Muslim-Markt, 18.7.2008 – Dieser Tage wird weltweit von so vielen Muslimen der Ereignisse in Kerbela am Tage von Aschura gedacht. Ein kleiner Blick durch das Schlüsselloch genügt bereits, um von dem Licht hinter der jederzeit leicht zu öffnenden Tür zu erhaschen. Und jeder kann diese Tür offnen, auch Nichtmuslime!
Es gibt für alle Muslime keinen Zweifel daran, dass alle Dankbarkeit dem Schöpfer allen Seins gebührt, dem Barmherzigen und Erhabenen, dem Größten und Allmächtigen, dem Ewigen und Wahren. Er ist es, Der uns in Seiner Liebe erschaffen hat, um uns Seine Liebe zu gewähren. Doch keine noch so große Tat der Menschen kann Gott etwas geben, und keine noch so scheußliche Tat der Menschen kann Gott etwas wegnehmen. Er ist der Schöpfer der Zeit, der uns im Diesseits eine begrenzte Zeit zugeteilt hat, um darauf aufbauen uns für ein endloses Leben vorzubereiten und es dann genießen zu können. Er ist es, der uns die Ehre gewährt hat, Sein Diener sein zu dürfen!
Und es gibt für Muslime keinen Zweifel daran, dass Prophet Muhammad die Krönung der Schöpfung ist, in dessen Herz der Schöpfer allen Seins Seinen Thron errichtet hat. Prophet Muhammad ist der beste aller Menschen und die gelebte Rechtleitung. Er ist die lebendige Offenbarung, verbunden mit der verbalen Offenbarung, dem Heiligen Qur´an, dem Buch Gottes. Beide sind nicht voneinander trennbar bis zum jüngsten Tag. Und wenn wir versuchen als Diener Gottes den gesegneten Namen des Propheten Muhammad mit einem Friedens- und Segensgruß zu belegen, dann nicht, weil dieser große Prophet dadurch erhöht werden konnte, sondern damit wir uns mit dieser Krönung der Schöpfung verbinden und seine Fürsprache anstreben. Keine noch so große Liebe von uns, könnte seinen Lohn bei Allah erhöhen, und kein noch so abartige Schmähung der Wahrheitshasser könnt seine Stellung bei Allah erniedrigen. Der Friede Gottes sei mit ihm und seiner reinen Familie. Er hat die Städte Mekka und Medina zum Licht für die Menschheit gemacht.
Jedoch handelt die so entscheidende Geschichte des Islam nicht in Mekka oder Medina, den Lebensorten des größten Propheten und größten Imams zugleich, den beiden Heimatorten des Propheten Muhammad. Die so bedeutsame Geschichte dieser Tage ereignete sich fernab von Mekka und Medina an einem Ort, der damals eine Wüste und kaum bewohnt war. Der Ort heißt Kerbela.
Keine 50 Jahre nach dem Propheten war es die Zeit der Regentschaft eines Kalifen namens Yazid, der im missbrauchten Namen des Islam die Herrschaft teuflischer Gelüste zelebrierte. Er war ein Trunkenbold, trieb öffentlich Inzest, hielt Trauerveranstaltungen für seinen verstorbenen Affen und vieles andere mehr. Es war die Zeit, in der Muslime in der gesamten muslimischen Welt dazu verdammt wurden, in den Freitagsansprachen die Familie des Propheten zu schmähen. In jener Zeit haben so viele Verwirrungen innerhalb des Islam ihren Ursprung, die teilweise bis heute anhalten:
Wie Einzig ist Gott? Gibt es “neben“ Gott einen Qur´an, der genau so ewig ist, wie Gott? Und wird man Ihn eines Tages tatsächlich meine eigenen Augen sehen? Und wie sind Seine Engel? Prügeln dies sich manchmal mit Propheten? Und wie sind Seine Propheten? Machen sie öffentliche Fehler? Begatten sie in einer Nacht 100 Frauen? Laufen sie nackt hinter Steinen her, die ihre Kleider stehlen? Und wie war Prophet Muhammad? Hat er wirklich die Frau seines Ziehsohnes begehrt? Und hat er einst Dattelfarmern einen falschen Ratschlag gegeben, so dass sie einen großen Verlust bei der Ernte erlitten haben? Hatte er eine “Lieblingsfrau“, als er mit mehreren gleichzeitig verheiratet war? Hat er sich von einem Blinden abgewandt? War er unsicher bei der ersten Offenbarung, so dass ein Christ ihn überzeugen musste? Hat er auch einmal ein Morgengebet verschlafen? Hat er wirklich ein kleines Kind geheiratet?
