In den Jahren, bevor der Prophet des Islam erweckt wurde, lebten die meisten Menschen in Arabien in sehr großer Unwissenheit. Die korrupten, reichen und mächtigen Familien haben dem Götzendienst gefrönt und das Heidentum immer weiter verbreitet. Zu jener Zeit war es üblich, dass die Familien einen eigenen Götzen hatten. Der Götze war zugleich das Symbol für den Besitz und die gesellschaftliche Stellung der Familie.
Wenn der Götze aus einem einfachen und billigen Material wie z.B. Holz oder Stein hergestellt war, deutete diese Tatsache daraufhin, dass diese Familie arm und ihre Mitglieder nur zum Dienen geeignet waren. Deshalb sollten sie ohne wenn und aber immer Diener bleiben. War im Gegensatz dazu ein Götze jedoch aus einem wertvollen Material wie Gold oder Silber, dann war diese Familie auch sehr einflussreich und in der Gesellschaft angesehen. Ihre Mitglieder waren dazu bestimmt, Herren zu sein und deshalb sollten sie auch immer Herren bleiben.
Der Götzendienst war also für die reichen Familien ein Mittel, mit dem sie ihre Herrschaft aufrechterhalten konnten. Sie machten sich die Ärmeren untertan und beuteten sie aus.
In eine solche reiche und einflussreiche Familie wurde ein Junge namens Maz'ab geboren. Maz'abs Mutter war eine sehr wohlhabende Frau, die für ihre Kinder nur die besten und teuersten Kleider auswählte. Dadurch fielen sie in der Gesellschaft immer auf. Maz'ab wuchs also mit allen Annehmlichkeiten und allem erdenklichen Luxus auf.
In dieser Zeit wurde Prophet Muhammad von Gott beauftragt, die Menschen vom Götzendienst, von ihrem Unglauben und Aberglauben und ihren unsinnigen Ängsten zu befreien.
Er sollte die Menschen den Glauben an den einzigen Gott lehren.
Zu jener Zeit war Maz'ab ein junger Mann, der vor allem auch wegen seiner Zugehörigkeit zu der reichen und angesehenen Familie sehr beliebt war. Alle jungen Männer wollten deshalb mit ihm befreundet sein und ihre Freizeit mit ihm verbringen.
Maz'ab war ein kluger und nachdenklicher Mensch, der viel über die Geschichte und das Schicksal der früheren Völker nachdachte. Doch wohin er auch ging: überall war die Rede von dem neuen Propheten. Und alle sprachen nur Schlechtes über Prophet Muhammad Manche glaubten, er sei ein Zauberer, andere nannten ihn einen Dichter, und keiner wusste etwas Gutes über ihn zu berichten. Deshalb wurde Maz'ab neugierig, wer dieser Mensch sei. Was sagte der Prophet, dass die Reichen so zornig und ungehalten wurden? Warum drohten sie denjenigen, die mit dem Prophet gesprochen hatten? Maz'ab hatte viele Fragen, die ihn von Tag zu Tag mehr beschäftigten, und er wurde immer nachdenklicher.
Eines Tages saß er im Götzenhaus, wo unweit von ihm eine Gruppe von reichen und angesehenen Mekkanern heftig disputierte. Ihre Gesichter waren rot vor Zorn und sie redeten sieh immer mehr in Rage. Es ging um den Propheten. Diese Götzendiener wussten nicht, was sie den weisen Lehren des Propheten entgegnen sollten, und deshalb wurden sie von Tag zu Tag wütender und unruhiger.
In diesem Augenblick stand für Maz'ab fest: er musste endlich die Wahrheit erfahren. Er wollte wissen, was dieser Prophet sagte, dass die Menschen so zornig wurden?! Er beschloss, den Propheten aufzusuchen, um von ihm selbst zu hören, welche Botschaft er hat. Zu jener Zeit war dies ein gefährliches Unternehmen, denn die Götzendiener haben diejenigen, die den Propheten aufsuchten und ihm zuhörten oftmals gefangengenommen und auch gefoltert. Doch Maz'ab war auf der Suche nach der Wahrheit...
Heimlich schlich er sich in das Haus, in dem der Prophet wohnte. Der Prophet saß inmitten seiner Zuhörer und erzählte ihnen vom Glauben an den Einen Gott und dem Weg zur Glückseligkeit.
