15. Hadhrat Abbas Alamdaar bin Ali ibne Abi Talib (as)
Hadhrat Ali heiratete Fatimah binti Huzaam ibne Khalid (sa) im Jahre 24 nach der Hijrah. Fatimah gebärte ihm am vierten Schabaan 26. Hijrah Hadhrat Abbas, 27. Hijrah Hadhrat Jafar und 29. Hijrah Uthmaan. Abdullah wurde in der 32. Hijrah geboren. Weil sie vier Söhne hatte wurde Fatimah als Ummul Baneen bekannt.
Ummul Baneen behandelte die Kinder von Sayyida Fatima (sa), der Tochter des Propheten (saws), ab dem ersten Tag mit sehr großem Respekt. Sie erzog ihre eigenen Kinder so, dass sie Imam Hassan, Imam Hussain, Sayyida Zaynab und Hadhrat Kulthoom nicht nur als ihre Geschwister, sondern viel mehr als ihre Herren und Herrinnen ansahen und zu ihnen aufblickten.
Imam Hussain (as) hing sehr an Hadhrat Abbas. Als Abbas geboren wurde, bat Imam Ali (as) Hussain, dem Kind das Azaan (den Gebetsruf) und die Iqamaah (Gebetsaufruf) ins Ohr zu flüstern. Als das Baby in den Armen von Imam Hussain lag, hob es seine Arme und lächelte ihn an. Die Tränen standen Imam Hussain in den Augen, weil er ahnte, dass das Baby ihm zu sagen versuchte: „Oh Maula (Herr), ich bin gekommen und werde mit Freuden meine Arme für dich und den Islam lassen.“.
Schon seit seiner Kindheit folgte Abbas Imam Hussain wie einen Schatten. Wenn Hadhrat Hussain durstig wirkte, brachte er ihm Wasser. War dem Imam warm, so sorgte Abbas für eine Abkühlung.
Im Jahre 34 Hijrah in der Schlacht von Siffin war Abbas (as) erst acht Jahre alt. Imam Hussain (as) kämpfte auf dem Schlachtfeld. Als Abbas einen feindlichen Angreifer bemerkte, der sich dem Imam von hinten näherte, stürzte er mit einem Schwert auf das Schlachtfeld und tötete den Angreifer und rief: „Wer wagt es meinen Maula zu attackieren, solang ich noch am Leben bin?“. Er kämpfte weiter und hielt die Stellung hinter Imam Hussain. Als Muawiyah (LA) ihn sah, fragte er wer dieser Junge sei. Als man ihm sagte, dass er Abbas ibne Ali sei, rief er aus: „Bei Gott! Niemand kann in diesem Alter so kämpfen, außer ein Sohn Alis!“.
Hadhrat Abbas wuchs zu einem hübschen, großen Mann heran. Er wurde als Qamar-e-Bani-Haschim bezeichnet, der Mond der Familie Haschims. Abbas war ein tapferer Krieger. Muawiyah wagte es nur wegen fünf Männern nicht, Medina anzugreifen, von denen gesagt wurde, dass diese eine ganze Armee alleine besiegen würden. Diese warem Muhammad Hanafia, ein Bruder Imam Hussains, Hadhrat Muslim bin Aqeel, Hadhrat Abdullah ibne Jafar, Hadhrat Abbas und Hadhrat Zainul Abedin, unser vierter Imam.
Als Imam Hussain im Monat Rajab der sechzigsten Hijrah entschied Medina zu verlassen ermutigte er Muhammad Hanafia und Abdullah ibne Jafar nicht ihn zu begleiten. Er wollte sichergehen, dass niemand zu diesem Zeitpunkt oder später sagen könne, dass der Imam nur beabsichtigte um das Kalifat zu kämpfen, da dies nicht zutraf.
Kurz bevor Imam Hussain (as) Medina verließ, rief Ummul Baneen (sa) ihre vier Söhne zu sich und sagte zu ihnen: „Meine Söhne, denkt immer daran, trotz meiner Liebe zu euch ist es Imam Hussain, der euer Herr ist. Wenn dem Imam oder seinen Schwestern und Kindern etwas zustößt, während ihr noch am Leben seid, werde ich euch dies niemals verzeihen.“, Hadhrat Abbas hatte Tränen in seinen Augen, als er seiner Mutter versprach, dass er und seine Brüder ihr Leben für Imam Hussain und dessen Familie geben würden.
