jemand, der als Muslim geboren ist, sich dann aber dem Christentum, Buddhismus oder gar Atheismus zugewandt hat, würde nicht in das Schema passen und somit auch nicht Ziel der Anfeindung gegen Muslime sein können. Der “Antimuslim“ richtet sich gegen den, der sich zum Islam bekennt. Das kann ein Deutscher, ein Araber, ein Iraner, ein Türke, ein Eskimo oder ein Japaner sein. Die Gegnerschaft richtete sich somit gegen eine Ideologie oder Religion, nicht aber gegen eine Rasse oder Ethnie. Letzte Anmerkung gilt für diejenigen, denen es in ihren Köpfen immer noch gelingt die Menschen in Rassen oder Ethnien aufzuspalten.
Gegen wen richtete sich aber der “Antisemit“? Schaut man in die Zeit der Nazis und die zu jener Zeit verabschiedeten, in Kraft getretenen und praktizierten Gesetze als unbestreitbaren Beweis für Antisemitismus, so richtete sich der Antisemitismus der Nazis gegen die “Rasse“ Juden! Es spielte überhaupt keine Rolle, an wen oder was jener Jude glaubte. Der Antisemitismus richtete sich gegen das jüdische “Blut“ und nicht gegen eine Ideologie! Und das Ergebnis jenes unbestreitbaren Rassismus ist bekannt. Selbst diejenigen, die am Ausmaß des grauenvollen Unheils gegenüber Juden durch das Hitler-Regime Zweifel anmelden wollen, es aber aufgrund der deutschen Gesetzgebung öffentlich nicht tun, werden nicht in der Lage sein, die Existenz der Nürnberger Rassengesetze zu leugnen! Der Antisemitismus der Nazis war ein perfider und brutaler Rassismus gegen Juden! Insofern überrascht es nicht, wenn heutige Nazis zwar “ideologisch“ zuweilen mit antisemitisch scheinenden Muslimen zu paktieren suchen, um ihren antisemitischen Hass auszuleben, aber jene Muslime, die mit Nazis paktieren, merken nicht, wie sich jener Rassismus auch gegen alle anderen “Ausländer“ richtet und somit auch gegen Muslime! Letztendlich sind Nazis aber doch nur eine Randerscheinung der Gesellschaft.
Wer gegen Juden ist, weil sie an das Judentum glauben, ist ein Gegner einer Religion. Wer aber gegen Juden ist, weil sie jüdischer Herkunft sind, der ist ein Rassist! So weit lässt sich sicherlich ein weitgreifender Konsens in der Definitionsfrage finden.
Interessanterweise aber gibt es heutzutage keine einzige ernst zu nehmende Bewegung in der Welt, die gegen Juden ist, weil sie jüdischer Herkunft wären (einmal abgesehen von unverbesserlichen Nazis)! Und noch weniger findet sich irgendeine Bewegung, die gegen die Religion des Judentums ist. Dennoch wird überall das Schreckgespenst des “Antisemiten“ groß geschrieen? Woran liegt das?
Jene angeblichen Antisemiten, die es doch geben soll, zeichnen sich demnach nicht allein dadurch aus, dass sie gegen “Juden“ sind, weil jene der jüdischen Religion angehören. Oder wo gibt es irgendeine Bewegung, die sich gegen z.B. koschere Speisen engagiert? Tierschützer, die gegen das Schächten sind, richten sich gleichermaßen gegen Juden und Muslime und können daher kaum als Antisemiten bezeichnet werden. Wer ist gegen jüdische Feiertage? Wer versucht die jüdischen Moral- und Sittenregeln zu bekämpfen? Wo gibt es jemanden, der gegen das jüdische Eherecht eintritt oder gar zur Änderung der unmenschlich anmutenden Passagen der Thora aufruft? Immerhin gibt es derartige Bestrebungen ja hinreichend gegen den Islam und die Muslime! Wo aber gibt es noch “Judaismus-Experten“, die in ähnlicher Form gegen das Judentum hetzen, wie es heutzutage gegen den Islam durch “Islamexperten“ zur Mode geworden ist?
Aber auch den rassistischen Ansatz der Antisemiten gibt es kaum mehr! Wer fragt denn heute noch danach, welcher Religion oder “Rasse“ die Großeltern angehörten? Und wer richtet sich gegen einen Menschen, weil seine Großeltern Juden waren?
Gott sei Dank, all das gibt es heute nicht mehr! Es gibt den Antisemitismus in seiner klassischen Form faktisch nicht mehr, weder gegen gläubige Juden, noch gegen “ethnische“ Juden! Einzelne versprengte Unbelehrbare können das Gesamtbild nicht trüben!
Ein Antisemitismus ohne Antisemiten ist aber nicht vorstellbar! Und da der Antisemitismus eines der Gründe dafür ist, die auf Gewalt aufgebaute Existenz Israels zu rechtfertigen, muss es per Definition auch Antisemiten geben. Da es die klassische Form nicht mehr gibt, wird eine neue Form festgelegt. Die neue Definition besagt, dass Antizionisten die neuen Antisemiten seien! Diesen Mythos verbreiten Hofjournalisten wie auch Politiker tagtäglich. Selbst im Verfassungsschutzbericht steht diese unwahre Aussage von Jahr zu Jahr immer wieder! Solch eine Behauptung ist aber allein schon deshalb erstaunlich, da sich der Antizionismus gegen eine Ideologie richtet, und die Gegnerschaft zu einer Ideologie ja wohl kaum mit Rassismus verglichen werden kann.