Dieser Art und noch viel schlimmer waren die Fragen an die wahre Religion des Islam, an die reinste aller Lehren und an die klare Botschaft. So unklar war sie geworden. Im missbrauchten Namen wurde die Heiligste Frau der Menschheit, die Fürstin der Frauen aller Welten, Fatima die Erleuchtete, während ihrer Schwangerschaft schwer verletzt und starb an den Folgen. Im missbrauchten Namen des Islam wurde der von Prophet Muhammad als sein Testamentsvollstrecker und Nachfolger öffentlich ernannte erste Imam, Imam Ali, ermordet. War er nicht auch für diejenigen, die Imam Alis Imamat nicht anerkannten, also von allen Muslimen zumindest als vierter “rechtgeleiteter“ Kalif anerkannt?
Der Machthungrige Muawiya, der Vater von Yazid, hatte Imam Ali bekämpft und dabei die so viele gesegnete Prophetengefährten ermordet, darunter Ammar ibn Yasir, den Sohn der ersten Märtyrer des Islam. Und die Gemeinschaft der Gläubigen war derart verwirrt durch die Propaganda jener Umayyaden-Familie, dass sie sogar jenem Muawiya eine gewisse Rechtfertigung zusprach; und das obwohl Muawiya den Prophetenenkel Imam Hasan ermorden ließ und dann seinen missratenen Sohn Yazid auf den Thorn setzte! Um das Ansehen der Heiligen Prophetenfamilie zu schmähen und auch jenen Mord an Imam Hasan zu rechtfertigen wurden lauter Scheidungsmärchen über Imam Hasan verbreitet.
Ja, in solch einer Lage war die islamische Welt, angeführt von einem Verbrecher, dem Sohn eines Verbrechers und Enkel derjenigen, die in Uhud dem gesegneten Prophetenonkel Hamza nach seinem Martyrium das Herz aus dem Leib gerissen und verspeist hatte. Nichts war geblieben vom Islam. Weder hatte die Vorstellung von Gott etwas mit Allah zu tun, noch die Erinnerung an den Propheten mit der Krönung der Schöpfung. Der Heilige Qur´an war entfremdet von der Familie des Propheten und der Sinn kaum mehr ersichtlich.
In solch einer Situation stand Imam Husain, der Sohn Imam Alis und Fatimas, der Enkel des Propheten mit seiner kleinen Schar an Getreuen, darunter die heiligsten verbliebenen Personen der Prophetenfamilie auf. Jeder ihrer Namen lässt ein Erdbeben in den Herzen der Aufrichtigen erzittern, ein Erdbeben, das die Läuterung beschleunigt und den Dreck der Selbstsucht vertilgt. Da standen sie nun, keine 100 Personen; darunter Frauen, Kinder, Greise, Kranke! Und ihnen gegenüber stand eine Armee von mehreren Tausend bestausgerüsteten Kämpfern des Kalifen Yazid. Die kleine Gruppe der Wahrheit war vom Wasser abgeschnitten und doch war ihr Durst nach Wahrheit größer als der Durst nach Wasser für ihre vertrockneten Leiber. Die Armeen der Falschheit hatten genügend Wasser vom Euphrat, aber er diente nur dazu, ihr Feuer der Hölle anzufachen. Ein Wasser, das normalerweise das Feuer löschen würde, wirkte in jenen verdunkelten Herzen wie Öl aufs Feuer.