Maz'ab sah sieh um: die Anwesenden waren einfach gekleidet, doch ihre Gesichter strahlten eine eigenartige Ruhe und Freude aus. Dann fiel sein Blick auf den Propheten und augenblicklich ahnte er, dass die Wahrheit bei diesen Menschen zu finden war und nicht bei den reichen und korrupten Götzendienern.
Nachdem er eine Weile zugehört hatte, erkannte er, dass der Prophet nicht nach Herrschaft oder Macht strebte, sondern die Menschen - gleich ob arm oder reich, schwach oder mächtig, usw. - auf den Weg Gottes führen wollte. Er beanspruchte gar nichts für sich selbst. Der Prophet und seine Anhänger wollten Freiheit und Gerechtigkeit für die Menschen. Es waren gläubige Menschen voller Aufrichtigkeit, die alles Schlechte aus dem Leben der Menschen beseitigen wollten.
Maz'ab war tief beeindruckt und erkannte die Ideen und Lehren des Propheten schon nach dieser kurzen Zeit als richtig und erstrebenswert an. Damit war er eine der seltenen Ausnahmen in jener Zeit: als Sohn einer reichen und mächtigen Familie lehnte er diesen Reichtum und die Macht ab, weil sie nur durch Ungerechtigkeiten und Ausbeutung bestehen konnte.
Immer wieder suchte Maz'ab den Propheten auf, um seine Erkenntnis und sein Bewusstsein zu erweitern. Dabei musste er vorsichtig sein, nicht um seiner selbst willen, sondern vor allem seine muslimischen Brüder wollte er nicht gefährden. Doch einmal war auch ein Spion der Götzendiener anwesend, der sofort die Nachricht verbreitete, dass nun auch Maz'ab dem Glauben des neuen Propheten folge.
Als Maz'ab an diesem Tag nach Hause kam, erwartete ihn seine Mutter bereits. Sie forderte ihn sogleich auf, sich von dem Propheten und seinen Anhängern zu trennen und weiter dem Glauben seines Vaters und seiner Vorväter zu folgen. Doch Maz'ab hatte erkannt, dass nur der Islam in der Lage sein würde, die Menschen zu jeder Zeit und an jedem Ort von den Fesseln der Unwissenheit und Unwahrheit zu befreien. Deshalb sagte er zu seiner Mutter: "Das ist unmöglich. Ich kann mich nicht mehr von der Wahrheit trennen."
Seine Mutter hatte nicht mit einer solchen Antwort gerechnet und drohte: "Wenn du dich nicht vom Islam lossagst, gehörst du nicht mehr zu unserer Familie und unserem Stamm. Wir können diese Schande nicht ertragen, dass ein Mitglied unserer Familie Muslim ist, dass ein Mitglied unserer Familie sieh zu den Dienern und Sklaven gesellt und diese als seinesgleichen und als seine Brüder anerkennt. Niemals!"
Sie weinte, und dieser Augenblick war für Maz'ab eine sehr schwere Prüfung. Auf der einen Seite liebte er seine Mutter, die ihn immer bestens versorgt hatte und stets um sein Wohlergehen besorgt war, auf der anderen Seite hatte er den wahren Glauben gefunden. Er musste eine Wahl treffen: entweder seine Familie und ihren Reichtum und ihre Macht oder seine Freiheit und seinen Glauben, entweder Bequemlichkeit und Wohlstand oder Schwierigkeiten und Verfolgung, entweder die machtlosen Götzen aus Stein und Gold oder Allah, den Allmächtigen; entweder die Herrschaft der korrupten Unterdrücker oder die gerechte Herrschaft Allahs; entweder seine Mutter oder seinen Glauben...
Das war ein bitterer und schwerer Moment! Maz'ab dachte kurz nach und forderte dann seine Mutter auf, auch den Islam kennen zulernen und sich von seiner Wahrheit zu überzeugen.
"Das ist unmöglich, dass ich den Glauben meines Vaters und meiner Vorfahren verrate und aufgebe" entgegnete sie ihm.