Der Antizionismus richtete sich gegen die Ideologie, die dem Staat Israel zugrunde liegt. Nach jener Ideologie ist es u.a. möglich, dass sich eine Gruppe von Menschen einer bestimmten Ideologie zusammenschließt und auf einem Gebiet, auf dem vormals Hunderttausende anderer Menschen seit Jahrhunderten gelebt haben (die jene Ideologie nicht teilen), mit dem Einsatz von Terrorismus, Gewalt, Vertreibung und Mord einen neuen Staat ausrufen, den es zumindest einige tausend Jahre dort nicht gegeben hat. Die Gründungsgeschichte Israels ist hinreichend bekannt. Selbst wenn man die Darstellung der Israelbefürworter, also der Zionisten selbst, zugrunde legt, eröffnet sich folgende bedeutsame Frage, die kaum ein Zionist bereit ist, in einer sachlichen Diskussion zu beantworten: „Ist die Gründungmethode des Staates Israel eine allgemeingültige Gründungsmethode, die für alle Menschen gilt, oder ist sie Zionisten vorbehalten?“ Haben also Zionisten Sonderrechte in dieser Welt oder gelten ihre Rechte auch für alle anderen Menschen und Völker?
Wenn die Gründungsmethode Israels eine den Zionisten vorbehalten Methode wäre, dann wäre es Unrecht, eine neue Art des ideologischen Wahns und würde die Zionisten in ihrem Unrecht entlarven. Wenn sie hingegen nicht den Zionisten vorbehalten ist, dann muss der Staat Israel ständig mit der Bedrohung leben, dass auf seinem Gebiet eines Tages andere “Zionisten“ auftreten und einen anderen Staat ausrufen, andere Menschen vertreiben usw.. In beiden Fällen wird klar, dass die Gründungsgeschichte Israels auf Unrecht beruht und zukünftiges Unrecht bewirkt. Nicht das Judentum sondern die Gründungsgeschichte Israels ist die Basis für Antizionismus.
Zionisten kommen an dieser Stelle oft mit dem Argument, dass das damalige Unrecht von Nazis ausging und Juden einer Heimat bedurften. Aber das Unrecht, welches Nazis praktiziert haben, kann kaum dafür herhalten, dass 60 Jahre lang Palästinenser in Vertreibung und unter Besatzung leben müssen. Die Tatsache, dass irgend ein Volk dieser Erde von wem auch immer und welchem Ausmaß auch immer (selbst wenn es singulär wäre) unterdrückt wird, die Tatsache, dass ein Völkermord welchen Ausmaßes auch immer ausgeübt wird, gibt niemandem das Recht, irgendwem Unrecht zuzufügen (selbst wenn es nur eine einzige Person wäre). Gestriges Unrecht darf nicht die Rechtfertigung für heutiges und zukünftiges Unrecht sein, selbst wenn das gestrige Unrecht einmalig in seinem Ausmaß wäre und das heutige Unrecht sich nur gegen eine einzige Person richten würde. Das ist ein universelles Gerechtigkeitsverständnis, dem alle friedliebenden Menschen zustimmen würden! So haben z.B. Palästinenser nicht das Recht in irgendeinem Stadtteil Berlins, in dem sie durch Zukäufe und organisierten Umzug in Zukunft die Mehrheit bilden könnten, einen Staat Palästina auszurufen mit welcher Begründung auch immer (und Türken in Kreuzberg haben das Recht auch nicht)!
Heutige Antizionisten richten sich gegen den Zionismus und nicht gegen Juden! Das ist allein schon daran ersichtlich, dass es sehr viele Menschen jüdischen Glaubens gibt, die Antizionisten sind. Außerdem werden auch viele Nichtjuden dem Zionismus zugerechnet. So gilt z.B. US-Präsident Bush als einer der einflussreichsten Zionisten und zuweilen wird sogar Bundeskanzlerin Merkel als Zionistin bezeichnet; beide sind weder ethnisch noch religiös dem Judentum zuzuordnen. Der Antizionismus ist somit eine gegen Rassismus, Vertreibung, Unterdrückung und gegen Besatzung gerichtete Ideologie. Er ist aber nicht gegen Juden gerichtet, sondern wird sogar von zahlreichen Juden mitgetragen! Dieser sehr bedeutsame Unterschied zwischen Zionismus und Judentum wird aber von Zionisten mit allen nur erdenklichen und teilweise unvorstellbaren Mitteln bekämpft!
Wo aber bleiben die echten Antisemiten, wenn sie weder unter Antizionisten noch unter den klassischen Rassisten zu finden sind?
