Wer Saudi-Arabien verstehen will, muss sich näher mit der Herrscher-Familie dieses Land befassen. Anfang des 20. Jahrhunderts nahm Abd al-Asis Ibn Saud die Rückeroberung der Wüste in Angriff, um das Königreich der Saud wieder auferstehen zu lassen. Er erkannte, dass er nur mit Unterstützung der religiösen Oberhäupter würde existieren können. So besiegte er die radikale wahhabitische Bruderschaft der Ikhwan und schloss einen Pakt mit den Ulemas, den islamischen Gelehrten - ein Sieg und ein Kompromiss, der die Geschichte des Landes bis heute prägt. Noch heute werden die Ulemas vor jeder wichtigen Entscheidung konsultiert, und die radikalen Ikhwan machen immer dann von sich reden, wenn sich die Situation im Königreich zuspitzt. Und auch die Bewegung, aus der Osama bin Laden hervorgegangen ist orientiert, sich direkt an den Lehren dieser wahhabitischen Bruderschaft. Daneben sind die Beziehungen des Königreichs zu den Vereinigten Staaten von entscheidender Bedeutung. Diese lassen sich vereinfacht zu der Gleichung "Erdöl gegen Schutz" zusammenfassen. Unter diesem Leitmotiv gelang es den vier größten US-amerikanischen Erdölkonzernen schon in den 30er Jahren im Königreich Fuß zu fassen. Die Dokumentation enthält unveröffentlichte Zeitzeugenberichte beispielsweise von saudi-arabischen Prinzen; aber auch Henry Kissinger, James Schlesinger und verschiedene Konzern-Manager werden befragt. Bisher Verschwiegenes kommt ans Licht - etwa, wie Amerikaner und Saudis 1973 das von Saudi-Arabien selbst verhängte Erdölembargo umgingen, um den Nachschub für die US-Soldaten in Vietnam zu sichern. Bisher unveröffentlichte Archivbilder machen den Film von Jihan El Tahri zu einem außergewöhnlichen Dokument, das interessante Einblicke in die Weltgeschichte der letzten 50 Jahre gibt. Anschaulich wird, wie die Herrscherfamilie des Hauses Al-Saud seit einem Jahrhundert in einer ständigen Gratwanderung versucht, Islam und modernes Leben, ultrareligiöse und amerikanische Partner in Einklang zu bringen. Themenabend: Saudi-Arabien, Königreich in der Krise.