Die Trennung war unvermeidlich. Maz'ab schloss sich nun ganz dem Propheten an. Zu jener Zeit schickte der Prophet eine Gruppe von Muslimen nach Abessinien. Sie sollten die Botschaft des Islam in jener Region verbreiten und gleichzeitig vor den Verfolgungen der heidnischen Mekkaner sicher sein. Maz'ab war unter ihnen, doch die Nachrichten, die aus Mekka zu ihm gelangten machten ihn traurig: er lebte ruhig und sicher in Abessinien, während seine Brüder in Mekka verfolgt und unterdrückt wurden. Deshalb kehrte er mit der Erlaubnis des Propheten nach Mekka zurück.
Die Situation dort wurde für die Muslime immer unerträglicher. Weil sich immer mehr Menschen zum Islam bekannten, verstärkten die Herrscher Ihren Druck. Eines Tages beschlossen sie, die Muslime zu isolieren und zu boykottieren.
Prophet Muhammad siedelte deshalb mit seinen Anhängern in einem Tal außerhalb Mekkas, das seinem Onkel Abu Talib gehörte. Der Boykott dauerte drei Jahre, in denen die Muslime Hunger und viel Leid erdulden mussten.
Maz'ab hatte gelernt, dass Geduld, Standhaftigkeit und ein starker Wille wichtige Eigenschaften eines Muslims sind. Wie die anderen Muslime zweifelte er auch in dieser schwierigen Zeit niemals an dem Propheten und seiner göttlichen Offenbarung.
Im elften Jahr nach der Berufung des Propheten kamen zur Zeit der Pilgerfahrt eine Gruppe von Leuten aus der Stadt Medina. Der Prophet des Islam nutzte diese Gelegenheit und erklärte ihnen die Botschaft Allahs und die Gesetze des Islam. Sie sollten die Lehre des Islam In ihrer Heimatstadt bekanntmachen und verbreiten.
Im darauffolgenden Jahr kamen sie wieder und baten den Propheten, jemanden mit Ihnen nach Medina zu schicken, der sie führen und ihnen die Botschaft des Islam besser erklären kann. Nach längerem Überlegen wurde Maz'ab vom Propheten für diese Aufgabe erwählt. Der Prophet wusste, dass Maz'ab, der sein bequemes Leben für den Islam geopfert hatte, seine ganze Kraft zum Wohle des Islam einsetzen würde.
Auch in Medina war der Götzenkult sehr verbreitet. Zudem trugen die Juden in der Stadt viel dazu bei, dass es zwischen den verschiedenen Stämmen und Familien immer wieder Streit und Konflikte gab.
Maz'ab stand vor seiner zweiten großen Prüfung: unermüdlich erklärte er den Menschen in Medina die Gesetze des Islam und rief sie zum Glauben an den Einen Gott auf. Wenn die Menschen ihn deshalb angreifen wollten, forderte er sie auf, ihn erst anzuhören. Sollte die Botschaft des Islam sie nicht überzeugen, würde er darauf verzichten, sie weiterhin zu verbreiten. Die Ungläubigen fanden diesen Vorschlag akzeptabel und erkannten in seinen Worten die Wahrheit.
So wuchs die Zahl der Muslime in Medina schnell an, und als Maz'ab nach einem Jahr mit einer großen Gruppe von Gläubigen zur Pilgerfahrt nach Mekka kam, wusste der Prophet, dass Medina eine sichere Stätte für die Muslime geworden war. Damit war die Voraussetzung für die Auswanderung des Propheten und seiner Anhänger von Mekka nach Medina geschaffen.
In Mekka wurde das Leben für die Muslime immer unerträglicher. Deshalb beschloss der Prophet, mit seinen Anhängern Mekka zu verlassen und nach Medina zu gehen. Nach und nach schickte er die Muslime nach Medina, bis auch er selbst ihnen folgte. Die Medinenser nahmen ihre Geschwister Im Glauben gerne auf, und sie waren natürlich auch erfreut, dass sie den Propheten des Islam (~,) nun bei sich hatten.