Die Karawane erreichte Kerbala am zweiten Moharram. An diesem Tag erreichte sie die Nachricht von Hadhrat Muslims (as) Ermordung. Hadhrat Abbas und seine Brüder wurden wachsamer um den Imam und die anderen zu schützen.
Abbas war bei Imam Hussains Kindern, vor allem bei Hadhrat Sukaina (sa), sehr beliebt. Wenn die Kinder etwas haben wollten, riefen sie nur: „Ya Abbas“, oder „Ya Ammahu (oh Onkel)!“, und Abbas lief los. Aber ab dem siebten Moharram konnte Abbas ihren Rufen nach Wasser nicht nachkommen. Dann kam der Tag von Aschura. Nach dem Zuhr (Vormittags-) Gebet fielen die Gefährten Imam Hussains einer nach dem anderen auf dem Schlachtfeld. Am Ende blieben nur noch Imam Hussain, Ali Akbar und Abbas. Imam Zainul Abedin (as) lag krank in seinem Zelt.
Mehrmals fragte Abbas den Imam um Erlaubnis, auf dem Schlachtfeld kämpfen zu dürfen. Jedesmal antwortete der Imam: „Abbas, du bist der Hauptmann meiner Armee, du bist mein Alamdaar, mein Wappenträger.“. Abbas diskutierte nie mit dem Imam. Seine drei Brüder waren schon in der Schlacht nach dem Zuhr (Vormittags-) Gebet gefallen.
Imam Hussain konnte die Wut in Abbas’ Augen lesen, vor allem in dem Moment, als der Körper des jungen Qasim (as), der Blume Imam Hassans (as), von den feindlichen Pferden überritten und zertrampelt wurde. Der Imam wusste, dass es ein Massaker in den feindlichen Reihen geben würde, würde er Abbas die Erlaubnis zum Kampf erteilen. Das Ziel des Imams war kein Sieg auf dem Schlachtfeld, sondern den wahren Islam wieder aufleben zu lassen.
In diesem Augenblick kam Sukaina mit ihrem ausgetrockneten Wasserbeutel aus dem Zelt. Sie ging zu Abbas und sagte: „Al atasch, ya Ammahu, ich bin so durstig, Onkel.“. Abbas ging zu Imam Hussain und fragte ihn um Erlaubnis für Sukaina Wasser zu holen. Der Imam erlaubte es ihm. Abbas befestigte Hadhrat Sukainas Wasserbeutel an das Alam (Wappen), stieg auf sein Pferd und ritt zum Imam: „Ich komme dir Lebewohl zu sagen.“, der Imam erwiederte: „Steig ab, damit ich dich umarmen kann.“ Abbas stieg vom Pferd und umarmte ihn.
Als Abbas wieder aufsteigen wollte, sagte der Imam mit Tränen in den Augen: „Ich möchte dein Schwert als Andenken, Bruder.“, ohne zu zögern überreichte Abbas ihm sein Schwert. Nur mit einem Speer bewaffnet und in der anderen Hand das Alam - das Wappen des Hauses des Propheten (saws) – haltend ritt Abbas auf das Schlachtfeld.
Es waren 30.000 feindliche Soldaten auf dem Schlachtfeld, sie alle hatten von Abbas’ Tapferkeit gehört. Die angsterfüllten Schreie: „Abbas kommt! Abbas kommt!“ wurden laut und in den Reihen der Feinde brach eine Panik aus. Sie flüchteten so schnell sie konnten und riefen immer wieder das Abbas kommt. Nur einige kühne wagten es sich Abbas Alamdaar in den Weg zu stellen, doch sie wurden durch einen Speerhieb oder Fusstritt in den Boden gestampft.
Hadhrat Abbas erreichte den Fluss Euphrat und füllte den Wasserbeutel. Er war selber sehr durstig. Er nahm etwas Wasser in seine Handflächen, sah es an und warf es aber wieder fort. „Oh Wasser des Euphrat, meine Lippen können dich nur berühren, nachdem Sukaina ihren Durst gestillt hat!“, er befestigte den Wasserbeutel an das Alam.
Umar Sa’ad schrie in diesem Augenblick: „Lasst das Wasser nicht Hussains Lager erreichen! Sonst sind wir dem Untergang geweiht!“.
