Kosovo oder der x-te US-Versuch für einen Islam-Musterstaat
Von Muslim-Markt am 19. Februar
Muslim-Markt, 19.2.2008 – Es kommt selten vor, dass die Hofberichterstatter die Widersprüche der eigenen Politik thematisieren. Im Kosovo tun sie es ansatzweise, um von dem eigentlichen scheitern westlicher Politik abzulenken.
Weitsichtige Strategen einer Hegemonialpolitik, die weder namentlich auftreten, noch der Öffentlichkeit bekannt sind, haben schon seit drei Jahrzehnten erkannt, dass der ideologische Vormarsch des Islam nicht aufzuhalten ist und damit die Interessen der aktuellen Gewaltherrschaft der Welt massiv bedroht. Sämtliche den Muslimen auferlegte Kriege haben die islamische Bewegung nicht schwächer sondern stärker werden lassen. Denn die Bewegung beruht – im Gegensatz zum untergehenden Raubtierkapitalismus – nicht auf Waffengewalt, sondern hat eine geistige Grundlage, gegen die der reine materialistische Mehrungswahn chancenlos ist. Und das betrifft so ziemlich alle Bereiche des Lebens. Der Familienzerstörungskult ist z.B. genau so chancenlos gegen vorgelebte Familienharmonie, wie der Zinswahn chancenlos ist gegen eine gerechte Wirtschaftspolitik.
Jene Strategen der westlichen Welt schauen bei ihrer Zukunftsplanung auch weniger auf die aktuelle Umsetzung eines Gedankens oder einer Ideologie. So war der Kommunismus nie eine ernsthafte Bedrohung für den kapitalistischen Materialismus, da er selbst rein materialistisch orientiert war. Vielmehr diente er als Spielball zur Ausweitung der materiellen Vorherrschaft. Und die derzeit real existierende Umsetzung des Islam in der Welt dürfte jenen Strategen noch weniger Kopfzerbrechen bereiten, denn die Muslime sind extrem weit entfernt von ihren eigenen Idealen. Aber es sind nicht die heutigen Muslime, sondern die Idee des Islam, der jenen Strategen große Sorgen bereitet. Die Islamische Revolution im Iran hat vor fast 30 Jahren den Weg bereitet zu einer Unabhängigkeit von Völkern, welche eine Leuchtturmwirkung hat. Immer mehr Völker der Erde – auch nichtmuslimische – besinnen sich ihrer eigenen Fähigkeiten und bringen einen universellen Wert in den Vordergrund, der zu einer ernsthaften Bedrohung für die Gewaltherrschaft der Welt geworden ist. Und jener Wert heißt: Gerechtigkeit! Westliche Politiker nehmen jenes Wort extrem selten in den Mund und verlaufen sich lieber in den Begriffen Frieden und Freiheit. Aber Frieden und Freiheit sind ohne Gerechtigkeit nicht denkbar, und es ist der Islam, der heute als einzige verbliebene Ideologie stark genug ist, dem ungerechten Weltsystem ideologisch die Stirn zu bieten.