Einige auf Seiten der Falschheit ertrugen die Szenerie nicht mehr und wechselten noch rechtzeitig auf die Seite der Wahrheit, obwohl sie genau wussten, was es für ihr diesseitiges Leben bedeutete. Auch ein Christ schloss sich Imam Hussain an, während viele Muslime auf der Seite der Trägheit, der ewigen Niederlage verweilten.
Der Ausgang der irdischen Schlacht stand von vornherein fest. Die Heilige Familie wurde massakriert und der Sand von Kerbela wurde mit dem Blut der Familie des Propheten getränkt! Aber dieses Ereignis läutete letztendlich das Ende der Umayyaden-Dynastie ein. Was aber noch viel wichtiger war: Dieses Opfer Imam Husains bewahrte die reine Lehre des Islam. Es bewahre die reine Lehre des Heiligen Qur´an und das unbefleckte Ansehen des größten und letzten Propheten.
Durch Imam Husains Einsatz auf dem Weg der Wahrheit ist es heute möglich, die Wahrheit von der Falschheit zu trennen. Imam Husain ist das Symbol dafür, dass die Opferbereitschaft des eigenen “Ich“ stärker ist, als die Drohungen von Unterdrückern. Mit seiner Aussage “Hayhaat mina zhilla“ (Niemals Unterdrückung) hat er Generationen von Muslimen bis heute geprägt. Und seine überlebende Schwester und Zeugin des Massakers, die Zier ihres Vaters, Zainab hat die Botschaft von Aschura weiter getragen bis in alle Ewigkeit.
Jeder Tag ist Aschura und jeder Ort ist Kerbela.
Aschura ist der 10. Tag des islamischen Mondmonats Muharram und der Abend davor, am neunten Tag, heißt Tasua (Die Begriffe Aschura und Tasua sind abgeleitet vom arabischen zehn und neun). Überall in der Welt werden heute und morgen in Hunderttausenden von Sälen und in Straßenprozession dieser Ereignisse gedacht. Die Übertreibungen der letzten Jahre während mancher Veranstaltung sind dank der Lehren aufrichtiger “Husainis“ unserer Zeit mehr und mehr der Liebe zur Wahrheit gewichen. Und immer mehr Muslime schließen sich dieser Erinnerung und Liebe an.
Das Leben Imam Husains ist zum Vorbild für eine Zeit geworden, in der im missbrauchten Namen Gottes die gesamte Menschheit unterdrückt wird. Und es ist kein Zufall, dass es ein Christ war, der einen wichtigen Beitrag im Nachklang der Ereignisse leistete. Als der Kopf Imam Husains zum scheinbaren Triumph der Umayyaden in Yazids Palast gebracht wurde, ließ dieser alle Würdenträger versammeln, um seinen scheinbaren Sieg zu zelebrieren. Yazid beschimpfe den Kopf und beleidigte die anwesende Zainab. Gemäß einer Überlieferung fragte ein anwesender christlicher Würdenträger nach, ob es sich nicht um den Kopf des Enkel des Propheten des Islam handeln würde. Als ihm diese Frage bejaht wurde, drückte er seine Verwunderung aus und verwies darauf, dass Christen selbst die Stelle des Fußabdruckes des Esels Jesus' ehren würden.
Yazids Name ist heute in der gesamte muslimischen Welt ein Schimpfwort, wohingegen es Millionen von muslimischen Eltern gibt, die ihrem Kind voller Liebe den Namen Husain oder Zainab geben. Zainab war es, die obwohl in Ketten vorgeführt eine herzergreifende Rede vor den Menschen hielt, um die Botschaft des Islam, die Botschaft des Propheten und die Erinnerung an Kerbela und Aschura zu bewahren. Ihre Rede wird heute noch gehalten und weiter geführt:
Leben wie Zainab und Sterben wie Imam Husain.
Wir wünschen allen Geschwistern im Islam und allen aufrichtigen Menschen, die aus Liebe zur Wahrheit sich dieser Tage Imam Husain anschließen (wie u.a. viele Christen im Iran), eine gesegnete Trauer und Tränen der Läuterung, die unsere Herzen vereinen.
Und alle Dankbarkeit gebührt dem Herrn der Welt und der Friede sei mit denen, die nach wahrer Liebe dürsten.