Ein Soldat kletterte auf einen Baum und als Abbas (as) unter ihm durchritt, ließ der Soldat sein Schwert auf Abbas rechte Schulter niederschmettern. Sein Arm, indem er den Speer gehalten hatte, wurde abgetrennt und fiel zu Boden. Im gleichen Augenblick griff ihn jemand von hinten an und traf seine linke Schulter. Der Arm mit dem Alam fiel ebenfalls zu Boden.
Hadhrat Abbas hielt den Wasserbeutel Sukainas mit den Zähnen. Sein einziges Ziel war, irgendwie das Wasser zu Hadhrat Sukaina zu bringen. Mit den Beinen kämpfend und das Pferd kontrollierend versuchte er so schnell wie möglich Imam Hussains (as) Lager zu erreichen.
Ein Pfeil wurde abgeschossen. Er flog quer über das Schlachtfeld und traf den Wasserbeutel. Das Wasser begann auszulaufen und wie Abbas’ letze Hoffnung im durstigen Wüstensand Kerbalas zu versickern. Abbas wollte nun nicht mehr so vor Sukaina treten und lenkte sein Pferd wieder zurück. Die Feinde umzingelten ihn. Abbas fiel vom Pferd. Während er fiel, rief er laut: „Mein letzter Gruß an dich, oh Maula!“. Imam Hussains (as) Kräfte schwanden, als er den Ruf seines geliebten Bruders hörte.
Als Hadhrat Abbas (as) losritt Wasser zu holen, standen Imam Hussain und Sukaina am Tor und sahen auf das Alam in Abbas’ Hand. Als Abbas den Fluss erreicht hatte und sich niederbeugte um den Beutel zu füllen, verschwand das Alam aus ihren Blickfeldern. Sukaina wurde ängstlich und sah zu ihrem Vater. „Sukaina, Abbas ist am Fluss!“, sagte dieser. „Al hamdulillah, Gott sei Dank,“, rief Sukaina lächelnd und rief die anderen Kinder um Abbas (as) zu begrüßen.
Als Abbas (as) beide Arme verlor fiel das Alam auf den Boden. Sukaina (sa) konnte es nicht länger mit ansehen. Sie sah zu Imam Hussain, doch der Imam sah weg. Sukaina zitterte vor Angst um ihren Onkel Abbas und hob ihre Arme gen Himmel zum Gebet: „Ya Allah, bitte lass nicht zu, dass sie meinen Onkel Abbas umbringen. Ich werde nie wieder nach Wasser fragen!“, dann rannte sie zu ihrer Mutter.
Imam Hussain (as) erreichte die Stelle, wo Abbas lag, es war eine tragische Szene. Abbas (as) lag auf dem Boden. Beide Arme fehlten, sie hatten ihren Tribut geleistet. Im rechten Auge steckte ein Pfeil, das linke war mit Blut verklebt. Als Abbas die Präsenz vom Imam spürte, sagte er: „Maula, wieso hast du dir die Mühe gemacht, hierher zu kommen? Bitte geh und siehe nach Sukaina.“, der Imam sagte; „Mein geliebter Bruder, dein ganzes Leben hast du mir und meiner Familie gedient, gibt es etwas, was ich für dich tun kann?“.
Abbas bat: „Aqaa (Herr), bitte säubere das Blut von meinem Auge, damit ich in dein geliebtes Gesicht blicken kann, bevor ich sterbe.“, der Imam säuberte ihm das Auge. Abbas sah den Imam an und sagte zu ihm flehend: „Maula, bitte trage meinen Körper nicht zum Lager, ich möchte nicht, dass Sukaina mich in diesem Zustand sieht.“. Imam Hussain (as) nahm Abbas in den Arm und küsste ihn auf die Stirn.
In diesem Augenblick tat Abbas (as) seinen letzen Atemzug. Imam Hussain (as) befestigte den Wasserbeutel an das Alam und ging zum Lager zurück. Er traf in Sayyida Zaynabs (sa) Zelt ein und konnte kein Wort hervorbringen. Er gab das Alam Zaynab (sa) und setzte sich auf den Boden. Die Geschwister weinten und trauerten um ihren geliebten und treuen Bruder Abbas Alamdaar (as).