Das genau wissen die Strategen des Weltimperialismus seit mindestens dreißig Jahren. Da sämtliche Versuche, den Islam von “außen“ anzugreifen hilflos waren und sind, hat man sich schon sehr früh einer neuen Strategie bedient. Eines ihrer stärksten Waffen und Maßnahmen gegen den Islam sollte der Islam selbst sein. Dazu hat man z.B. die “Taliban“ erfunden, um ein grausames Bild des Islam zu “schaffen“. Der Versuch ist aber kläglich gescheitert und der digitale Grufti-USAma kann zwar noch kleine Kinder in der westlichen Welt erschrecken, aber in der muslimischen Welt hat jenes Monster Frankensteins keinerlei Wirkung mehr. Mittels Saddam hat man versucht eine art stalinistischen Islam zu stützten und hat ihn so lange mit Waffen versorgt, wie Hoffnung auf jenes schlechte Vorbild bestand. Als man erkannt hat, dass man damit nicht einmal mehr die Iraker unter Kotrolle halten konnte, wurde er “abgeschafft“. Jetzt versucht man mit der Spaltung von “Sunniten“ und “Schiiten“ sowie einer Unterstützung des kurdischen Nationalismus den Islam zu “kontrollieren“, aber es funktioniert von Tag zu Tag weniger. Es gibt kaum eine Region der Welt, in der die USA so verhasst sind, wie im Nahen und Mittleren Osten und damit auch alle Länder, die den USA als Lackaien dienen. Die westliche Stützung z.B. der türkischen Militärs ist letztendlich genau so gescheitert, wie in Pakistan. Und sämtliche westgestützten Könige und Prinzen der Region sitzen auf wackeligen Stühlen, je mehr sie sich an den Westen binden. Kein einziger Versuch der “Islamisierung“, um den Islam zu bekämpfen, hat der westlichen Welt genützt, weder die Etablierung eines Hass-Islam der Taliban, noch der Versuch eines Islammusterstaates westlicher Gnaden, der attraktiver für Muslime sein sollte, als der Iran. Sämtliche bevölkerungsreiche Länder der Muslime in Asien stehen heute dem Iran näher als den USA und der westlichen Welt.
Ein besonders grausamer Versuch zur Gründung eines muslimischen Musterstaates unter westlicher Kontrolle war Bosnien. Welche Grausamkeiten musste das Volk, das gar nicht mehr so richtig wusste, dass es “muslimisch“ ist, über sich ergehen lassen, um dann als “Muslime“ von der westlichen Welt “befreit“ zu werden. Die Bosnier haben tatsächlich teilweise zum Islam zurückgefunden, aber das ging einher mit einer Abneigung gegen die westliche Welt. Jetzt wird daher wieder “westliche Freiheit“ verbreitet.
Der neuste Versuch der USA, einen westlichen Muslim-Staat aufzubauen wird im Kosovo gestartet. Dabei wird überhaupt keine Rücksicht darauf genommen, welche Konsequenzen jene einseitige Unabhängigkeitserklärung mit sich bringt. Was ist, wenn Palästina morgen seine Unabhängigkeit erklärt? Jene, die heute an vorderster Front für den Kosovo die Unabhängigkeit unterstützen, allen voran die USA und seine europäischen Lackeyen Frankreich und Deutschland, wären die ersten, die eine palästinensische Unabhängigkeit ablehnen würden. Das führt auch zu der absurden Situation, dass Israel in diesem Fall die USA gar nicht so richtig unterstützen mag. Weitere Beispiel jenes Unabhängigkeitswiderspruches sind von den Hofberichterstattern genannt worden: Zypern, Baskenland, Korsika. Abchasien ist gerade dabei, sich von Georgien abzuspalten.
Im Kosovo wird eine Mischung an nationalen und muslimischen Elementen zu einem neuen Gebräu zusammen gemischt, um hier einen muslimischen Musterstaat westlicher Gnaden zu etablieren, nachdem alle andern Versuche kläglich gescheitert sind. Nur werden die Muslime zu dem Fall gar nicht befragt! Wer hat schon von den vielen besonnenen muslimischen Stimmen im Kosovo gehört, die eine Abspaltung unter US-Regie kategorisch ablehnen? Wer kennt die Gefängnisinsassen im Kosovo, die zwar aufgrund ihres Einsatzes für mehr Unabhängigkeit der Muslime im Gefängnis sitzen aber sich heute dennoch, auch aus dem Gefängnis heraus, gegen die US-Spaltung wenden?! Hier leistet die Hofberichterstattung ganze Arbeit: Keine einzige muslimische Stimme aus dem Kosovo, die der US-Spaltungstendenz widerspricht, wird vorgestellt! Stattdessen wird jede einzelne US-Flagge, die möglicherweise FOX-Reporter irgendwelchen Demonstranten in die Hand gedrückt haben, in Großaufnahme gezeigt. Wo gibt es das schon noch in dieser Welt, dass irgendein Muslim auf der Straße die US-Flagge nicht als Symbol der größten Unterdrückung unserer Zeit betrachtet?