Es gibt heutzutage in Deutschland (aber nicht nur dort) tatsächlich eine sehr einflussreiche und lautstarke jedoch kleine Gruppe von Menschen, die man vom Auftreten, ihren Äußerungen und Veröffentlichungen als Antisemiten bezeichnen könnte. Sie behaupten faktisch, dass jeder Jude immer Jude sei, unabhängig davon, welcher Religion er sich zuwendet. Sie behaupten faktisch, dass jeder Mensch, der das Existenzrecht Israels in seiner heutigen Form ablehnt, ein Antisemit sei. Damit vereinnahmen sie das gesamte Judentum für die Verbrechen Israels! Sie behaupten faktisch, dass Zionismus und Judentum gleich seien und somit jeder Jude der Ideologie des Zionismus angehöre, was eine Verhetzung vieler Juden ist. Sie zeichnen sich dabei insbesondere dadurch aus, dass sie eine rassistische Ideologie verfolgen, denn sie setzen sich in den seltensten Fällen für koscheres Essen noch für irgendein anders Gebot des Judentums ein! Ihr gesamter Einsatz beschränkt sich auf Israel, und sie verdammen jeden, der Israel kritisiert, unabhängig davon, ob es die Gründungsgeschichte ist oder die heutige Besatzung. In ihrer Auseinandersetzung mit Antizionisten lassen sie sich gar nicht erst auf Argumente ein, sondern greifen fast ausschließlich die Person oder Gruppe an, die Israel kritisiert. Ihr gesamtes Verhalten ist nicht auf Sachlichkeit, Gerechtigkeit und Gleichheit der Menschen ausgerichtet sondern ausschließlich auf der Verteidigung jedes Verbrechens Israels! Für sie kommt ein gemeinsamer Staat von Juden, Christen und Muslimen in Jerusalem überhaupt nicht in Frage, und das Rückzugsrecht von vertriebenen Palästinensern lehnen sie ab. Auch verdammen sie jeden Christen, der Juden zum Christentum einlädt (gläubige und praktizierende Juden haben keine solchen Berührungsängste, da sie von ihrer Religion überzeugt sind).
So könnten die Merkmale der wahren Antisemiten unserer Zeit beschrieben werden. Denn sie vereinnahmen jeden Juden der Welt für ihren Zionismus und missbrauchen die Religion des Judentums für ihre Zwecke. Und sie verdammen auch jeden Menschen, selbst wenn er jüdischen Glaubens oder jüdischer Herkunft ist, der sich gegen Israel wendet!
Der Zionismus ist eine menschenverachtende Ideologie, die von jedem aufrichtigen Juden, Christen und Muslime gemeinsam abgelehnt werden muss. Und zu behaupten, jeder Antizionist wäre ein Antisemit ist die Methode, mit der man die menschenverachtende Ideologie des Zionismus rechtfertigen möchte. Nein, nicht jeder Antizionist ist ein Antisemit; die allermeisten sind es nicht! Aber fast jeder Zionist, der Israels Besatzung mitträgt und den Besetzten jegliches Recht auf Widerstand abspricht, ist wohl ein Antisemit, denn er missbraucht das Judentum für äußerst unjüdische Zwecke!
Der Friede im Heiligen Land, das für Juden, Christen und Muslime gleichermaßen heilig ist, wird erst dann eine ernsthafte und vorstellbare Option, wenn der Zionismus überwunden ist. Ansätze dafür gibt es immer häufiger und sie machen Mut!
Aufgrund der besonderen Bedeutung und der extremen Verheimlichung durch die Hofberichterstattung der westlichen Medien sei an dieser Stelle wiederholt: Es ist erst wenige Tage her, dass ein von Israelis erschossener Palästinenser durch Organspenden jüdisches Leben gerettet hat. Die Eltern des 18-Jährigen hatten eingewilligt, die Organe ihres Sohnes zur Transplantation freizugeben, und damit wurden gleich sechs Israelis (zumeist Juden) das Leben gerettet! War das nicht eine echte Sensationsmeldung? Hätte nicht jene Meldung über alle Nachrichtensprecher der westlichen Welt verbreitet werden müssen, um darzulegen, wie das Übel der Besatzung durch die Güte und Opferbereitschaft der Eltern eines Ermordeten überwunden werden kann! Hätte es nicht sogar Sondersendungen dafür geben müssen? Aber jene Meldung wurde von den westlichen Medien kollektiv ignoriert, obwohl die israelische Nachrichtenagentur inn sie verbreitet hat!
Der Arzt, der den Eingriff vornahm, sagte: „Ich habe wieder gemerkt, wie Herztransplantationen eine Annäherung zwischen Völkern schaffen können. Es gibt keinen Unterschied zwischen einem jüdischen und einem arabischen Herzen.“
Ja, zwischen einem jüdischen und einem nichtjüdischen Herzen gibt es genau so wenig einen Unterschied, wie zwischen einem christlichen und nichtchristlichen oder muslimischen und nichtmuslimischen Herzen. Es gibt aber einen Unterschied zwischen den Herzen von Antirassisten und Antisemiten, denn letztere Herzen sind verdunkelt. Gott schütze die Menschheit vor jedem Rassisten und Antisemiten.