Im zweiten Jahr nach der Auswanderung beschlossen die ungläubigen Mekkaner, den Islam ein für allemal auszurotten. Sie stellten ein großes Heer auf, mit dem sie In Richtung Medina zogen, um die Muslime zu bekämpfen und zu vernichten. Als der Prophet von dem anmarschierenden Heer Nachricht bekam, entschied er, mit freiwilligen Kämpfern den Ungläubigen entgegenzuziehen. Bei Badr traf die kleine Gruppe der Muslime auf die in Ihrer Anzahl und Ausrüstung weit überlegenen Mekkaner.
Die Ungläubigen mussten bald feststellen, dass sie gegen die Muslime, die durch ihren Glauben an Allah viel Kraft gewannen, nichts aus richten konnten. Unverrichteter Dinge mussten sie flüchten und kehrten gedemütigt nach Mekka zurück.
Die Mekkaner, die gefangengenommen worden waren, wurden nach Medina gebracht. Der Prophet hatte die Muslime angewiesen, sie gut und menschlich zu behandeln, wie der Islam es vorschreibt. Die Gefangenen, die schreiben und lesen konnten, sollten zehn muslimischen Kindern ihr Wissen lehren. Danach sollten sie ihre Freiheit zurückbekommen.
Die Muslime gaben den Familien in :Mekka Nachricht von den Gefangenen und erlaubten ihnen, die Gefangenen freizukaufen. Auch ein Bruder von Maz'ab war unter den Gefangenen. Als er Maz'ab sah, freute er sich und dachte. er sei schon so gut wie frei. Doch er wusste nicht, dass Muslime die Gerechtigkeit und Wahrheit nicht für verwandtschaftliche Verbindungen, Geld oder Macht aufgeben. Um der Wahrheit willen hatte Maz'ab auf alles verzichtet. Sollte er nun ungerecht handeln, nur well er seinen Bruder vor sich hatte?
Als Maz'ab seinen Bruder sah, sagte er: "Du kommst gewiss aus einer sehr reichen Familie." Der Bruder war erstaunt, über die förmlichen Worte Maz'abs und sagte: "Aber erkennst Du mich denn nicht? Ich bin Dein Bruder. Abu Aziz! So wie Du verhält man sich doch nicht zu seinem eigenen Bruder! " Maz'ab deutete auf die anderen Muslime und sprach: "Das sind meine Brüder."
Auch im dritten Jahr nach der Auswanderung beschlossen die Ungläubigen, die Muslime an zugreifen. Dieser Kampf wurde als Schlacht von Uhud bekannt. Die Mekkaner hatten die tapfersten Kämpfer mit der besten militärische Ausrüstung gegen die Muslime in den Kampf geschickt.
Aber auch dieses Mal wurden sie zunächst von den Muslimen geschlagen. Doch einige Muslime, die der Prophet auf den Berggipfel geschickt hatte, um die Feinde des Islam zu überwachen, verließen Ihre Stellung, als die Ungläubigen vom Kampfplatz flohen. Sie wollten mit den anderen die Beute einsammeln und nach Medina zurückkehren. Deshalb bemerkten die Muslime nicht, dass die Feinde sich nach kurzer Zeit wieder sammelten, um erneut anzugreifen.
Die Ungläubigen wollten die Muslime weiter verunsichern und schrien deshalb immer: "Der Prophet ist tot, der Prophet ist tot." Doch die aufrichtigen Muslime wie Maz'ab und Alt Ibn Abu Taltb ließen sich davon nicht täuschen. Mit Entschlossenheit und Mut stellten sie sich dem Feind und ermutigten ihre Glaubensbrüder immer wieder, es ihnen gleichzutun.
Als ein Feind des Islam Maz'ab von hinten den Arm abschlug, nahm er sein Schwert In die linke Hand und kämpfte weiter, bis ihm auch diese abgeschlagen wurde und er auf dem Wege Gottes Märtyrer wurde.
Der Kampf war vorbei, und die Muslime mussten sieh um die Verletzten kümmern und ihre Märtyrer begraben. Der Anblick von Maz'ab, dessen Körper voller Wunden war, stimmte sie alle sehr traurig. Maz'ab hatte einst die schönsten Kleider getragen, und nun trug er das blutige und zerfetzte Gewand eines Märtyrers. Er hatte bis zum letzten Moment bewiesen, dass er ein Kämpfer auf dem Wege Gottes war, und er hat sieh für die Gerechtigkeit, seinen Glauben und ein menschliches Leben geopfert.