Neben dem Versuch der Etablierung einer muslimischen Enklave unter totaler westlicher Kontrolle, spielt aber auch ein weiteres wichtiges Element westlicher Hegemonialbestrebungen eine wesentliche Rolle. Sie ist einfach, effektiv und lange bekannt: “teile und herrsche“. Je kleiner die Staaten sind, je weniger sie selbst lebensfähig sind, desto besser kann man sie beherrschen und unterdrücken, desto besser eignen sie sich als Absatzmärkte für Waren des Materialismus und desto weniger können sie sich selbst wehren gegen Ungerechtigkeit. Und diese Art der Doppelzüngigkeit, der puren Heuchelei ist bedauerlicherweise zu einem der schlimmsten Elemente westlicher Hegemonialpolitik geworden.
Wenn also Deutschland für die Selbstbestimmungsrecht der Völker ist, dann sollten sie zunächst einmal für das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes sein und nicht jeden Machtanspruch der USA über die Welt mittragen! Nebenbei sei erwähnt, dass nächste Woche in Deutschland einmal mehr Wahlen sind, in denen das Volk den Machthabern signalisieren kann, welche Politik sie mittragen.
Um ein Missverständnis zu vermeiden: Hier soll nicht die Position vertreten werden, dass die Kosovaren unter serbischer Herrschaft leben sollen! Aber jegliche “Befreiung“ durch die USA kann nur zum Schaden des “befreiten“ Volkes führen, wie es hinreichend Beispiel der Vergangenheit zeigen! Die Stärke des Islam besteht auch darin, dass Muslime sich ggf. für eine Politik der Einheit und des Zusammenschlusses einsetzen, selbst wenn es kurzfristig zum eigenen Nachteil ist (siehe z.B. Libanon). Denn es geht nicht um Muslime sondern um alle Menschen, die derzeit gemeinsam und in der Aufhetzung gegeneinander unterjocht werden!
Für deutsche Staatsbürger ist es eine sehr tragische Entwicklung, dass sich die heutigen Vertreter Bundesrepublik zunehmend zu der kriegerischen Konfliktförderungspolitik der USA bekennen und 60 Jahre nach dem letzten Weltkrieg alle Bestrebungen der USA mittragen, welche die Welt in ein Chaos stürzen. Und dabei werden sogar eigene Interessen völlig missachten: Denn ein Europa, in dem einige Staaten einen neuen Staat anerkennen und Andere nicht, ist nur ein EURO-Club, der politisch unter dem Machtanspruch der USA verkommt. Möglicherweise sollen die fünfzackigen Sterne in der EU-Flagge genau das symbolisieren, denn die USA hat mehr davon.
Der Kosovo wird durch die aktuelle Entwicklung nicht befreit, sondern noch mehr versklavt als ohnehin schon erfolgt. Und Deutschlands Vertreter unterstützen in diesem Weltmonopoly zunehmend die Sklavenhalter. Aber schon in wenigen Tagen kann zumindest die Bevölkerung in Hamburg den Machthabern signalisieren, was sie davon halten. Und dann darf niemand sagen, er hätte keine Wahl, denn es gibt sie; auch gegen eine unglaubliche Pressekampagne der letzten Wochen diesbezüglich, die neben dem “Islamismus“ im Bedarfsfall auch den Kommunismus aus der Feindbildschublade hervorzaubern kann.
Friedliebende Menschen setzen sich für eine Politik ein, in der Kriege geächtet und Besatzer bestraft werden, sei es im Irak, in Afghanistan, in Palästina oder im Kosovo. Und kein Besatzer der Welt hat das Recht, Richter über andere Besatzer zu spielen, und auch nicht deren Helfershelfer.